Netzärzte
Wundversorgung via Telekonsil
Problem erkannt und praktisch gelöst: Weil sie viele immobile Patienten mit Wunden betreuen, haben Netzärzte aus Witten ihr Wundzentrum nun um eine telemedizinische Versorgung erweitert. Nur die Kassen spielen noch nicht mit.
Veröffentlicht:DORTMUND. Die Mitglieder der Ärztlichen Qualitätsgemeinschaft Witten (ÄQW) setzen auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden.
Die Netzärzte haben ein eigenes Wundzentrum aufgebaut. Um auch immobile Patienten einbeziehen zu können, arbeiten sie mit einer telematischen Wundkonferenz.
Das Wundzentrum ist am Evangelischen Krankenhaus Witten angesiedelt. Dort treffen sich Chirurgen aus Praxis und Klinik, Dermatologen, Diabetologen, Phlebologen und Angiologen einmal die Woche zur Wundkonferenz, um die von Haus- und Fachärzten überwiesenen Patienten mit chronischen Wunden zu begutachten.
Vorteil für Heimpatienten
Bei der Gründung des Wundzentrums war es das Ziel der Initiatoren, möglichst alle Patienten zu sehen, deren Wunden älter als vier Wochen sind oder die voraussichtlich länger als vier Wochen behandelt werden müssen, berichtete ÄQW-Geschäftsführer Dr. Frank Koch beim 6. Jahreskongress der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe in Dortmund.
Zwar seien viele Patienten ins Wundzentrum gekommen, aber nicht die chronisch Kranken aus Heimen, die immobil waren und schlecht transportiert werden konnten. "Das war unbefriedigend", sagte Koch.
Deshalb setzten die ÄQW-Ärzte und das Krankenhaus auf eine telemedizinische Anwendung. Sie erarbeiteten gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut (heute MedServiceRuhr) eine Software für die sichere Übermittlung von Bilddateien.
Das System ermöglicht es den behandelnden niedergelassenen Ärzten des ÄQW, mit dem Einverständnis der Patienten die Wunden zu fotografieren und die Aufnahmen zusammen mit einem Befundbogen in eine gesicherte Datenbank abzulegen, wo die Wundexperten sie abrufen können.
Sie begutachten die Wunden gemeinsam, beraten das notwendige Vorgehen und erstellen eine Therapieempfehlung. Sie kann der anfragende Arzt wieder aus der Datenbank abrufen. "Er entscheidet dann, wie es weitergeht", sagte Koch.
Seit 2010 haben die Wittener Ärzte in den Wundkonferenzen auf diese Weise 972 Behandlungsfälle bearbeitet. "Stellen Sie sich vor, die wären alle mit dem Krankenwagen gekommen."
Noch fehlt die Abrechnungsziffer
Durch das Wundzentrum habe sich die Versorgung von chronischen Wunden in der Region verbessert, betonte der Internist. "Was wir uns wünschen, ist eine Abrechnungsziffer." Bislang hätten die Ärzte für die wöchentlichen Wundkonferenzen keine Vergütung erhalten.
Die Zusammenarbeit mit den Kassen gestaltet sich seinen Angaben nach schwierig. Die Kassen sähen sich nicht in der Lage, die Kostenersparnis etwa durch vermiedene Krankenhauseinweisungen zu analysieren.
Koch ist stolz auf das bisher in Witten Erreichte. "Wir haben es geschafft, aus zwei Stiefkindern der ambulanten medizinischen Versorgung - der Wundversorgung und der Telemedizin - etwas zu entwickeln, das ein belastbares Versorgungsmodell werden kann." (iss)