Gesundheitstourismus

Waldtherapie als IGeL-Option

In Mecklenburg-Vorpommern eröffnen sich niedergelassenen Haus- und Fachärzten bald neue Möglichkeiten, am Gesundheitstourismus zu partizipieren. Die Idee: waldtherapeutische Angebote.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

Patienten mit COPD, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, orthopädischen oder psychosomatischen Indikationen, aber auch adipöse Kinder will Mecklenburg-Vorpommern mit einem neu strukturierten Gesundheitsangebot künftig stärker anziehen und so das Potenzial des Gesundheitstourismus besser ausschöpfen - unter Einbindung der niedergelassenen Ärzte. "Wir sind das einzige Bundesland, das so zahlreiche Gelegenheiten bietet, die Gesundheitseffekte von Wald- und Meeres- oder Seeluft zu kombinieren" erläutert Marianne Düsterhöft, Geschäftsführerin des Bäderverbandes Mecklenburg-Vorpommern, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Kur- und Heilwälder als Basis

Der Bäderverband hat das Projekt "Entwicklung der natürlichen Ressource Wald zum Kur- und Heilwald zur Nutzung als Therapeutikum und dessen Vermarktung" ins Leben gerufen. Präsentiert wurde die Projektskizze bereits 2012 auf der Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft in Rostock. Nun nimmt die Realisierung konkrete Gestalt an.

Vorreiter ist das Ostseebad Heringsdorf nahe der polnischen Grenze mit seinem Kommunalwald. Die Einbeziehung des Konzeptes Kur- und Heilwald in die medizinischen Angebote der in Heringsdorf tätigen Rehakliniken, Bade- sowie Hausärzte sei dabei ein wichtiger Bestandteil, so Düsterhöft.

Insbesondere im Hinblick auf die Akzeptanz des Seeheilbades bei Ferien- und Kurgästen solle das Angebot die Entscheidung für einen Aufenthalt in der Region positiv beeinflussen. Derzeit werde im Rahmen einer Studie unter der Leitung der Universitätsmedizin Rostock mit den Akteuren aus dem Gesundheitsmarkt abgesteckt, wie waldtherapeutisch akzentuierte Angebote aussehen können und welcher Qualifikation es für die Erbringer bedarf. Dies schließe auch entsprechende Therapie- oder Präventionsangebote auf IGeL-Basis ein.

Konkret kann sich Düsterhöft vorstellen, dass niedergelassene Ärzte zum Beispiel COPD-Patienten individuelle Trainingspläne für den Aufenthalt im Wald ausarbeiten. Das gleiche gelte für orthopädische Indikationen. Hier böten Mecklenburg-Vorpommerns Waldböden unterschiedliche Steigerungen und Beschaffenheiten und somit flexible Übungsmöglichkeiten für Patienten. Auf welcher Basis die Selbstzahlerangebote gegenüber den Patienten abzurechnen sind, muss ebenfalls noch eruiert werden.

Der Arzt und Abrechnungsexperte Dr. Dr. Peter Schlüter sieht hier in vielen Fällen nicht die GOÄ als Grundlage, da damit nicht kostendeckend zu arbeiten sei - vor allem nicht, wenn Ärzte zum Beispiel Tagesseminare für Patientengruppen im Wald anbieten und sie auch leiten.

"Das ist keine rein medizinische Leistung im Sinne der GOÄ. Somit können Ärzte für Seminarteilnehmer Tagessätze berechnen", verdeutlicht Schlüter auf Nachfrage. Orientieren könnten sich die niedergelassenen Ärzte hier an den entsprechenden Tagessätzen etwa von Rehabilitationskliniken. Die GOÄ mit ihren psychosomatischen Ziffern sieht Schlüter hingegen als Basis für Angebote der Burn-out-Prophylaxe und -Therapie im Wald. Auch Düsterhöft sieht großes Potenzial gerade in puncto Burn-out & Co. Hier verweist sie auf Erfahrungen, die japanische Wissenschaftler seit geraumer Zeit mit psychosomatischen Patienten im Wald gemacht hätten.

Wie Forscher der Society of Forest Medicine der Japanese Society for Hygiene herausgefunden haben, haben die im Wald vorkommenden Phytonzide, ätherische Öle, eine gesundheitsfördernde Wirkung. Seit geraumer Zeit boomt nun in Nippon, aber auch in den USA das "Waldbaden" (shinrin yoku), das Eintauchen in die Umgebung Wald.

Zertifizierung zum Waldtherapeuten

Laut Düsterhöft bereitet der Lehrstuhl für Naturheilkunde der Universitätsmedizin Rostock zur wissenschaftlich fundierten Erbringung waldtherapeutischer Angebote im Praxisalltag einen Qualifikationskurs zum Waldtherapeuten vor, der sich auch an Ärzte richte, da alle Waldtherapeuten eine entsprechende Waldexpertise aufweisen müssten. Einen ähnlichen berufsbegleitenden, dreisemestrigen Qualifikationskurs gibt es bereits für die Gartentherapie.

Nach Auskunft der Diplom-Meteorologin Professor Angela Schuh, am Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung (IBE) der Ludwig-Maximilians-Universität München akademische Direktorin und stellvertretende Leiterin des Fachgebietes Medizinische Klimatologie und Versorgungsforschung Kurortmedizin, boomt die Waldmedizin vor allem in Japan und Südkorea. In Europa sei Österreich schon weit. In Deutschland machten sich weitere Bundesländer Gedanken über das Potenzial für den Gesundheitstourismus.

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