ConhIT-Nachfolger
E-Health-Messe DMEA ist gestartet – rein virtuell
Die IT-Sicherheit in Praxen im Kontext der Telematikinfrastruktur, der „European Health Data Space“, aber auch die elektronische Patientenakte waren tragende Themen der ersten virtuellen Health-IT-Messe DMEA Sparks.
Veröffentlicht:Berlin. Die Corona-Pandemie beflügelt – als willkommene Nebenwirkung – die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens, sie fördert neue IT-Lösungen zum Einsatz entlang der gesamten medizinischen Versorgungskette. Traditionell sollten die Fortschritte der E-Health-Branche auf der ConhIT-Nachfolgemesse DMEA (Digital Medical Expertise & Applications) in Berlin vorgestellt werden, die im vergangenen Jahr Premiere gefeiert hat. Nun hat der Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) als Veranstalter das Branchen-Event kurzerhand in ein dreitägiges Online-Format gegossen.
Eröffnet wurde die „DMEA Sparks“ am Dienstag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der an alle Vertreter der Gesundheitsberufe appellierte, in puncto Digitalisierung des Gesundheitswesens an einem Strang zu ziehen – und so dazu beizutragen, die Telematikinfrastruktur (TI) zu einem sinnvollen Bestandteil der medizinischen und pflegerischen Versorgung werden zu lassen.
Ärzte hadern noch mit TI
Aber gerade die IT-Sicherheit in TI-Zeiten treibt die Praxischefs um, wie Dr. Leonor Heinz, in Berlin niedergelassene Hausärztin und Vorstandsmitglied im Deutschen Hausärzteverein, in einem Panel monierte. Allein die Diskussion um die Sicherheit von Reihen- oder Parallelschaltung des Konnektors habe für viel Verunsicherung bei den Kollegen geführt, weil nicht jede Praxisform für beide Optionen geeignet sei.
Für Jens Naumann, ehemaliger bvitg-Vorsitzender und Geschäftsführer des Praxis-EDV-Anbieters medatixx, ist klar, dass Ärzte nicht alleine die IT-Sicherheit in der Praxis gewährleisten können. Sie bräuchten einen Dienstleister oder einen Ansprechpartner aus dem persönlichen Umfeld, dem sie vertrauten. Er verwies auf die zum 1. Juli greifende IT-Sicherheitsrichtlinie der KBV, die die Sicherheitsanforderungen an die Praxis-EDV weiter konkretisiere.
Für Martin Tschirsich, IT-Sicherheitsberater und Mitglied im Chaos Computer Club, liegt die IT-Sicherheit vieler Praxen im Argen. „Das beliebteste Passwort ist immer noch ‚Praxis‘“, monierte er. Außerdem könnten via Suchmaschinen im Web ohne Probleme offene Router in Praxen ausfindig gemacht werden – eine Einladung an Cyberkriminelle.
Für mehr Verständnis für den Sinn elektronischer Patientenakten (ePA) warb Dr. Markus Leyck Dieken, seines Zeichens Chef der TI-Betreibergesellschaft gematik. Wenn Patienten erst einmal verstünden, welche Forschungs-, Diagnose- und Präventionsoptionen die in den ePA ab Geburt enthaltenen Daten ermöglichten, wären sie bestimmt zu Datenspenden bereit, bekundete er auf dem „E-Health-Hot Seat“ der DMEA Sparks. Daher sei er persönlich auch gegen eine Opt-out-Option für Patienten, wenn es um ePA geht, die er als „Flugzeugträger des Gesundheitswesens“ bezeichnete. Sein Ziel sei eine forschungskompatible ePA 4.0, hob Leyck Dieken hervor.
Mission für EU-Ratspräsidentschaft
Wie der gematik-Chef weiter betonte, werde die ePA und die Interoperabilität bei der Verwertung der gesammelten Gesundheitsdaten eine zentrale Rolle bei der ab Juli anstehenden, sechsmonatigen deutschen EU-Ratspräsidentschaft spielen. Fünf seiner Mitarbeiter seien bei der EU-Kommission in entscheidenden Gremien vertreten, um hier an den richtigen Stellschrauben zu drehen, so Leyck Dieken. Das in Deutschland ausgestellte und zum Beispiel in Spanien einzulösende E-Rezept stehe sinnbildlich für das paneuropäische Health-IT-Ansinnen.
Der „European Health Data Space“ ist Teil des einheitlichen europäischen Datenraumes, den sich die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf die Fahne geschrieben hat. Wie Ioana Gligor, bei der EU-Kommission stellvertretende Gesundheits-Generaldirektorin, im Rahmen der DMEA Sparks bekundete, sollten vor allem bei der Interoperabilitätsfrage der Gesundheitsdaten unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wesentliche Fortschritte gemacht werden. Ziel sei vor allem das Patientenempowerment unter Nutzung der vorliegenden Patientendaten. Wichtig sei im europäischen Kontext aber auch, dass der Patient auf jeden Fall die Hoheit über seine in einer ePA gespeicherten Daten habe, so Gligor.
Wie Professor Jörg Debatin, Leiter des Health Innovation Hub, im Zuge seiner Key-Note berichtete, sind beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bereits 350 Anträge auf Anerkennung von Apps als rezeptierbare Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) im Sinne des Digitale-Versorgung-Gesetzes eingegangen, die jetzt geprüft würden.