Für 13,5 Millionen Versicherte

Start frei für die E-Akte und App "Vivy"

Schluss mit Mehrfachuntersuchungen und verpassten Impfungen und Vorsorge-Terminen: Die Online-Plattform "Vivy" soll Transparenz für Patienten und Ärzte herstellen. Jetzt ist der Startschuss für das Projekt gefallen. Rund 13,5 Millionen Versicherte können den neuen Dienst nutzen.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
E-Akte mit eingebauten Impf-Infos: Auch an Termine kann die App Vivy erinnern.

E-Akte mit eingebauten Impf-Infos: Auch an Termine kann die App Vivy erinnern.

© [M] Smarthone: Denys Prykhodov / Stock.Adobe.com | Screenshot:Vivy

BERLIN. Mehr als zwei Drittel der Deutschen (69 Prozent) wissen nicht, wann ihr nächster Impftermin ist. 43 Prozent kennen die für sie empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen nicht.

Jeder Vierte hat bereits Mehrfachuntersuchungen erlebt, weil Behandlungsergebnisse aus anderen Praxen und Kliniken nicht vorlagen. Aus demselben Grund wurde ein Fünftel der Deutschen sogar mehrfach geröntgt.

Das sind Ergebnisse einer Forsa-Umfrage unter 1009 Deutschen über 18, die von der DAK-Gesundheit in Auftrag gegeben worden ist.

Die DAK ist auch Teil einer Gruppe von Krankenkassen und PKV-Anbietern, die gemeinsam mit dem IT-Dienstleister Bitmarck und dem Start-up Vivy, das im vergangenen Jahr die Ausschreibung gewonnen hatte, die elektronische Gesundheitsakte "Vivy" entwickelt haben.

Die Zahlen, so heißt es in einer Mitteilung, zeigten, wie sehr ein einfacher und schneller Zugang zu persönlichen Gesundheitsdaten fehlt, wie er über die als App verfügbare Gesundheitsakte "Vivy" hergestellt wird.

Ab sofort stellen 14 gesetzliche und zwei private Krankenversicherungen als erste in Deutschland ihren Versicherten die TÜV-geprüfte App kostenfrei zur Verfügung.

Diese Kassen und PKV-Anbieter sind dabei

Krankenkassen: DAK-Gesundheit, IKK classic, pronova BKK, IKK Südwest, mhplus Betriebskrankenkasse, IKK Nord, BKK Gildemeister Seidensticker, Heimat Krankenkasse, BKK Stadt Augsburg, BKK Melitta Plus, Bertelsmann BKK, BKK Diakonie, BKK Dürkopp Adler, BKK HMR.

PKV-Anbieter: Allianz, Barmenia, (Gothaer ab Februar 2019).

Damit könnten rund 13,5 Millionen Versicherte ihre persönlichen Gesundheitsdaten in der App verwalten. In die App integriert werden auch Erinnerungsfunktionen an anstehende Impfungen sein.

Die beteiligten Krankenversicherungen informieren jetzt ihre Kunden, dass die App für sie zur Verfügung steht.

Nach der Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK will mehr als ein Drittel der Deutschen (38 Prozent) eine E-Akte in Form einer App auf dem Smartphone auf jeden Fall nutzen, ein weiteres Drittel (36 Prozent) könne sich das vorstellen.

Ärzte können Daten einsehen

Die Gesundheitsplattform vernetzt die Versicherten auch in Richtung Ärzte. Patienten und Leistungserbringer könnten bei Bedarf Daten miteinander teilen.

Ab Ende 2018 werde Vivy die Schnittstelle KV-Connect Mobile für den verschlüsselten Datenaustausch mit Ärzten in Praxen, Krankenhäusern und Laboren nutzen.

Ebenfalls ab Anfang 2019 werde der zweitgrößte deutsche Praxissoftware-Anbieter medatixx eine Schnittstelle zu Vivy in seine Software für Ärzte integriert haben.

22.300 Praxen könnten dann zukünftig direkt aus ihrer Software heraus Gesundheitsdaten verschlüsselt an ihre Patienten mit Vivy-Akte senden.

Aktive Teilhabe für Patienten

Hier gehts zur App "Vivy"

Für iOS-Geräte: "Vivy" im App Store downloaden

Für Android-Geräte: "Vivy" im Google Play Store downloaden.

Die Kooperation sei "Wegbereiter für tief greifende Veränderungen in der ambulanten Versorgung", äußerte sich Jens Naumann, Geschäftsführer der medatixx, auf Anfrage. Damit erlangten Patienten echte Hoheit über ihre Gesundheitsdaten und die Möglichkeit der aktiven Teilhabe an ihrer Gesundheitsversorgung.

Die Sicherheit der Plattform wird vom Versicherten selbst gewährleistet: Weder die anbietenden Kassen und Versicherungen, noch Vivy bzw. Bitmarck hätten Zugriff auf die Daten.

Beim Teilen der Daten setze Vivy auf mehrstufige Sicherheitsprozesse und eine asymmetrische Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, für die nur der Nutzer selbst den Schlüssel hat.

Wenn das Smartphone, auf dem die App gespeichert ist, verloren geht, dann seien die Daten unwiederbringlich verloren, erfuhr die "Ärzte Zeitung" auf Anfrage. Ausnahme: Der Patient selbst hat eine Sicherungskopie gemacht. Die Akte sei von unabhängigen Unternehmen wie ePrivacy und dem TÜV Rheinland getestet und als sichere Plattform zertifiziert worden.

Wechselwirkungen angezeigt

Vivy solle "Menschen als Gesundheitsassistentin zur Seite stehen und sie dabei unterstützen, gesünder zu leben", so Vivy-Gründer Christian Rebernik.

Dr. Birgit König, Vorstandsvorsitzende der Allianz Private Krankenversicherung, hob besonders den Wechselwirkungs-Check in der App als wichtige Funktionalität hervor: Wenn Patienten alle Medikamente in Vivy speichern (lassen), könnten auch Wechselwirkungen mit Medikamenten erkannt werden, die der Patient ohne Arztempfehlung kauft.

"Der Medikamentencheck hilft, einfach um auf der sicheren Seite zu sein", so König. Die Muttergesellschaft Allianz SE ist zugleich als Investor zu 70 Prozent an der Vivy GmbH beteiligt.

Über die App sollen Patienten zudem auf verständliche Erläuterungen zu ärztlichen Befunden zugreifen können, zum Beispiel um Laborbefunde interpretieren zu können. "Zum ersten Mal haben gesetzliche und private Krankenversicherer eine so umfassende gemeinsame Lösung für ihre Kunden auf den Weg gebracht", sagte Allianz-PKV-Vorstand Daniel Bahr der "Ärzte Zeitung".

Die neue E-Gesundheitsakte ist noch nicht die Patientenakte, wie sie das E-Health-Gesetz vorsieht. Vielmehr geht es um Akten, die Krankenkassen ihren Versicherten nach Paragraf 68 SGB V als Satzungsleistung zugänglich machen können.

Auch von einem Konsortium der Techniker Krankenkasse und im AOK-System werden E-Akten angeboten oder sind im Pilotstadium. Außerdem sind auch kassenunabhängige Anbieter im Rennen, zum Beispiel CompuGroup Medical (CGM Life) und vitabook. Unklar ist noch, wie diese Gesundheitsakten mit der E-Patientenakte aus dem E-Health-Gesetz zusammengeschaltet werden können. Diese soll bis 2021 vorliegen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: E-Akte mit Sicherheitsnetz

Wir haben den Artikel verlängert und aktualisiert am 17.09.2018 um 16:37 Uhr.

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