Klinikabrechnungen

Ersatzkassen fordern freie Prüfrechte

Spahns Reform der Abrechnungsprüfung in Kliniken stößt auf Widerstand bei den Ersatzkassen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

Berlin. Mit Mehrausgaben von 1,2 Milliarden Euro im Jahr für die gesetzliche Krankenversicherung rechnen die Ersatzkassen, wenn das „Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen“ in der jetzt vorliegenden Fassung beschlossen würde.

Die Ersatzkassen fordern dagegen weitgehende Freiheiten bei der Prüfung von Krankenhausabrechnungen, Sanktionen für fehlerhafte Abrechnungen bei allen Krankenhäusern und eine Abkehr vom bislang im Gesetzentwurf vorgesehenen Aufrechnungsverbot für die Kassen.

DKG: Versuch, Kliniken zu kriminalisieren

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) reagierte prompt. Die Forderung nach Sanktionszahlungen seien der nicht hinnehmbare Versuch, die Krankenhäuser zu kriminalisieren, sagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum am Dienstag in Berlin.

60 Prozent der angefochtenen Rechnungen seien nicht falsch, sondern hätten Belegungshintergründe. Das Sozialgesetzbuch sei der falsche Ort, um solche Konflikte auszutragen. Wenn die Ersatzkassen Betrug annähmen, sollten sie die Staatsanwaltschaft einschalten, so Baum.

Der Gesetzentwurf sieht vor, die Medizinischen Dienste (MDK) unabhängig von den Kassen zu machen und die Zahl der Krankenhausprüfungen zu verringern. Die Prüftätigkeit wollen die Ersatzkassen dagegen nicht beschnitten sehen. 2018 habe der MDK an der Hälfte der 2,6 Millionen geprüften Krankenhausfälle etwas auszusetzen gehabt, sagte DAK-Vorstand Thomas Bodmer am Dienstag in Berlin.

Insgesamt hätten die Krankenhäuser drei Milliarden Euro dafür zurückerstatten müssen. Die Krankenhausrechnung der GKV hat 2018 rund 77 Milliarden Euro betragen. Nach dem Gesetzentwurf sollen die Medizinischen Dienste nicht mehr als zehn Prozent der Krankenhausrechnungen prüfen dürfen. Im vergangenen Jahr wurden noch 17 Prozent der Rechnungen geprüft.

vdek gegen Prüfquoten

Zudem sollen die Kontrollen ab 2021 abhängig von der Zahl der korrekten Abrechnungen gemacht werden. Je weniger ein Krankenhaus bei der Abrechnungsprüfung auffällt, desto seltener sollen die Prüfer ins Haus kommen. „Die vorliegenden Pläne könnten die angespannte Finanzlage der Kassen noch weiter verschärfen“, sagte dazu TK-Vize Thomas Ballast.

Prüfquoten dürfe es nicht geben, bekräftigte die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) Ulrike Elsner. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Quoten müssten gestrichen werden.

Krankenhäuser, Medizinische Dienste und Sozialgerichte seien durch das gegenwärtige System an ihre Belastungsgrenzen getrieben worden, heißt es in einem Gutachten vom Institut für Health Care Business und rwiconsult, das die Ersatzkassen dazu in Auftrag gegeben haben.

Studienleiter Professor Boris Augurzky schlägt darin eine „effiziente Allokation“ der Abrechnungsprüfungen durch einen Prüfrechtehandel der Kassen untereinander vor.

Am 14. Oktober will der Gesundheitsausschuss des Bundestages Experten zu der Reform anhören.

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Kommentare
Dr. Ernst Albert Göbel 09.10.201909:15 Uhr

Ersatzkassen fordern freie Prüfrechte

Der Prüfwahn der Kassen droht das ganze Gesundheitswesen in den Ruin zu treiben. Immer mehr Geld und Zeit wandert weg vom Patienten und den ihn Behandelnden in Controlling, Prüfung, Dokumentation etc. Eine einfache Rechnung macht das augenfällig: Wenn die Kassen 77 Mrd. für Krankenhausbehandlung gezahlt haben, dann sind davon rund 50 Mrd. Personalkosten. Wenn nun bis zu 40 % der Arbeitszeit dieses Personals für Bürokratie, sprich abrechnungsrelevante Dokumentation! aufgewendet werden muss, dann sind das 20 Mrd. Dagegen sind die 3 Mrd, die die Kassen von den Krankenhäusern zurückgefordert haben - ob die immer "berechtigt" waren sei dahingestellt - geradezu lächerlich!

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