Ärztliches Honorar
Neuer Orientierungswert: Unparteiischer Vorsitzender lehnte Einpreisung der aktuellen Inflation ab
2,5 Prozent Plus lagen bei den Verhandlungen zum Orientierungspunktwert als Einigungsvorschlag vor. Dass daraus nur zwei Prozent wurden, bezeichnet Hausärztechef Weigeldt als „besser als nichts“.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Laut Medienberichten, die von dem Unparteiischen Vorsitzenden Professor Jürgen Wasem auf Anfrage der Ärzte Zeitung nicht dementiert werden, lag im Erweiterten Bewertungsausschuss bereits am Dienstag ein Beschlussvorschlag vor: Der sah eine Erhöhung des Orientierungspunktwerts (OPW) um 2,5 Prozent vor.
Sowohl die Krankenkassen stimmten dagegen als auch die Kassenärztlichen Vereinigungen. Letztere votierten den Angaben zufolge mit 16:1 Stimmen gegen den Einigungsvorschlag des Unparteiischen Vorsitzenden, weil ihrer Ansicht nach auch die aktuelle Inflation berücksichtigt werden sollte. Nach der bisher üblichen Verfahrensweise bei der Festlegung des OPW stand allerdings nur die Betrachtung der Kostenentwicklung von 2020 auf 2021 im Fokus.
Erweiterter Bewertungsausschuss
Ärztliches Honorar: Orientierungswert steigt um zwei Prozent
Abweichen als „schwierig eingeschätzt“
Von dieser „langjährigen Praxis der Berücksichtigung der Inflationsdaten der letzten abgeschlossenen Jahre“ habe er nicht weggehen wollen, sagte Jürgen Wasem am Donnerstag der Ärzte Zeitung. Aus „mehreren, auch methodischen, Gründen“ habe er ein Abweichen als schwierig eingeschätzt – unter anderem auch, weil das Vorziehen des Betrachtungszeitraums zu einem späteren Zeitpunkt korrigiert werden müsste. Eine Mehrheitsentscheidung sei dann bei zwei Prozent gefunden worden.
Das beschlossene Plus von zwei Prozent sei „besser als nichts“, aber dennoch sehr knapp, sagte der scheidende Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, auf einer Pressekonferenz anlässlich des 43. Hausärztetags in Berlin.Die Rahmenbedingungen für junge niederlassungswillige Kollegen und Kolleginnen würden dadurch nicht besser. Dennoch helfe es nicht, zu jammern. Es müsse weiter hart verhandelt werden.
Zi: Entscheid kann Aufwendungen nicht ausgleichen
Kritik am Beschluss des neuen Orientierungspunktwerts von 11,4915 Cent kommt vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Der Entscheid könne „nicht annähernd die nunmehr deutlich steigenden Aufwendungen ausgleichen, mit denen Praxen in diesem Jahr konfrontiert sind“, heißt es in einer Mitteilung am Donnerstag.
Die Folge seien Realeinkommensverluste. Wo das von Praxisinhabern nicht akzeptiert werde, provoziere der Schiedsspruch „zusätzliche Engpässe in der Versorgung“. Zi-Vorsitzender Dr. Dominik von Stillfried: „Den Aufbau eines resilienten Gesundheitssystems stellt man sich anders vor.“
Bereits die vorjährigen Tariflohnerhöhungen für MFA würden durch die zweiprozentige Punktwertanhebung nicht gedeckt, heißt es weiter. Nach Daten des Zi-Praxispanels (ZiPP) bringe der neue Orientierungspunktwert je Inhaber rund 5200 Euro. Die Mehrkosten für das Gehaltsplus der Beschäftigten hingegen lägen im Schnitt bei 5400 Euro.
GKV-Spitzenverband: 11.000 Euro pro Kopf mehr Honorar
Durch die jüngste Punktwertanhebung erhöht sich das kassenärztliche Gesamthonorar kommendes Jahr nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes in Summe um rund 780 Millionen Euro. Einschließlich des aktuell kalkulierten Fallzahlzuwachses und der Morbiditätsentwicklung überweise die GKV 2023 voraussichtlich 1,4 Milliarden Euro zusätzlich an die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte. Pro Kopf seien das rechnerisch 11.000 Euro mehr, versichert Stefanie Stoff-Ahnis vom Verbandsvorstand.
Dabei dürfe auch nicht vergessen werden, so Stoff-Ahnis, „dass dieses zusätzliche Geld für die Ärzteschaft aus den Portemonnaies der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler finanziert wird – und das in einer Zeit, in der die Menschen, aber auch Unternehmen und Betriebe, ihre Gürtel enger schnallen müssen.“ (juk/cw)