Ärztetag
Sektorengrenzen müssen endlich fallen
Die Delegierten des Deutschen Ärztetages sehen dringenden Nachbesserungsbedarf bei der psychotherapeutischen Versorgung. Neben integrierten Modellen fordern sie auch eine bessere Finanzierung.
Veröffentlicht:ERFURT. Als zu fragmentiert bezeichnete Dr. Max Kaplan, Vize-Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) die Psychotherapie. "Wir brauchen eine integrierte, sektorübergreifende Versorgung", stellte er am Mittwoch auf dem Deutschen Ärztetag in Erfurt klar. Kurz zuvor hatten die Delegierten mit großer Mehrheit die Politik und die Selbstverwaltung dazu aufgefordert, die psychotherapeutische Versorgung genau in diese Richtung zu führen. Aber eben auch eine leistungsgerechte Finanzierung im ambulanten Bereich umzusetzen.
Ein Psychiater in der Niederlassung komme im Schnitt auf einen Fallwert von 65 bis 85 Euro, sagte Gastrednerin Dr. Iris Hauth, Ärztliche Direktorin und Chefärztin der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Alexianer St. Joseph Krankenhaus Berlin Weißensee. Für 65 Euro sei eine aufwendige sprechende Medizin nicht leistbar. "So stellen sich Nachwuchsmediziner das Leben in der Niederlassung nicht vor", mahnte sie.
Mehrere Redner forderten in Richtung Politik ebenfalls, das Versprechen, die sprechende Medizin aufzuwerten, auch umzusetzen. Zumal die psychotherapeutische Versorgung zu einem nicht unerheblichen Teil auf den Grundversorgern, gerade auch den Hausärzten fußt. Im derzeitigen Stufenmodell gebe es rund 10.000 psychotherapeutische Fachärzte, rund 18.000 Kollegen mit psychotherapeutischer Zusatzbezeichnung und eben die große Gruppe der "patientennahen Fächer mit psychosomatischer Grundversorgung", berichtete Kaplan.
"Fast ein Drittel der Patienten mit schwerer Depression werden ausschließlich hausärztlich versorgt", sagte Gastredner Professor Jochen Gensichen, Leiter des Institutes für Allgemeinmedizin an derMedizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Psychische Erkrankungen gehen alle Hausärzte an", mahnte er, selbst wenn die Praxis sich schwerpunktmäßig anderswo verorte. Allein deshalb, weil viele psychische Erkrankungen Komorbidität zu anderen Erkrankungen seien.
Gensichen plädierte zugunsten einer besseren Versorgung daher auch für ein Case-Management, das die MFA mit einbezieht. Dass dies wirkt, hat er gemeinsam mit Kollegen für Patienten mit Depression in der PRoMPT-Studie nachgewiesen. Gensichen: "Sie sparen etwa einen Monat an AU-Tagen.
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