Hybrid-DRG

Nicht nur unterschiedliche Preise verzerren sektorübergreifenden Vergütung

Gesundheitsökonom Greiner hält mehr Faktoren bei Hybrid-DRG für beachtenswert als Geld. Die Kliniken wollten sich durch neuen Sektor gesundstoßen, kritisierte KV-Chef Spelmeyer beim Medica Econ Forum.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Der Koalitionsvertrag der Ampel sieht die Einführung von Hybrid-DRG vor, um die Ambulantisierung bislang unnötig stationär erbrachter Leistungen zu fördern.

Der Koalitionsvertrag der Ampel sieht die Einführung von Hybrid-DRG vor, um die Ambulantisierung bislang unnötig stationär erbrachter Leistungen zu fördern.

© shahrilkhmd / stock.adobe.com

Düsseldorf. Die Diskussion über die Einführung von Hybrid-DRG als neue Form der sektorübergreifenden Vergütung sollte nicht nur auf die Bewertung der jeweiligen Leistungen abzielen, findet der Gesundheitsökonom Professor Wolfgang Greiner von der Universität Bielefeld. „Unterschiedliche Rahmenbedingungen können verzerrender sein als der unterschiedliche Preis“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Gesundheits-Sachverständigenrates beim Medica Econ Forum der Techniker Krankenkasse in Düsseldorf.

Greiner skizzierte die Bereiche, in denen er neben der Vergütung einheitliche Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung von Hybrid-DRG für notwendig hält. Dazu gehören die Definition der Leistungen, die Qualitätssicherung, die Gleichheit bei veranlassten Leistungen, gleiche Abschlussmöglichkeiten von Selektivverträgen und eine gemeinsame Bedarfsplanung.

Der Koalitionsvertrag sieht die Einführung von Hybrid-DRG vor, um die Ambulantisierung bislang unnötig stationär erbrachter Leistungen zu fördern. „Wenn man Patienten nicht über mehrere Nächste im Krankenhaus behalten muss, dann sollte man es auch nicht tun“, sagte Greiner.

Auch Nachteile für Patienten bei Ambulantisierung

Man dürfe neben den Vorteilen einer Ambulantisierung für die Patienten aber auch die Nachteile nicht aus den Augen verlieren. Er nannte eine potenziell schlechtere Nachsorge, vor allem wenn nach einer Operation Komplikationen auftreten, die eine schnelle Reaktion erfordern.

Bei den Hybrid-DRG liegt für Greiner eine zentrale Frage darin, auf welchem Kostenniveau sie angesiedelt werden sollen. Geht man von der stationären Vergütung aus oder von der ambulanten? Sein Vorschlag: „Wenn es eine vor allem krankenhausbasierte Leistung ist, wird man sich an der dortigen Vergütung orientieren, dann verschiebt sich das langsam in den ambulanten Bereich.“

Dr. Dirk Spelmeyer, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) begrüßte die Schaffung einer neuen Vergütungsform. „Wir sind so zubetoniert in unseren Bereichen.“ Wenn sich das nicht ändert, wird sich das Gesundheitssystem in den kommenden Jahren nicht weiterentwickeln, prognostizierte er. Deshalb müsse man aufeinander zugehen.

Ambulanter Bereich für Neuerung prädestiniert

Spelmeyer selbst suchte allerdings eher die Konfrontation mit dem stationären Sektor. Der ambulante Bereich ist seiner Einschätzung nach für die Neuerung prädestiniert, weil er kostengünstig Qualität abliefert. „Ich habe den Eindruck, die Krankenhäuser wollen sich durch den neuen Sektor gesundstoßen“, sagte er. Der ambulante Bereich sei flexibel genug, um die Patienten zu übernehmen, die nicht stationär versorgt werden müssten.

Es gehe bei der Ambulantisierung nicht um ambulante Patienten, sondern um stationäre Patienten, denen künftig eine ambulante Behandlung angeboten werden soll, entgegnete der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß. Gerade angesichts des Ärztemangels mache es keinen Sinn, neben einem Krankenhaus einen „hochgerüsteten ambulanten OP-Bereich“ aufzubauen. Er warb dafür, Fachkräfte über die Sektorengrenzen hinweg einzusetzen. „Wenn wir es nicht hinbekommen, ein Stück weit zusammenzuarbeiten, werden wir ein neues Wettbewerbsfeld aufmachen, unter dem die Krankenhaus-Versorgung deutlich in die Knie gehen wird“, warnte Gaß.

Warnung vor übertriebenen Erwartungen

Stefanie Stoff-Ahnis vom Vorstand des GKV-Spitzenverbands warnte die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte vor übertriebenen Erwartungen. „Es wird sich nicht ab morgen ein Bereich im ambulanten Sektor öffnen, der das auf Knopfdruck anbieten kann, was aus dem stationären Sektor kommt“, sagte sie.

Der Koalitionsvertrag zielt nach ihrer Einschätzung nicht ohne Grund auf die Ambulantisierung. Es gehe um eine bedarfsgerechte Versorgung und ein effizienteres System, erläuterte Stoff-Ahnis. „Es fehlt das Geld, es fehlt das Personal, die Patienten gehen nicht mehr ins Krankenhaus.“

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