Corona-Krise

Streit um Kurzarbeitergeld spitzt sich zu

Die Weisung der Bundesagentur für Arbeit, Anträge von Vertragsärzten auf Kurzarbeitergeld abzulehnen, hat für Wirbel gesorgt. Von vielen Ärzteverbänden kommt Ablehnung, doch nicht alle sind einer Meinung.

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Der Anspruch von Vertragsärzten auf Unterstützung für Kurzarbeit der Mitarbeiter ist derzeit umstritten. Alexander Limbach / stock.adobe.com

Der Anspruch von Vertragsärzten auf Unterstützung für Kurzarbeit der Mitarbeiter ist derzeit umstritten. Alexander Limbach / stock.adobe.com

© Alexander Limbach / stock.adobe.com

Neu-Isenburg. Der Streit um die Berechtigung von Vertragsarztpraxen, Kurzarbeitergeld zu beziehen, nimmt weiter an Fahrt auf. Nachdem die KBV am Donnerstag einen Brief an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mit der Bitte um Klarstellung geschickt und der Spitzenverband FachärzteDeutschlands Rechtssicherheit für Vertragsärzte gefordert hatten, hat KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister am Donnerstag nochmals nachgelegt.

Hofmeister sprach sich in Berlin nachdrücklich für Einzelfallprüfungen der Anträge von Vertragsärzten auf Kurzarbeitergeld aus. Pauschal verweigert werden dürfe diese staatliche Leistung den Praxen nicht. Wo der Rettungsschirm die Ausfälle einer Praxis im vorgesehenen gesetzlichen Rahmen vollständig ausgleiche, sei allerdings kein Kurzarbeitergeld nötig.

PVS Verband verweist auf Rechtsanspruch

Grund des Streits ist die Weisung der Bundesagentur für Arbeit, nach der Anträge von Vertragsärzten abzulehnen sind (Az.: 75095/7506). Begründung der BA: Die im März beschlossenen Ausgleichszahlungen für Vertragsärzte wirkten bereits wie eine Betriebsausfallversicherung.

Auch weitere Verbände schlagen in dieselbe Kerbe: So hat der Verband der Privatärztlichen Verrechnungsstellen (PVS Verband) darauf hingewiesen, dass auch Arztpraxen grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Kurzarbeitergeld haben. „Die Auffassung der Bundesagentur für Arbeit verstößt gegen das geltende Recht und bedarf daher dringend der Korrektur“, so Professor Helge Sodan, Leiter des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht (DIGR) in einer ersten Einschätzung für den PVS Verband.

Für niedergelassene Ärzte könnten Ansprüche auf Zahlung von Kurzarbeitergeld „nicht von vornherein ausgeschlossen sein“, so auch Dr. Christof Mittmann, Vorsitzender des PVS Verbandes. Immerhin beruhe die wirtschaftliche Basis der Arztpraxen zu einem wesentlichen Teil auf den privatärztlichen Honoraren. Der Verband ruft deshalb niedergelassene Ärzte dazu auf, ihre Ansprüche geltend zu machen, sofern die wirtschaftliche Situation ihrer Praxis einen solchen Schritt notwendig macht.

„Schutzschirm ist noch eine Kann-Bestimmung“

Der Vorsitzende des Virchowbunds, Dr. Dirk Heinrich hatte bereits vor drei Tagen im Podcast der „Ärzte Zeitung“ darauf hingewiesen, dass den Ärzten auf jeden Fall eine Einzelfallprüfung der Bundesagentur für Arbeit zugestanden werden müsse, damit auch die Praxen, die vom Rettungsschirm der GKV nicht in dem Maße profitieren, Kurzarbeitergeld erhalten können.

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Am Donnerstag schlossen sich weitere Berufsverbände dieser Auffassung an: So verlautete auch vom Berufsverband der Deutschen Urologen (BvDU), die pauschale Ablehnung von Kurzarbeitergeld für Vertragsarztpraxen sei „rechtswidrig“.

„Es gibt zwar einen Schutzschirm für Niedergelassene, der ist aber bislang nur eine Kann-Bestimmung der Politik und noch nicht verbindlich von der gemeinsamen Selbstverwaltung vereinbart“, so Dr. Axel Schroeder. Von garantierten, unveränderten Abschlags- und Restzahlungen sei man „noch weit entfernt“, betont der BvDU-Präsident.

Umsatzrückgänge im privaten Bereich

Auch bei privatärztlichen Honoraren würden im laufenden Quartal Umsatzrückgänge von teilweise bis zu 50 Prozent verzeichnet. Schroeder: „Wir benötigen neben den angekündigten vertragsärztlichen Ausgleichszahlungen dringend einen Schutzschild für den PKV-Bereich.“ Im Schnitt erzielten Urologen ein Drittel ihrer Einnahmen aus Privatleistungen.

Was sagen Sie zur internen BA-Weisung, Vertragsärzten kein Kurzarbeitergeld zu gewähren?

29 %
Gut: Doppelte Förderung mit Schutzschirm plus Kurzarbeitergeld ist unnötig.
22 %
Fraglich: Praxen in Hausarztverträgen oder hohem Privatanteil sind in der Existenz bedroht.
49 %
Geht gar nicht: Sozialarchitekten leben einmal mehr ihre Vorurteile gegen Ärzte aus.

Ähnliche Töne schlägt auch der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) an. Krankenhäuser und Arztpraxen hätten , wie andere Unternehmen auch, in der aktuellen Pandemielage Anspruch auf Kurzarbeitergeld.

Auch Kliniken hätten Anspruch, betont BDI-Präsident Professor Hans Martin Hoffmeister. Im COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz sei das Kurzarbeitergeld für Kliniken explizit nicht erwähnt. „Somit ist es selbstverständlich als ergänzender Teil des Krankenhaus-Rettungsschirms anzusehen und darf infolgedessen nicht infrage gestellt werden“, so Hoffmeister.

Marburger Bund gibt contra

Der Marburger Bund (MB) lehnt dagegen Kurzarbeit in Kliniken klar ab: „Wir bewerten die Weisung als ein wichtiges Signal gegen Kurzarbeit und begrüßen die Klarheit, mit der sich auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn diese Woche gegen Kurzarbeit ausgesprochen hat“, so die MB-Landesvorsitzenden des MB Niedersachsen, Hans Martin Wollenberg und Andreas Hammerschmidt, in einer Mitteilung.

Das Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz solle finanzielle Belastungen in Form von Einnahmeausfällen und Sonderkosten für Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen so weit kompensieren, dass keine Notwendigkeit zu Maßnahmen wie Kurzarbeit bestehe. „Mitglieder unseres Landesverbandes aus verschiedenen Häusern kommen mit zum Teil sehr fragwürdigen Auslegungen des Begriffs der Kurzarbeit durch ihre Arbeitgeber auf uns zu“, so Wollenberg. So scheine Kurzarbeit mancherorts als Deckmantel zu dienen, um eine kostengünstige 24/7 Rufbereitschaft zu generieren, kritisiert er mit Nachdruck.

Andreas Hammerschmidts Appell: „Alle verfügbaren Personalkapazitäten zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie müssen offen gehalten werden. Ärztinnen und Ärzte derzeit in Kurzarbeit zu schicken ist unverantwortlich. Das wirkt auch demoralisierend auf die Beschäftigten.“ (syc/ger)

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