Felix Burda Award
Maar gibt nicht auf, den Beharrungskräften zu trotzen
Das Bohren dicker Bretter gehört zu den Kernkompetenzen der Felix Burda Stiftung – und das seit über 15 Jahren. Mit der Gala setzt die Stiftung Jahr für Jahr der Aufklärungskampagne um das Thema Darmkrebsvorsorge die Krone auf, wie am Sonntagabend mit 320 Gästen im Berliner Adlon.
Veröffentlicht:Felix Burda Award 2017 im Hotel Adlon in Berlin: Preisträger und Laudatoren freuen sich über den gelungenen Abschluss der Aufklärungskampagne zum Thema Darmkrebs.
BERLIN. Sie lebt von den Gegensätzen: hier die etablierten und vermeintlichen Stars aus dem Showbusiness, dort die Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Eine Gala, die es schafft, gesundheitspolitische Botschaften mit einer Portion Humor, Klamauk und ganz viel Emotion zu präsentieren. Provokation schafft Aufmerksamkeit, so wie der zunächst harmlos beginnende Video-Einspieler mit Kindern, die am Ende von dunklen Kreuzen umgeben sind. Klare Botschaft: "Für jeden Scheiß hast Du Zeit gehabt, dafür hat Dich jetzt der Krebs umgebracht." Das funktioniert, bringt zwar hier und da Kritik ein, der Zweck heiligt die Mittel – ein Erlebnis der besonderen Art im voll besetzten Ballsaal des Berliner Traditionshotels.
15 Jahre Award
» 4000 Gäste
» 148 Preisträger
» 62 Laudatoren
» 2,6 Mrd. Medien-Kontakte pro Gala
Gala verpasst?Ein 90-minütiges Best-of sehen Sie am 21. Mai, 22.15 Uhr, im "Welt der Wunder TV"
Zum 15. Mal ist am Sonntagabend der Felix Burda Award in den Kategorien Engagement des Jahres, Medizin und Wissenschaft sowie Betriebliche Prävention verliehen worden.
Neu in diesem Jahr war die Verleihung des "Ehrenfelix". Als Hommage an ihren Namensgeber zeichnet die Stiftung damit Menschen aus, die, wie Felix Burda, an Darmkrebs erkrankt sind und die sich trotz ihrer Erkrankung für andere stark machen, um auf die Tücken der Erkrankung aufmerksam zu machen. Es gibt keine Bewerbung und es gibt keine Jury – das ist Sache des Stiftungs-Teams. Benni Wollmershäuser ist 27 und kommt aus Schwäbisch Hall. Durch seine Social Media-Aktivitäten hat er sich im Web einen Namen gemacht und damit große Anerkennung erworben. Ausgezeichnet wurde er von Schauspielerin und Model Sophia Thomalla.
In ihrer Rede kritisierte Stiftungschefin Christa Maar die Beharrungskräfte im Gesundheitswesen bei der Darmkrebsvorsorge. Beispiel: Seit April sind quantitative immunchemische Stuhltests Kassenleistung und lösen die chemischen Tests ab. Der neue Test reagiert nur auf humanes Blut, wodurch es weniger falsch positive Befunde gibt. Maars Kommentar: "Eigentlich ist es eine unerträgliche Vorstellung, dass man in Deutschland Jahre gebraucht hat, um den seit den 1970er Jahren gebräuchlichen wenig sensitiven chemischen Stuhltest abzulösen."
Maar bemängelt auch das aus ihrer Sicht zu komplizierte Verfahren. So müsse der Test vom Arzt ausgegeben und vom Arzt zurückgenommen werden. Dieser schickt den Test ins Labor, danach bestellt er den Patienten ein, um mit ihm über das Ergebnis zu sprechen. Wie es besser funktionieren kann, erklärte sie ihren Gästen am Beispiel der Niederlande. Dort erhielten die Versicherten zusammen mit einer persönlichen Einladung einen immunologischen Test plus Rücksendeumschlag fürs Labor an ihre Privatadresse. Der Erfolg gibt den Holländern recht: Die Teilnahmequote betrug im ersten Jahr 70 Prozent.
Dauerstreitthema bleibt die Vorsorgeuntersuchung bei Personen mit familiärem Risiko. Christa Maar verteidigte in ihre Rede ihre Position, dass dafür eine gesetzliche Regelung geschaffen werden müsse. Das IQWiG beharrt hingegen auf dem Standpunkt, dass es keine hochwertigen Studien gibt, die zeigten, dass familiär belastete Personen von einer vorgezogenen Früherkennung einen Nutzen haben.
Unterstützt wird Maar vom Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen, die ihren an Darmkrebs erkrankten Patienten raten, Verwandte auf ihr erhöhtes Risiko hinzuweisen. Danach sollte die erste Vorsorgekoloskopie bei Menschen mit Darmkrebs in der Familie zehn Jahre vor dem Erkrankungsbeginn des Angehörigen, spätestens aber im Alter von 40 bis 45 Jahren erfolgen. Darüber informierte der Verband am Rande der Gala. Aktuell haben Frauen und Männer ab 50 Anspruch auf den Stuhltest und ab 55 auf eine Vorsorgekoloskopie.
Die 26-köpfige Jury zeichnete Projekte in folgenden Kategorien aus:
- Engagement des Jahres: Hier ging der Preis an den Kölner Künstler Cornel Wachter, der selbst an Darmkrebs erkrankte. Er initiierte zusammen mit dem Kommunikationsdesigner Timo Belger eine Aufklärungskampagne. In seiner Laudatio hob der Arzt und Fernsehmoderator Dr. Johannes Wimmer das eigens kreierte Magazin "Die wunderbare Welt des Cornel Wachter" hervor, in dem das Thema Darmkrebs aus der Tabuzone herausgeholt worden sei.
- Medizin und Wissenschaft: Professor Ernst J. Kuipers erhielt den Preis für das Projekt "The Road to Success of the Dutch National Colorectal Cancer Screening Programme". Dahinter verbirgt sich ein Darmkrebsscreening, bei dem 3700 Kolorektalkarzinome entdeckt worden sind. Bis zum Jahre 2030 sollen so pro Jahr 2500 Todesfälle verhindert werden. Überreicht wurde der Preis von Professor Michael P. Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover.
- Betriebliche Prävention: Olympus (für Konzerne) bekam den Preis für sein umfassendes Präventionsprogramm. Für den Mittelstand wurde die Brauerei Neumarkter Lammsbräu ausgezeichnet. Ein Bonussystem überzeugte hier viele Mitarbeiter von der Darmkrebsvorsorge. Die Preise wurden von Schauspieler Simon Licht überreicht.