Vorsorge für den Ernstfall
Wenn der Praxisinhaber plötzlich stirbt
Erben müssen die Praxisnachfolge oder -abwicklung regeln, wenn der Praxisinhaber plötzlich stirbt. Ein Wegweiser durch das sozialrechtliche Dickicht erspart den Hinterbliebenen viel Mühe.
Veröffentlicht:KÖLN. Mit 64 Jahren in den Ruhestand gehen und die seit vielen Jahren geführte Praxis mit den Stammpatienten an einen geeigneten Nachfolger zu einem attraktiven Preis veräußern. Das ist die Wunschvorstellung der meisten Praxisinhaber.
Was jedoch, wenn der Praxisinhaber plötzlich stirbt und keine Gelegenheit mehr hatte, die Praxisübergabe vorzubereiten?
Findet sich keine helfende Hand, etwa ein Praxispartner oder ein niedergelassener Arzt aus dem Bekanntenkreis, werden die Erben mit einem meist für sie undurchsichtigen Dickicht aus sozialrechtlichen Vorgaben und Regularien konfrontiert.
Zulassung endet mit dem Arzt
Checkliste für Erben
Prüfen, ob der Praxisinhaber einen Ansprechpartner für etwaige Nachfolgeregelungen benannt hat.
Kontakt zur Kassenärztlichen Vereinigung aufnehmen.
Suche nach einem Praxisvertreter starten. Hilfe gibt möglicherweise die KV.
Überblick verschaffen über Praxisabläufe und kurzfristig erforderliche Entscheidungen, um den Betrieb aufrechterhalten zu können.
Suche nach einem Nachfolger einleiten. Hierzu auch die Landesärztekammer kontaktieren.
Unterlagen und Verträge sichten (Geldanlage, Kreditverträge, Versicherungen etc.)
Verträge und Mitgliedschaften kündigen.
Kompliziert wird es schon bei der Kassenzulassung. Rein formal endet nach Paragraf 95 Absatz 7 SGB V die Zulassung mit dem Tod. Es kann jedoch beantragt werden, die Zulassung nachzubesetzen.
Hierbei stellt sich künftig vermutlich häufiger die Frage, ob der Zulassungsausschuss aufgrund einer Überversorgung die Zulassung möglicherweise einzuziehen gedenkt.
Wenn nicht, kann die Zulassung dennoch an den Zulassungsausschuss zurückfallen, wenn es nicht gelingt, innerhalb von sechs Monaten einen Nachfolger zu finden.
Hier fängt das Problem für Erben schon an: Was genau ist eigentlich die Kassenzulassung, welche Unterlagen gibt es dazu und wo sind sie zu finden? Welche Behörde ist hierfür zuständig?
Auch die Patienten werden sich, wenn der Verstorbene in Einzelpraxis tätig war, eine Alternative suchen.
Damit droht ein schleichender Verfall der Praxis. In der Konsequenz muss Personal entlassen werden, laufende Miet- und Leasingverträge müssen abgelöst und, dass die Praxis geräumt werden muss, offene Verbindlichkeiten beglichen, Bankkonten, Versicherungen und Mitgliedschaften gekündigt werden.
Die Erfahrung zeigt, dass der Praxiswert für die Erben nur gesichert werden kann, wenn schnell gehandelt wird.
Dies ist aber nur dann möglich, wenn der Praxisinhaber Vorsorge getroffen hat, indem er seinen Erben einen Wegweiser hinterlässt, was im Ernstfall konkret zu unternehmen ist.
Solche Vorsorge ist bislang jedoch noch die Ausnahme, nicht die Regel. Vermutlich denken eben auch Ärzte nur sehr ungern über das Sterben nach. Immerhin: Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten werden mittlerweile immer häufiger genutzt.
Die Erben auf ein plötzliches Ableben des Praxisinhabers vorzubereiten ist natürlich um einiges anspruchsvoller, als eine Patientenverfügung aufzusetzen. Idealerweise erstellen Praxisinhaber zunächst eine Checkliste für die Erben, damit diese auf einen Blick sehen können, was in welcher Reihenfolge zu unternehmen ist.
Die Checkliste sollte dann zusammen mit allen anderen wichtigen Unterlagen in einem eigens dafür angelegten Ordner aufbewahrt werden.
Erbschein kann dauern
Zu den wichtigen Unterlagen gehören beispielsweise die Zulassungsurkunde, Praxisverträge, aktuelle Honorarabrechnungen und betriebswirtschaftliche Auswertungen sowie Vollmachten. Ein solches Sammelwerk muss natürlich regelmäßig aktualisiert werden.
Ebenfalls hilfreich ist es, wenn der Praxisinhaber eine Person seines Vertrauens informiert, wo der Ordner zu finden ist.
Besonders zu beachten ist, dass es mehrere Wochen dauern kann, bis das zuständige Amtsgericht einen Erbschein ausstellt. In dieser Zeit können dann meist keine wichtigen Praxisnachfolge-Entscheidungen getroffen oder auch nur Rechnungen beglichen werden.
Deshalb sollten für den Ernstfall auch entsprechende Generalvollmachten an ein oder zwei Vertrauenspersonen ausgestellt werden. Das können auch die Erben sein.
Alternativ lässt sich ein Testament beim Amtsgericht hinterlegen. Der Praxisinhaber erhält dann eine Hinterlegungsbescheinigung, die dem Erbschein entspricht.
Mit dieser Bescheinigung und dem Totenschein zusammen haben die Erben sofort die Möglichkeit, sämtliche Nachlassfragen zu entscheiden.
Stefan Hoch ist Geschäftsführender Gesellschafter der Ärzteberatung Frielingsdorf Consult in Köln.
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