Neue Statistik
Die meisten Pflegekräfte kommen aus Polen
Laut einer Untersuchung des Statistischen Bundesamtes kommen die meisten ausländischen Pflegekräfte, die in Deutschland arbeiten, aus Polen. Obwohl sie dringend gebraucht werden, müssen sie zunächst einige Hürden meistern.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Gut 20 Prozent aller in Deutschland arbeitenden ausländischen Pflegekräfte kommen aus Polen. Das hat eine Untersuchung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) ergeben. Im Jahr 2013 arbeiteten 76.000 Personen mit polnischen Wurzeln in Pflegeberufen in Deutschland, davon waren 93 Prozent Frauen.
Damit sei Polen mit einem Anteil von 20 Prozent das wichtigste Herkunftsland von zugewanderten Pflegekräften, berichtete das Statistische Bundesamt. Aus Bosnien und Herzegowina stammten 47.000 und aus Kasachstan 31.000 Pflegekräfte. Insgesamt arbeiteten 2013 in Deutschland rund drei Millionen Menschen in Pflegeberufen, darunter 373.000 mit Migrationshintergrund.
Der Frauenanteil lag bei 83 Prozent. Die Berechnung wurde auf Grundlage des Mikrozensus 2013 vorgenommen, unterscheidet aber nicht zwischen den Berufsgruppen Krankenpflege, Rettungsdienst, Geburtshilfe, Altenpflege sowie Pflege im Bereich Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege.
Alternative zur Heimbetreuung
Ein Blick auf den Pflegealltag bestätigt die Statistik. "Wir können durchaus einen Anstieg bei der Nachfrage nach ausländischen Kräften feststellen, sowohl im Bereich der qualifizierten Fachkräfte als auch im Bereich der niedrigschwelligen Betreuung, zum Beispiel bei der sogenannten 24-Stunden-Pflege, hier besonders mit Betreuungspersonen aus Osteuropa", berichtet Dr. Benedikt Zacher, Geschäftsführer des unabhängigen Informationsportals www.pflege.de, hinter dem das Hamburger Unternehmen Web Care LBJ GmbH steht.
"Die Zahl der Haushalte, in denen osteuropäische Betreuungspersonen arbeiten, wächst überproportional stark, da die Rund-um-die-Uhr-Betreuung oftmals die einzige Alternative zum Heim darstellt."
Steffen Ritter vom Arbeitgeberverband Pflege sagt, sein Verband befürworte das Konzept der Haushaltshilfe mit pflegerischen Aufgaben, denn "wir könnten den Bedarf allein durch Fachkräfte nicht abdecken", so Ritter.
Laut der aktuellen Pflegestatistik des Destatis, die im Abstand von zwei Jahren erscheint, waren im Dezember 2013 in Deutschland 2,63 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI). Mehr als zwei Drittel (1,86 Millionen) aller Pflegebedürftigen wurden zu Hause versorgt.
Verbände gehen davon aus, dass eine große Gruppe von heimischen Pflegern nicht angemeldet ist und deshalb in keiner Statistik auftaucht. "Über die Dunkelziffer lässt sich keine verlässliche Angabe machen, zumal die Pflegenden auch bei keiner Stelle pflichtregistriert sind", sagt Rolf Höfert, Geschäftsführer des Deutschen Pflegeverbands (DPV).
Johanna Knüppel, Referentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBFK), berichtet: "Verdi spricht von etwa 300.000 Osteuropäerinnen, die in deutschen Haushalten rund um die Uhr als sogenannte ,Haushaltshilfen‘ engagiert werden, häufig aber tatsächlich auch pflegen. Im Rahmen einer Studie im Auftrag der Caritas hat Professor Michael Isfort vom Institut für angewandte Pflegeforschung 2008/2009 etwa 100.000 Betroffene geschätzt."
Zacher von www.pflege.de geht von 200 000 Haushalten aus, die von etwa 400 000 bis 500 000 Betreuungspersonen im Turnus versorgt würden.
Sprachprüfung ist eine große Hürde
Unabhängig von der rechtlichen Problematik ist bei Pflegepersonal aus dem Ausland die Verständigung oft schwierig. Deshalb ist für Fachpersonal auf offiziellem Weg eine Sprachprüfung vorgesehen.
Der Fachabschluss werde bei Zuwanderern aus dem EU-Ausland oft relativ unproblematisch übernommen, schwieriger sei da schon die Sprachprüfung, sagt Ritter vom Arbeitgeberverband Pflege.
Weil nach Einschätzung des Arbeitgeberverbands in Deutschland derzeit 30.000 Pflegefachkräfte fehlen und bis 2030 weitere 175.000 Pflegefachkräfte gebraucht würden - laut "Pflegeheim Rating Report" des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) wird die Zahl der Pflegebedürftigen in den nächsten 15 Jahren auf 3,3 Millionen Bundesbürgersteigen - laufen seit Jahren Programme, um Pflegekräfte aus dem Ausland anzuwerben.
Kritisch sieht das DFBK-Referentin Knüppel: "Zuwanderung wird das Problem des deutschen Pflegefachpersonalmangels nicht lösen, denn einen Mangel haben weltweit alle Industrienationen. Andere Länder bieten deutlich bessere Arbeitsbedingungen und haben zudem nicht das Sprachproblem.
Solange also in Deutschland nicht zügig und spürbar für erhebliche Entlastung der Pflegefachpersonen und eine bessere Arbeitsplatzqualität gesorgt wird, lassen sich Einwanderer ebenso wenig wie Deutsche in dem Beruf halten."
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