GBA-Beschluss
Liposuktion und NIPT werden Kassenleistungen
Das Plenum des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) hat am Donnerstag in seiner Sitzung beschlossen, Liposuktion bei Lipödem des Stadiums 3 zulasten der Kassen zuzulassen. Gleiches gilt für die nichtinvasive Pränataldiagnostik – unter einer Vorraussetzung.
Veröffentlicht:BERLIN. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat am Donnerstag Sitzung beschlossen, Liposuktion bei Lipödem des Stadiums 3 zulasten der Kassen zuzulassen. Der Beschluss erfolgte einstimmig. Die Regelung im Einzelnen:
- Liegt der Body-Mass-Index (BMI) der Patientin unter 35, darf eine Liposuktion bei Lipödem im Stadium III durchführt werden, wenn eine innerhalb der letzten sechs Monate vor Indikationsstellung kontinuierlich durchgeführte, ärztlich verordnete konservative Therapie die Krankheitsbeschwerden nicht hinreichend lindern konnte.
- Bei einem BMI der Patientin ab 35 bis unter 40 darf die Liposuktionsbehandlung des Lipödems nur erfolgen, wenn die oben dargelegte konservative Therapie ohne Erfolg durchgeführt wurde und wenn zusätzlich zum Lipödem auch die Adipositas behandelt wird.
- Ab einem BMI von 40 soll aus medizinischen Gründen keine Lipödembehandlung mittels Liposuktion zu Lasten der Krankenkassen durchgeführt werden. Ab dieser Grenze ist eine entsprechende Behandlung nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen möglich.
Der Einschluss der Methode ist zunächst bis zum 31. Dezember 2024 befristet, da bis zu diesem Zeitpunkt die Ergebnisse der vom G-BA in die Wege geleiteten Erprobungsstudie zur Liposuktion bei Lipödem erwartet werden. Sobald die Studienergebnisse vorliegen, wird der G-BA abschließend zur Methode für alle Stadien der Erkrankung entscheiden, heißt es in einer Mitteilung.
Pränataldiagnostik nur in begründeten Einzelfällen
Ebenfalls mit deutlicher Mehrheit (1 Enthaltung) hat der GBA den nichtinvasiven molekularbiologischen Bluttest (NIPT) zur Pränataldiagnostik auf Trisomien als Kassenleistung zugelassen. Dem Beschluss zufolge erfolgt künftig die Erstattung, wenn im Rahmen der ärztlichen Schwangerenbetreuung die Frage entsteht, ob eine fetale Trisomie vorliegen könnte, und dies für die Schwangere eine unzumutbare Belastung darstellt. Ziel sei es, sie in dieser Situation möglichst nicht dem mit einer invasiven Untersuchung einhergehenden Risiko einer Fehlgeburt auszusetzen.
Anders als zum Teil am Donnerstagmorgen in Medien berichtet, steht der nichtinvasive Test allerdings nicht sofort als Kassenleistung zur Verfügung.
Voraussetzung dafür ist vielmehr zunächst die Erarbeitung einer Versicherteninformation durch das IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen). Die ist zwingend vorgeschrieben und soll die ärztliche Beratung der Schwangeren im Vorfeld des Tests unterstützen helfen. Dafür hat das Institut laut dem GBA-Beschluss bis Ende 2020 Zeit.
Zudem kann die NIPT erst dann erstattet werden, wenn der Gesundheitsminister den Beschluss durchgewunken hat.
Die NIPT kann dann zulasten der GKV allerdings auch nur in begründeten Einzelfällen bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken durchgeführt werden, wie der GBA betont, und müsse mit intensiver Beratung und Aufklärung verbunden sein. Durch diese sehr engen Voraussetzungen werde im Rahmen der Mutterschafts-Richtlinien eindeutig geregelt, dass der "NIPT nicht als ethisch unvertretbares Screening" eingesetzt werde, so Hecken in einer Mitteilung des Bundesausschusses.
Bundestagsabgeordnete wollten Aufschiebung des Beschlusses
Anfang dieser Woche hatte noch ein gutes Dutzend Abgeordneter des Bundestages den GBA-Vorsitzenden Professor Josef Hecken in einem Brief gebeten, diese Beschlussfassung als Tagesordnungspunkt abzusetzen. Grund: Die Abgeordneten befürchteten, eine positive Beschlussfassung des GBA werde Fakten schaffen, die die weitere Diskussion vorab beeinflussten. Dies wurde allerdings vom Vorsitzenden und den GBA-Gremiumsmitgliedern so nicht gesehen, der Bitte wurde daher nicht nachgekommen.
Hecken verwies vielmehr darauf, dass der Beschluss pro NIPT die Debatte befeuern werde, weil der Bundestag das Thema auf die Tagesordnung werde setzen müssen. Im Frühjahr hatte das Parlament eine Orientierungsdebatte dazu abgehalten.
Aus KBV-Reihen hieß es, der beschlossene Entwurf könne nicht als Empfehlung für alle Frauen verstanden werden, den nichtinvasiven Pränataltest bei einer Schwangerschaft auch anzuwenden. Eine Ablehnung des NIPT hätte allerdings bedeutet, dass gesetzlich versicherten Schwangeren weiterhin nur die invasiven Methoden zur Pränataldiagnostik zur Verfügung stehen würden. Das sei nach dem vom IQWiG vorgelegten Bericht zur jeweiligen Vorhersagegenauigkeit der Testverfahren nicht mehr sachgerecht.
Hecken kündigte an, die Abgeordneten des Bundestages noch am Donnerstag über die Beschlussfassung und die Gründe zu informieren.
Differenzierte Reaktionen auf NIPT-Beschluss
Der Beschluss, nicht-invasive molekulargenetische Pränataltests (NIPT) auf die Trisomien 13, 18 und 21 in Einzelfällen zur Kassenleistung zu machen, hat bei Abgeordneten des Deutschen Bundestags unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. „Fatal“ nannte Alexander Krauß (CDU) die Entscheidung. Künftig werde eine „Fahndung“ nach behinderten Kindern betrieben.
Die andere Seite des Meinungsspektrums besetzte Hilde Mattheis (SPD). Der Beschluss sei „eine Entscheidung für die Wahrung des Selbstbestimmungsrechts der Frauen“. Christine Aschenberg-Dugnus von der FDP betonte, dass die „viel riskantere“ Amniozentese bereits von der Kasse bezahlt werde, der risikoärmere Bluttest nicht. Das sei widersinnig.
Kathrin Vogler von der Linken machte darauf aufmerksam, dass dem in Rede stehenden „Praena-Test“ eine ganze Reihe von Bluttests bei Schwangerschaften folgen dürften. Dazu müsse es eine gesellschaftliche und politische Debatte geben. Vogler kündigte eine Gesetzesinitiative einer interfraktionellen Gruppe von Abgeordneten zu „Umgang und Finanzierung“ mit und von Bluttests für Schwangere an.
3 wichtige Fakten zu NIPT als GKV-Leistung
- Bei NIPT handelt es sich um seit 2012 auf dem Markt verfügbare Tests, mit denen in der Schwangerschaft das Risiko einer fetalen Trisomie 13, 18 oder 21 bestimmt werden kann. Hierbei wird die im Blut der Schwangeren vorhandene zellfreie fetale DNA molekulargenetisch analysiert.
- Es dürfen nur NIPT-Verfahren verwendet werden, deren Testgüte nachweislich sehr hoch ist.
- Liegen bereits Befunde vor, die eine Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie erforderlich machen, kann der Test nicht zulasten der GKV erbracht werden. (Quelle: GBA)
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