Kritik an schlechten Studiendaten

Wenig dran an Wochenendeffekt in Kliniken?

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Alles braucht etwas länger am Wochenende. Das liegt in Kliniken mitunter am Personalmangel, kritisieren Ärzte.

Alles braucht etwas länger am Wochenende. Das liegt in Kliniken mitunter am Personalmangel, kritisieren Ärzte.

© bounlow-pic / stock.adobe.com

COVENTRY. Britische Forscher zweifeln den Wochenendeffekt an, wonach an Samstagen und Sonntagen die stationäre Versorgungsqualität sinkt. In einer jüngst veröffentlichten Metaanalyse bezeichnen sie die Evidenz als „schwach und inkonsistent“. Die Qualität der ermittelten Effekte auf die Mortalität bewerteten sie als „sehr gering“.

Die Forscher hatten 68 Studien untersucht – allesamt nicht aus Deutschland (BMJ Open 2019; online 4. Juni). In früheren Studien wurde gezeigt, dass die Mortalität an Wochenenden in Kliniken höher ist als unter der Woche. Hierzulande gehen Experten allerdings von einem Wochenendeffekt aus.

Die schlechtere Personalstruktur am Wochenende sei offensichtlich, sagte Professor Anna Slagman von der Charité, an der sie über die notfallmedizinische Versorgung forscht.

Wenn dann an Wochenenden zudem Patienten mit schwerwiegenderen Krankheiten kämen, wie die Forscher der Studie es annehmen, verstärke dies das Problem, so Slagman. „Natürlich besteht die Möglichkeit, dass Patienten am Wochenende vielleicht länger abwarten, bevor sie in die Notaufnahme gehen. Aber gerade vor dem Hintergrund, dass diese Patienten eine schlechtere Prognose haben, müssen wir mit der entsprechenden Versorgung darauf reagieren können.“

Auch Dr. Ruth Hecker, Anästhesistin am Uniklinikum Essen und stellvertretende Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, wies auf Versorgungsdefizite an Samstagen und Sonntagen hin. „Es arbeiten ja vor allen Dingen junge Ärzte am Wochenende, häufig genug stehen die Fachärzte nur als Rufdienst zur Verfügung und es stehen auch weniger OP- und andere diagnostische Ressourcen zur Verfügung.“

Die Politik habe bereits einiges getan, um Personal und Ressourcen zu stärken, der Stand von Wochentagen sei aber nicht erreicht, so Hecker.

Yen-Fu Chen von der University of Warwick und sein Team hatten für ihre Analyse die Daten von 68 Studien zum Wochenendeffekt berücksichtigt. Diese wurden zwischen 2000 und 2017 größtenteils in den USA und Großbritannien durchgeführt. Insgesamt waren darin 640 Millionen Krankenhausaufenthalte an Wochenenden erfasst.

Der Wochenendeffekt bestätigte sich: Die Wahrscheinlichkeit zu sterben lag bei dann aufgenommenen Patienten um 16 Prozent höher als an Werktagen.

Die Daten zeigten aber große Unterschiede abhängig davon, aus welchem Grund die Patienten ins Krankenhaus kamen. So war zum Beispiel für Schwangere kaum ein Wochenendeffekt nachweisbar, bei geplanten Operationen zeigte er sich hingegen sehr stark.

Eine andere Studie, die an der Aston University durchgeführt wurde, zeigt aktuell, dass der Wochenendeffekt nicht bei Patienten auftrat, die mit einem Kreislaufstillstand eingeliefert wurden.

Wochenendeffekt nicht einfach auf Personalmangel reduzierbar

Die Forscher um Chen warnen davor, die höhere Sterblichkeitsrate allein mit schlechterer Versorgung zu erklären. Dagegen spreche zum einen, dass nicht alle Patientengruppen betroffen seien, zum anderem reiche die Datenlage nicht aus. So sei in kaum einer Studie mit untersucht worden, wie viel Personal vor Ort war und mit welchem Gesundheitszustand die Patienten ins Krankenhaus kamen.

„Es werden weniger Patienten am Wochenende in Krankenhaus aufgenommen und ihre Profile unterscheiden sich von denen, die unter der Woche kommen: Sie sind kränker und mehr von ihnen werden intensivmedizinisch behandelt“, so Julian Bion, Co-Autor der Studie. Auch sei es wahrscheinlich, dass komplizierte Operationen öfter für das Wochenende geplant werden, so die Forscher.

Um den Wochenendeffekt zu ergründen und geeignete Maßnahmen dagegen zu ergreifen, müsse auch die Krankheitsgeschichte einbezogen werden, so die Autoren. Zum Beispiel können viele Patienten am Wochenende keinen niedergelassenen Arzt besuchen, bevor sie ins Krankenhaus kommen.

„Die Krankenhaussterblichkeit ist ein Signal, aber es liegt im Dunkeln, wo es genau herkommt, und es ist unwahrscheinlich, dass es ein geeigneter Maßstab für die Versorgungsqualität während des Aufenthalts ist“, so Erstautor Yen-Fu Chen.

Die Forscher möchten mit den Ergebnissen auch Ängste von Patienten entkräften: „Im Endeffekt sollte niemand, der am Wochenende erkrankt, davor zurückschrecken, ins Krankenhaus zu gehen oder das aufschieben“, so Bion. (dpa/nös)

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