Angehörigen-Entlastungsgesetz

Kabinett beschließt Entlastung bei Pflege

Das Bundeskabinett bringt ein Gesetz zur Entlastung von Kindern pflegebedürftiger Eltern auf den Weg.

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Angehörige fühlen sich oft mit der Pflege überfordert. Sie sollen wenigstens finanziell entlastet werden.

Angehörige fühlen sich oft mit der Pflege überfordert. Sie sollen wenigstens finanziell entlastet werden.

© js-photo / stock.adobe.com

BERLIN. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch grünes Licht für das „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gegeben. Das Gesetz sieht finanzielle Entlastungen für erwachsene Kinder von pflegebedürftigen Eltern vor. Bislang sind diese zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, wenn ihre Eltern die Kosten für Pflege im Alter nicht allein aufbringen können. Künftig sollen Angehörige erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro brutto Unterhaltszahlungen leisten müssen.

Im gleichen Umfang sollen Menschen von Zuzahlungen befreit werden, deren Angehörige aufgrund einer Behinderung Anspruch auf Eingliederungshilfe haben – etwa auf finanzielle Hilfe für den Umbau einer barrierefreien Wohnung oder einen Gebärdensprachdolmetscher. Arbeitsminister Heil hatte im Vorfeld von einer längst überfälligen Entlastung gesprochen. Die Regelungen sollen ab 2020 wirksam werden.

Sozialverbände lobten das Gesetz. „Das ist nicht nur eine notwendige finanzielle Entlastung, sondern auch eine überfällige Wertschätzung von Menschen, die pflegebedürftige Angehörige haben“, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, am Mittwoch. Menschen mit einem niedrigen Einkommen würden unmittelbar profitieren.

Maria Loheide, Vorstand für Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, sprach von einer „echten Entlastung“. Ältere Menschen hätten oft die Sorge, dass sie ihren Kindern bei Pflegebedürftigkeit zur Last fielen. Die Angehörigen, die meist persönlich viel für ihre pflegebedürftigen Eltern, Kinder und Verwandten täten, müssten nunmehr keine finanziellen Belastungen mehr befürchten, so Loheide.

Patientenschützer kritisieren

Kritisch äußerte sich dagegen der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. „Das Gesetz klingt schön, ist aber reine Symbolpolitik. Denn Pflege macht weiterhin arm.“ Arbeitsminister Hubertus Heil und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) müssten dafür sorgen, „dass Pflegebedürftige nicht weiter in die Armutsfalle rutschen“.

Vertreter der Kommunen betonten, es sei grundsätzlich richtig, Angehörige nicht mehr im bisherigen Maße für Pflegekosten in Anspruch zu nehmen. „Allerdings werden dadurch erhebliche Kosten auf die Kommunen als Sozialhilfeträger zukommen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, der „Ärzte Zeitung“. Der Städtetag geht aktuell von Mehrbelastungen zwischen einer halben und einer Milliarde Euro pro Jahr aus.

In etwa 90 Prozent der Fälle würden die Angehörigen künftig nicht mehr an den Kosten beteiligt. Zu erwarten sei auch, dass stationäre und ambulante Pflegeleistungen stärker nachgefragt würden. Hinzu geselle sich wegen des demografischen Wandels eine steigende Zahl pflegebedürftiger Menschen. „Die dadurch entstehenden Mehrbelastungen müssen den Kommunen vollständig ausgeglichen werden“, forderte Dedy.

Pia Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, erklärte, es sei „ein Armutszeugnis, dass die Gefahr, wegen Pflegebedarfs in Sozialhilfe zu geraten, immer noch nicht ausgeschlossen ist“.

Mit dem Gesetz werde den Kommunen ein Teil der entstehenden Kosten aufgebürdet. „Sozialstaatlicher Verantwortung wird man nur mit einer Pflegevollversicherung gerecht, sagte Zimmermann. (hom)

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