Der Standpunkt

Zuerst müssen Daten vorliegen!

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

Der Autor und approbierte Arzt ist freier Journalist in Berlin, unter anderem mit dem Schwerpunkt Telemedizin. Schreiben Sie ihm: wi@aerztezeitung.de

Der Herbst 2010 hat in Sachen Telemedizin einiges in Bewegung gesetzt. Erst kam die Ankündigung einer OPS-Ziffer für die Telemedizin bei akutem Schlaganfall. Dann legte Partnership for the Heart die Ergebnisse der TIM-HF-Studie zur Telemedizin bei Herzinsuffizienz vor.

Es gibt hier eine Gemeinsamkeit: Für die Schlaganfall-Telemedizin wurde in randomisiert-kontrollierten Studien die Nicht-Unterlegenheit gegenüber der Versorgung auf einer neurologischen Stroke Unit gezeigt. Auch für die Herzinsuffizienz-Telemedizin gilt nach der randomisiert-kontrollierten TIM-HF-Studie der Nachweis der Nicht-Unterlegenheit.

Der Unterschied ist, dass die Schlaganfall-Telemedizin als Substitut für eine neurologische Stroke Unit-Versorgung konzipiert ist. Sie ist aus der Not geboren. Bei der Herzinsuffizienz-Telemedizin dagegen geht es um ein "Add on" zur Standardversorgung. Hier muss deswegen eine medizinische oder ökonomische Überlegenheit gezeigt werden.

Für das Gesamtkollektiv der Herzinsuffizienzpatienten ist diese pauschale Überlegenheit durch TIM-HF und eine weitere Großstudie fraglich geworden, sodass es sinnvoll ist, jetzt Subgruppen zu fokussieren. Dass eine große Kasse sich dafür einsetzt, ist gut. Den Worten müssen jetzt Taten folgen.

Im Idealfall werden die beiden "Fallstudien" zu einer Blaupause für den allgemeinen Umgang mit Telemedizin. Wenn es bei einer Erkrankung ein Versorgungsdefizit gibt, das telemedizinisch lösbar ist, sollte die Telemedizin in kompakten, randomisierten Studien die Nicht-Unterlegenheit zeigen und, ist das geschehen, ohne Zetern erstattet werden. Für hausärztliche Telekonsultationen in Regionen mit Facharztmangel, oder für Teleradiologie oder Telepathologie braucht es keine Riesenstudien.

Ist Telemedizin aber eine zusätzliche Maßnahme, so sollten dieselben Kriterien angelegt werden wie bei Arzneimitteln: Große, randomisierte Studien zur Überlegenheit müssen her. Prospektive Register reichen nicht.

Liegen Daten vor, geht es über Selektivverträge in Richtung Regelversorgung. Ob das eigene Telemedizinverträge sind oder ob die Telemedizin als Teil eines DMP, eines Facharzt- oder auch als Komponente eines Hausarztvertrags zum Einsatz kommt, ist sekundär. Entscheidend ist, dass Daten am Anfang stehen, nicht Verträge.

Lesen Sie dazu auch: Telemedizin: die politische Debatte ist eröffnet

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Umfrage zu Telemedizin

Online-Arztbesuche werden langsam zu einem Teil der Normalität

Innovationsfonds-Projekt

eliPfad: Einbeziehung von Niedergelassenen ist schwierig

Neues digitales Angebot

KV Nordrhein erprobt Videokabine im Notdienst

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leckere und gesunde Ernährung

Remission bei Morbus Crohn: Das glückt auch mit einer rein oralen Diät

DGK-Jahrestagung

Präzisionsmedizin: Die Kardiologie ist auf dem Weg

Wechselspiel zwischen Hirn und Pankreas

Demenz & Diabetes: Welche Vorteile das CGM bietet

Lesetipps
Dreidimensionale medizinische Illustration von Nierenkrebs, die das Vorhandensein eines Tumors in der Niere zeigt.

© Crystal light / stock.adobe.com

Hinweis aus Registerstudie

Welchen Einfluss NSAR auf das Nierenkrebs-Risiko haben

Eine Frau greift sich mit beiden Händen um den Nacken.

© fizkes / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Leitlinien-Update

Polymyalgia rheumatica: Aktualisierte Empfehlungen sind online

Eine Ärztin tastet den Hals einer Frau zur Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen und Hypothyreose ab.

© Peakstock / stock.adobe.com

US-Review

Wie mit latenter Hypothyreose bei älteren Patienten umgehen?