Frankreich

Notaufnahmen im Streik

Ein Gehaltsplus von 100 Euro pro Monat? Das besänftigt Ärzte und Pfleger in Frankreichs Notaufnahmen nicht. Sie protestieren gegen die immer dünner werdende Personaldecke.

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PARIS. Seit gut drei Monaten werden zehn bis zwölf Prozent der rund 800 französischen Krankenhaus-Notaufnahmen wegen der zunehmend schlechten Arbeitsbedingungen und dem stetig steigenden Patientenaufkommen bestreikt. Dort, wo der Personalmangel es aus Versorgungsgründen nicht zulässt, zu streiken, schmücken Protestparolen die Kittel von Pflegekräften und Wänden. In einigen Krankenhäusern haben sich alle Pflegekräfte gleichzeitig krank gemeldet.

Damit will das Klinikpersonal auf die prekären Verhältnisse in der Erstversorgung aufmerksam machen. Mittlerweile suchen doppelt so viele Patienten als noch vor 15 Jahren die Notaufnahmen direkt auf. Jeder dritte Patient wäre aber in der ambulanten Versorgung bei einem Praktischen Arzt besser aufgehoben. Gleichzeitig fehlt es an Personal – das betrifft auch die Ärzte: Frankreichweit sind derzeit ein Viertel aller Arztstellen in den Notaufnahmen nicht besetzt. Das macht es Notärzten nahezu unmöglich, sich an den Streiks zu beteiligen.

Anfang Juni hatte die französische Gesundheitsministerin Agnès Buzyn beschlossen, ab Juli die Löhne der Mitarbeiter in den Notaufnahmen um 100 Euro pro Monat zu erhöhen. Für die Betroffenen nicht genug.

Wegen der dramatischen Überlastung der Notaufnahmen, vor allem in Paris, aber auch in vielen kleineren Städten, müssen Patienten stundenlange Wartezeiten in Kauf nehmen. Zusätzlich beschwert sich das Personal über die steigende Zahl aggressiver und gewalttätiger Patienten.

Vor allem die nächsten Wochen bereiten Notärzteverbänden Sorgen, denn im Sommer gehen viele niedergelassene Ärzte zur gleichen Zeit in Urlaub. Die meisten Notärzte arbeiteten schon jetzt an ihrer physischen Grenze. Die Antwort von Gesundheitsministerin Buzyn: Sie verspricht, die Sommer-Situation in den Griff zu bekommen.

Seit Jahren fordern Ärzte und Krankenhauspersonal die Schaffung von mehr Arzt- und Pflegestellen sowie ein Stopp des Bettenabbaus und der Schließung von Abteilungen vor allem in Kleinstädten. Die Klinikärzte verlangen aber auch den Aufbau eines wirkungsvolleren ambulanten Notdienstes.

Dieser sollte ähnlich wie in Deutschland durch die europäische ambulante Notrufnummer 116.117 einfach erreichbar sein. Allerdings ist die Nummer den Franzosen bislang so gut wie gar nicht bekannt.

Solche ambulanten Dienste könnten auch Geld sparen: Die Erstuntersuchung und Behandlung in der Klinik kostet im Schnitt 180 bis 250 Euro, während ein Praktischer Arzt dafür eine Pauschale von 26 bis 40 Euros erhält. (DDB)

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