E-Health

KBV droht mit Telematik-Stopp

Die KBV-Vertreterversammlung fordert vom Gesundheitsminister eine erneute Fristverlängerung für die E-Card.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Einstimmig nahm die KBV-VV den Antrag des Vorstandes an, die Sanktionen für die Ärzte um ein weiteres halbes Jahr – also bis zum 30. Juni 2019 – auszusetzen.

Einstimmig nahm die KBV-VV den Antrag des Vorstandes an, die Sanktionen für die Ärzte um ein weiteres halbes Jahr – also bis zum 30. Juni 2019 – auszusetzen.

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ERFURT. Solange es keine Einigung mit den Kassen über eine volle Kostenübernahme der Komponenten für die Telematikinfrastruktur (TI) auch über das zweite Quartal 2018 hinaus gibt, erwarten die Vertragsärzte von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass er auch die Sanktionen für die Ärzte aussetzt.

"Ich lehne jedwede Strafandrohung ab, wenn ich die Einhaltung der Frist nicht beeinflussen kann", stellte der KBV-Delegierte Dr. Jens Uwe Wasserberg auf der Vertreterversammlung (VV) in Erfurt klar. Eine Meinung, die die übrigen Delegierten offenbar teilten: Einstimmig nahm die KBV-VV den Antrag des Vorstandes an, die Sanktionen für die Ärzte um ein weiteres halbes Jahr – also bis zum 30. Juni 2019 – auszusetzen.

Denn eigentlich sollten alle Vertragsärzte bis Jahresende an die Datenautobahn im Gesundheitswesen angebunden sein und den Online-Abgleich der Versichertendaten vornehmen, ansonsten droht ihnen eine Kürzung ihres Honorars um ein Prozent.

Doch derzeit seien erst 15.000 Vertragsärzte an die TI angebunden, berichtet KBV-Vorstand Dr. Thomas Kriedel. "Das sind ausnahmslos Kunden des Marktführers für Praxisverwaltungssysteme."

Denn noch fehle ein weiterer Anbieter für den Konnektor, das Herzstück der Vernetzung. Und weil eben jener fehlt, stelle sich auch nicht der angekündigte Degressionseffekt bei den Preisen ein, monierte die VV-Vorsitzende Dr. Petra Reis-Berkowicz. "Die Datenautobahn ist aktuell nur eine Einbahnstraße in Richtung Kassen", sagte sie.

Schnelle Einigung erwartet

Kriedel erwartet vom GKV-Spitzenverband daher eine schnelle Einigung über die Finanzierung. Denn ab dem dritten Quartal sinkt die Erstattungspauschale, die die Praxen erhalten.

Laut Kriedel würden die Ärzte dann auf rund 1200 Euro der Anschaffungskosten sitzen bleiben. "Mein Standpunkt ist klar: Unsere Mitglieder dürfen keine finanziellen Nachteile haben", so der KBV-Vorstand.

Das Gesetz sage ausdrücklich, "dass den Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeuten die Kosten für die TI-Ausstattung von den Kassen zu ersetzen sind".

Sollten die Kassen nicht mitziehen, könnte es ab Juli einen Rollout-Stopp geben, kündigte er an. Das sei kein Boykott, aber niemand könne von den Ärzten erwarten, dass sie sich auf einen solchen Balanceakt einließen.

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Veröffentlicht: 08.05.2018 © Springer Medizin

Auch zur elektronischen Patientenakte (ePA) bezog die KBV Stellung. Eine neue unabhängige Institution fern der gematik, wie es etwa der AOK-Chef Martin Litsch gefordert hat, will die KBV nicht.

Die ePA sollte sich zudem ganz klar von den Gesundheitsakten, die die Kassen derzeit entwickeln, absetzen. Die gematik müsse die Spezifikationen liefern - wenn sie sich darauf konzentriere, könnte sie dies nach der Einschätzung Kriedels binnen eines Jahres auch schaffen.

Mit einer funktionsfähigen ePA könnte dann, so wie Gesundheitsminister Spahn das vorsehe, tatsächlich noch in dieser Legislatur gerechnet werden, berichtete Kriedel. Vorausgesetzt, dass die Umsetzung der Funktionen an die Selbstverwaltung - also die KBV – abgegeben wird. "Wir sind da schneller", war sich Kriedel sicher.

Die inhaltliche Gestaltung solle allerdings gemeinsam mit den Partnern der Selbstverwaltung aufgesetzt werden, das will die KBV etwa über den Bundesmantelvertrag regeln. Neben dem Start mit dem E-Arztbrief, Labordaten und ähnlichem könnten so dann zügig das elektronische Entlassmanagement oder der elektronische Impfpass folgen.

"Wir wollen hier direkt mit dem GKV-Spitzenverband verhandeln", verdeutlichte Kriedel. Dafür müsse die Politik der KBV aber die nötigen Instrumente an die Hand geben.

Schnittstelle für leichteren Software-Wechsel

Die KBV will es den Praxen zudem künftig erleichtern, ihre Verordnungssoftware zu wechseln: Die Vertreterversammlung hat dazu grünes Licht für eine neue Schnittstelle gegeben. Diese geht zurück auf den Dissenz mit manchem Softwarehaus bei der Einführung des bundeseinheitlichen Medikationsplans (BMP).

Denn einzelne Anbieter hatten hierfür zusätzliche Gebühren von ihren Nutzern verlangt, das war nicht nur Ärzten, sondern auch der KBV bitter aufgestoßen. Mit der neuen Schnittstelle soll der Medikationsplan auch über eine unabhängige Verordnungssoftware erstellt werden können, die aber durchaus mit der Praxissoftware interagiert.

Keinen VV-Beschluss, aber Redebedarf wird es laut KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister zudem bei der Neuordnung der Bedarfsplanung geben: Eine kleinräumige Bedarfsplanung, so wie im Koalitionsvertrag von Union und SPD vorgesehen, schaffe immer noch keine Ärzte und Therapeuten "in der Zahl, die man sich offenbar wünscht".

Hofmeister: "Erst einmal sollten wir uns darüber verständigen, was denn überhaupt der gewünschte Bedarf ist." Am ungesteuerten Bedürfnis werde sich die Versorgung auf Dauer jedenfalls nicht orientieren können, sagte er.

"Es gibt für die Bedarfsplanung keine Weltformel", mahnte er in Richtung Politik. Es gehe hier immer nur um eine Annäherung. (reh)

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