Mensch-Maschine-Interaktion
Vom Roboter gepflegt
Für den Weltroboterverband steht außer Frage: Der Healthcare-Sektor ist ein zentraler Wirtschaftsbereich, in dem künftig die Mensch-Maschine-Kollaboration dominieren wird. Singapur ist bereits Vorreiter.
Veröffentlicht:FRANKFURT/SINGAPUR. Mehr als drei Millionen Industrie-Roboter werden laut Prognose der International Federation of Robotics (IFR/Weltroboterverband) bis 2020 in den Fabriken der Welt im Einsatz sein. Damit dürfte sich der operative Bestand innerhalb von sieben Jahren (2014-2020) mehr als verdoppeln.
Der technologische Wandel werde zu Produktivitätssteigerungen führen, aber – im Gegensatz zu weit verbreiteten Befürchtungen zum Beispiel bei Pflegekräften – nicht als Jobkiller wirken, sondern neue Arbeitsmodelle bringen, die die Mensch-Maschine-Kollaboration fokussiert.
Einsatz vor allem in Kliniken
Das postuliert die IFR in ihrem Positionspapier "Robots and the Workplace of the Future" im Vorfeld der internationalen Fachmesse für Automation und Mechatronik, automatica, die im Juni in München stattfindet. Roboterlösungen für das Gesundheitswesen spielen dort zunehmend eine Rolle. Der Healthcare-Sektor ist neben der Produktion und Logistik der dritte zentrale Wirtschaftsbereich, in dem künftig die Mensch-Maschine-Kollaboration dominieren wird, prognostiziert die IFR. Roboter würden bereits heute über die gesamte Healthcare-Lieferkette eingesetzt, von der Medikamentenprüfung und Produktion über die Logistik bis hin zur medizinischen Versorgung und Pflege.
Wie die IFR mit Blick auf die Versorgung betont, seien viele fortschrittliche Robotik-Lösungen aus der Logistik direkt in Krankenhäusern einsetzbar. Laut Expertenschätzung ließen sich so durch eine einprozentige Effizienzsteigerung im globalen Healthcare-Sektor binnen 15 Jahren mehr als 60 Milliarden US-Dollar an Kosten einsparen. Roboter würden in Kliniken eingesetzt, um medizinisches Equipment sowie Medikamente zu transportieren.
In einem typischen Haus mit 200 Betten werde Equipment und Abfall wöchentlich maximal 400 Meilen weit transportiert, heißt es weiter. Laut Prognose würden die Kosten je Transport um 50 bis 80 Prozent reduziert, wenn dafür Roboter eingesetzt würden. Die Wegstrecken, die eine Krankenschwester wöchentlich in ihrem Arbeitsalltag in der Klinik zurücklege, ließen sich durch Kollege Roboter auf drei bis vier Meilen reduzieren.
Wie die Mensch-Maschine-Kollaboration die Versorgung in Zukunft wandeln könnte, demonstriert laut IFR schon heute das Changi General Hospital (CGH) in Singapur – der Löwenstaat will als erstes Land weltweit zeigen, wie eine smarte Nation aussehen kann. Dazu wird der Stadtstaat umfassend mit Sensoren vernetzt – auch das Gesundheitswesen.
Am Center for Healthcare Assistive and Robotics Technology des CGH sei der Roboter HOSPI von Panasonic im Einsatz. Dieser liefere innerhalb der Klinik Medikamente, aber auch Patientenakten aus, die jeweils nur nach dem Scannen einer Berechtigungskarte entnommen werden könnten. So muss das CGH für diese Botengänge kein Personal abstellen.
Überwachung im Kontrollraum
Durch zahlreiche Sicherheitslösungen könne das Vertauschen, eine Manipulation oder der Diebstahl der zu transportierenden Gegenstände ausgeschlossen werden. HOSPI kommuniziere permanent mit dem Kontrollraum der Klinik, von wo aus er überwacht und gesteuert werde. HOSPI sei zusätzlich mit Sensoren ausgestattet sowie digital mit den Krankenhauswegen gespeist, um "Hindernisse wie zum Beispiel Patienten in Rollstühlen" zu umgehen. Der Einsatz des Roboters habe die Produktivität des CGH um 30 Prozent gesteigert und Personalkosten eingespart, so die IFR.
Ein anderer humanoider Roboter unterhalte Patienten, um ihnen die Wartezeiten zu verkürzen und um Kinder bei Impfungen abzulenken. Ein weiteres System sortiere Op-Instrumente und beuge so menschlichen Irrtümern vor. Außerdem sei die Produktivität bei diesem Arbeitsschritt im Vergleich zum Einsatz von Klinikpersonal um 50 Prozent gestiegen.
Der Weltroboterverband geht des Weiteren davon aus, dass der Robotereinsatz nicht nur im OP-Umfeld, sondern auch in der Rehabilitation, noch viel Potenzial verspricht – dasselbe gelte für die Unterstützung chronisch-kranker Patienten sowie älterer Patienten im Wohnumfeld.