Depressive Senioren

Typische Symptome fehlen meist

Eine beginnende Depression wird bei Senioren noch viel zu oft mit typischen Altersbeschwerden verwechselt – trotz hoher Suizidraten.

Veröffentlicht:

FRANKFURT/MAIN. Schwere Depressionen sind im Alter etwas seltener als in jüngeren Jahren, allerdings steigt die Suizidrate unter alten Menschen rapide an, was vor allem Männer betrifft.

Einer vom Robert Koch-Institut initiierten Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) zufolge erkranken jährlich 8,1 Prozent der Bundesbürger im Alter von 18 bis 79 Jahren an einer Depression – bei den 70- bis 79-Jährigen sind es nur 6,1 Prozent.

Allerdings weist die Stiftung Deutsche Depressionshilfe darauf hin, dass leichtere Depressionen oder auch Depressionen, bei denen nicht alle klassischen Symptome vorliegen (subklinische Depressionen) bei älteren Menschen zwei bis drei Mal so häufig wie im Durchschnitt der Bevölkerung vorkommen.

Der vielfach verwendete Begriff „Altersdepression“ ist zumindest problematisch, Gerontopsychiater sprechen lieber von Depressionen im Alter. Eine alterstypische Besonderheit ist die Fokussierung auf gesundheitliche Probleme.

Depressive Senioren empfinden etwa bestehende Rückenschmerzen oder Ohrengeräusche zunehmend als unerträglich und deuten eigene Konzentrations- oder Auffassungsdefizite als Anzeichen einer beginnenden Demenz. Ärzte wiederum missinterpretieren Schmerzen, Schlaf- und Appetitlosigkeit sowie Beklemmungen alter Menschen häufig als typische Altersbeschwerden und unterlassen es daher, nach Symptomen einer Depression wie beispielsweise Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle oder gar Suizidgedanken zu fragen.

Tatsächlich werden 35 Prozent aller Suizide in Deutschland von Menschen über 65 Jahren verübt, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung bei 21 Prozent liegt.

Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass Experten von „stillen“ und „verdeckten“ Suiziden ausgehen, beispielsweise durch eine Verweigerung der Nahrungsaufnahme oder dadurch, dass alte Menschen bewusst auf ihre Medikamente verzichten. Auf eine hohe Dunkelziffer könnte man auch aufgrund der großen Zahl tödlich verlaufender Unfälle unter älteren Menschen sowie unklarer Todesursachen wegen schließen.

Therapeutische Maßnahmen gegen eine Depression sind bei älteren Menschen genauso wirksam wie bei jüngeren. Das betrifft sowohl die medikamentöse Therapie mit Antidepressiva als auch die klassische Psychotherapie, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie. Allerdings beträgt der Anteil der über 60-jährigen Patienten in Psychotherapie aktuell nur sechs Prozent. (Smi)

Lesen Sie dazu auch: Im Heim und depressiv: Wege aus der Negativspirale gesucht Depressionen im Alter: „Wir haben ein eklatantes Versorgungsdefizit“ Depressive Senioren: Typische Symptome fehlen meist

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Deutsche Analyse

Vorhofflimmern: Antikoagulation vor Schlaganfall von Vorteil

Ambulante Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern

Zehn Punkte-Plan der CDU fällt im Schweriner Landtag durch

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Digitalisierung im Gesundheitsbereich

KI im Praxiseinsatz – was bereits möglich ist

Diabetes und pAVK

Semaglutid – eine neue Therapie für Patienten mit pAVK?

Lesetipps
Darstellung von Neisseria gonorrhoeae-Bakterien.

© iLexx / Getty Images / iStock

Antibiotikum einer neuen Klasse

Phase-III-Studie: Gepotidacin wirksam gegen Gonorrhö

Illustration der Auswirkung einer Erkrankung an Endometriose auf den Uterus einer Frau.

© krissikunterbunt / stock.adobe.com

Diagnose im Alter unter 25

Frühe Endometriose geht mit Begleitkrankheiten einher

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung