DEGAM contra MB
Zwist um die Allgemeinmedizin im Studium
Drei von vier Medizinstudierenden sind dagegen, dass die Allgemeinmedizin im Studium gestärkt wird, berichtet der Marburger Bund - und verweist auf ein Umfrageergebnis. Der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin stoßen die Schlussfolgerungen sauer auf.
Veröffentlicht:BERLIN. Mit harscher Kritik an der Methodik und den Schlussfolgerungen einer Umfrage des Marburger Bundes unter Medizinstudierenden reagiert die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM).
Der Streit um die Inhalte des Masterplans Medizinstudium 2020, der in diesem Jahr von den Gesundheits- und Wissenschaftsministern von Bund und Ländern entwickelt werden soll, gewinnt damit an Brisanz.
Die Ärztegewerkschaft, die zu ihren Mitgliedern auch Medizinstudierende zählt, hatte aus den Ergebnissen geschlossen, dass der Stellenwert der Allgemeinmedizin - insbesondere durch einen Pflichtanteil im Praktischen Jahr - eigentlich keiner Aufwertung bedürfe. Als Beleg dafür dienen dem Marburger Bund drei zentrale Umfrageergebnisse:
- 56 Prozent werten den Ruf der Allgemeinmedizin als gut, drei Prozent sogar als sehr gut, jedoch 38 Prozent als schlecht, drei Prozent als sehr schlecht.
- 74 Prozent der befragten Studierenden halten eine stärkere Einbindung der Allgemeinmedizin nicht für nötig - nur 26 Prozent wünschen eine Stärkung dieses Fachs im Studium.
- 49 Prozent der Befragten können sich vorstellen, nach dem Studium eine Weiterbildung in der Allgemeinmedizin zu absolvieren.
DEGAM: Umfrage hat methodische Schwächen
Zum einen kritisiert die DEGAM methodische Schwächen der Umfrage: Insgesamt seien knapp 14.000 Studierende angeschrieben worden, allesamt Mitglieder des Marburger Bundes.
Da diese von den Positionen der Gewerkschaft direkt beeinflusst seien, könne das Studi-Barometer nicht als objektiv eingestuft werden. Von den 14.000 angeschriebenen MB-Mitgliedern haben sich 1756 tatsächlich beteiligt; das entspreche einer Rücklaufquote von 13 Prozent.
Gemessen an der Gesamtzahl der Studierenden spiegele die Umfrage die Meinung von 2,2 Prozent wider. Angesichts der geringen Resonanz könne das Ergebnis als nicht repräsentativ eingestuft werden.
Ferner habe sich knapp ein Viertel der Befragten im vorklinischen Teil ihres Studiums befunden; diese Befragten seien noch nicht mit klinischen Fächern und der Allgemeinmedizin in Kontakt gekommen.
Für künftige Erhebungen sei vielmehr zu überlegen, ob nicht eine Befragung von Ärzten im ersten Jahr der Weiterbildung ein besser differenziertes Bild ergebe.
Personalisierte Polemik angemahnt
Anders als der Marburger Bund, der keine Notwendigkeit zur Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium sieht, liest die DEGAM vor allem aus der Diskrepanz zwischen fast 50 Prozent derer, die sich für die Zukunft eine allgemeinmedizinische Weiterbildung vorstellen können, und den nur zehn Prozent der Studienabsolventen, die tatsächlich in die Allgemeinmedizin gehen, einen Handlungsbedarf ab:
"Es muss darum gehen, das vorhandene Potenzial abzurufen. Dies erfordert auch eine Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium. Um den Status quo in der hausärztlichen Versorgung aufrecht zu erhalten, müssten mindestens doppelt so viele Studierende in die Facharztweiterbildung zum Allgemeinarzt eintreten."
Die Tatsache, dass sich 86 Prozent gegen einen Pflichtabschnitt Allgemeinmedizin im PJ aussprechen, sei hingegen nicht überraschend. Zusätzlichen Verpflichtungen im Studium stünden Studierende zunächst generell kritisch gegenüber.
Dass der Standort Frankfurt in der Studie explizit mit DEGAM-kritischen Positionen ausgewiesen wird, wertet die DEGAM als personalisierte Polemik: Der dortige Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin ist DEGAM-Präsident Ferdinand Gerlach.