Videosprechstunden
Experten raten bei Diabetischem Fuß zu Zweitmeinung per Telemedizin
Zwei neue Telemedizin- Konzepte sollen die Versorgung von Patienten mit Diabetischem Fuß auf dem Land verbessern. Hausärzte können sich dabei zeitnah mit Experten über die Therapie austauschen.
Veröffentlicht:Berlin. Jeder vierte Patient mit Diabetes bekommt im Laufe seines Lebens ein Diabetisches Fußsyndrom (DFS). Spät erkannt bleibt Betroffenen unter Umständen nur die Entscheidung zur Amputation. Um Symptome rechtzeitig zu diagnostizieren und die richtige Therapie einzuleiten, empfiehlt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) eine Beratung mit DFS-Experten – auch per Telemedizin. Durch diese Videosprechstunden können behandelnde Ärzte eine Zweitmeinung einholen und so möglicherweise den Verlust der Extremität oder des Fußes vermeiden.
Oft zu spät erkannt
„Meist werden diese Fußverletzungen bei Diabetes immer noch zu spät erkannt und unzureichend behandelt“, betont Professor Ralf Lobmann vom DDG-Vorstand in einer Mitteilung der DDG. Die Zahl der Minor- und Major-Amputationen bei Diabetikern in Deutschland ist hoch und liegt bei etwa 40 000 Patienten im Jahr, schätzt die DDG. Für die Versorgung von DFS-Patienten seien jährlich rund 2,4 Milliarden Euro nötig.
Ein Lösungsansatz zur Reduktion der großen Zahl von Major-Amputationen könne eine telemedizinische Vernetzung von Hausärzten mit Experten der DDG-Arbeitsgruppe Diabetischer Fuß sein, schlägt der Diabetologe vom Klinikum Stuttgart vor.
„Um langfristig die Prognose von Diabetespatienten mit diabetischen Fußläsionen zu verbessern, ist eine Zusammenarbeit mit Spezialisten nötig“, erläutert der Leiter der DDG-Arbeitsgrupe DFS. Und: „Die Heilungschancen steigen, wenn zwischen dem Auftreten erster Symptome, der Vorstellung beim Arzt, der Diagnose und schließlich der Behandlung durch einen Spezialisten möglichst wenig Zeit vergeht“, so Lobmann in der Mitteilung.
Wie sieht das neue Konzept aus?
Hier setzt ein neues Konzept der DDG an: Die Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß und der Bund der Internisten (BDI) haben gemeinsam ein telemedizinisch basiertes Facharztkonsil für den diabetischen Fuß entwickelt. Mithilfe dessen sollen Risikopatienten rechtzeitig identifiziert, der Heilungsverlauf verbessert und verkürzt und Amputationen vermieden werden. „Außerdem überbrückt die Telemedizin Überweisungszeiten oder räumliche Distanzen und bietet so die Möglichkeit, betroffene Patienten möglichst schnell in ein Behandlungsnetzwerk aufzunehmen“, so Lobmann in der Mitteilung. Auf diesem Wege würde eine adäquate ambulante Therapie oder eine rasche stationäre Behandlung gesichert.
Derzeit laufen Gespräche mit verschiedenen Kostenträgern an, damit dieses Konzept möglichst schnell in die Praxis überführt werden kann. „Wir hoffen, dass bald positive Entscheidungen getroffen werden, sodass DFS-Patienten schnellstmöglich davon profitieren“, ergänzt DDG Geschäftsführerin Barbara Bitzer.
Ein weiteres Projekt zur telemedizinischen Zweitmeinung gibt es derzeit in Baden-Württemberg und wird dort vom Landesministerium für Soziales und Integration gefördert. „Über ein Evaluierungssystem lädt der behandelnde Arzt die Daten des Patienten hoch und ein Experte bewertet diese binnen 36 Stunden. Der Experte soll dabei vor allem zeitnah die Notwendigkeit einer Amputation bestätigen oder eine Alternative aufzeigen“, erklärt Lobmann. „Außerdem erhöht es die Entscheidungssicherheit des behandelnden Arztes sowie des Patienten und dessen Angehörigen“. Als Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik 3, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Geriatrie des Klinikums Stuttgart verantwortet Lobmann dieses Landes-Projekt mit.
Mit Telemedizin gegen Unterversorgung?
„Telemedizin hat ein großes Potenzial, um die Unterversorgung von Diabetespatienten im ländlichen Raum auszugleichen“, betont DDG-Präsidentin Professor Monika Kellerer in der Mitteilung. Hier könnte die Telemedizin Distanzen zum Facharzt überbrücken und Versorgungsunterschiede ausgleichen.
Oberstes Gebot bei DFS ist die Prävention, betont die DDG. Bei allen Menschen mit Diabetes müssen Füße und Schuhwerk regelmäßig untersucht werden. Notwendig ist vor allem eine gründliche Schulung der Patienten. Um Druckstellen zu vermeiden, sollten enge Schuhe und Strümpfe mit Naht tabu sein. Fußpilzerkrankungen sind angemessen zu behandeln. Fußnägel sollten am besten von einem Podologen geschnitten werden. Wichtig zur Prophylaxe: Gekrallte Zehen lassen sich durch eine Durchtrennung entsprechender Muskelsehnen entlasten. (eb/eis)
Die AG Diabetischer Fuß der DDG im Internet: https://ag-fuss-ddg.de
Rat zu Fußkontrollen
DDG-Empfehlungen zu Kontrollintervallen mit 10-g-Monofilament oder Rydell-Seiffer-Stimmgabel:
- keine periphere Neuropathie: einmal jährlich
- periphere Neuropathie: alle 6 Monate
- periphere Neuropathie mit PAVK oder Fußdeformität: alle 3-6 Monate (Spezialist)
- periphere Neuropathie und Ulkus oder Amputation in der Vorgeschichte: alle 1-2 Monate (Spezialist)