Gesundheitskongress des Westens
Spahn sieht kein schnelles Ende der DRG
Bitte keine „Wolkenschieberei“: Gesundheitsreformen müssen einen Unterschied in der Versorgung machen, sagt Minister Spahn. Deshalb sieht er derzeit auch keine Alternative zu den DRG. Er macht sich aber Sorgen um die Zukunft der medizinischen Versorgung.
Veröffentlicht:Köln. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren durch ihre Reformen die Grundlagen für eine bessere Versorgung in den 2020er Jahren geschaffen, findet Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Wir haben einen Weg begonnen, der fortgeführt gehört“, sagte er am Dienstag auf dem „Gesundheitskongress des Westens 2021“ in Köln. Das habe auch die Pandemie gezeigt. Gleichzeitig machte Spahn deutlich, dass er auch in Zukunft gerne „so oder so“ an diesen Themen weiterarbeiten würde.
Die Digitalisierung wird ihre positive Wirkung erst noch entfalten, ist der Minister überzeugt. Er nannte als Beispiel die elektronische Patientenakte, die sich noch in der Umsetzung befindet. In zwölf oder 24 Monaten wird sie schon nicht mehr wegzudenken sein, erwartet er. „In den 20er Jahren wird sie so sehr die Behandlung verändern, wie es sich manche jetzt nicht vorstellen können oder auch nicht mögen.“
Wichtige Weichenstellungen in der Pflege
Als weitere wichtige Weichenstellung für dieses Jahrzehnt sieht er die Förderung der Pflegeausbildung und die Ausgliederung der Pflege aus den diagnosebezogenen Fallpauschalen im Krankenhaus, den DRG. Auch diese Maßnahmen werden seiner Meinung nach langfristig wirken.
Gesundheitskongress des Westens
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Grundsätzlich müssen für ihn Gesetze und andere Vorhaben, die die Politik anstößt, einen Unterschied für die Versorgung machen. Es dürfe sich nicht nur um „Wolkenschieberei“ handeln. Direkte Auswirkung auf die Versorgung hat seiner Meinung nach die Einrichtung der Terminservicestellen (TSS), die mit dem TSVG eingeführt wurden. Wenn sich jemand heutzutage bei ihm beklagen würde, dass er keinen Termin beim Arzt bekomme, könne er ihn auf die 116 117 verweisen, sagte er. „Das ist eine sehr konkrete Lösung für die Menschen.“
Das Motto des Gesundheitskongresses „Gesundheitssystem am Limit – wie sieht der Weg in die Zukunft aus?“ hält Spahn nicht für ganz optimal. „Unser Gesundheitssystem hat gezeigt, was es kann, wie innovativ wir sind.“ Es sei deutlich geworden, dass Deutschland eines der stärksten Gesundheitssysteme der Welt habe, betonte er – stärker als das privatwirtschaftlich ausgerichtete System der USA und das staatliche in Großbritannien. „Ich sehe jeden Tag, wo wir an Grenzen kommen, aber ich möchte, dass wir mit gewisser Zuversicht und Stolz auf das Erreichte in die Zukunft gehen.“
Spahn: „Ich sehe wenige Ideen, was folgen soll“
An ein schnelles Ende der DRG zur Finanzierung der Krankenhäuser glaubt der CDU-Politiker nicht. Wer das fordere, solle erst einmal Alternativen aufzeigen. „Ich sehe wenige Ideen, was folgen soll“, kritisierte er.
Eine Änderung der Finanzierung muss seiner Ansicht nach einhergehen mit einer Änderung der Strukturen. „Eine Voraussetzung für ein anderes Finanzierungssystem, bei dem nicht das Geld der Leistung folgt, ist eine bedarfsgerechte Struktur. Die haben wir nicht.“
Zur Verdeutlichung verwies er auf die Feuerwehr, die von DRG-Kritikern gern als Beispiel dafür genannt wird, dass Vorhaltekosten unabhängig von den erbrachten Leistungen finanziert werden müssen. „Ich habe noch nie zwei Feuerwehrwachen nebeneinander gesehen“, sagte Spahn. Bei der Feuerwehr sei ganz klar, wer in welchem Fall was macht. „Das habe ich in der Krankenhauslandschaft nicht.“
Erst die Pandemie habe zwei große Krankenhäuser wie Vivantes und die Charité in Berlin dazu gebracht, zusammenzuarbeiten und sich abzusprechen. Auch in anderen Versorgungsregionen sei das gelungen.
Kliniken müssen aus dem Hamsterrad raus
Nach Überzeugung Spahns muss geklärt sein, wer welche Leistung erbringt, bevor das DRG-System verlassen werden kann. Eigentlich müssten die beiden Prozesse parallel laufen, korrigierte er sich. Die Grund- und Regelversorgung müsse besser finanziert werden, damit die Krankenhäuser nicht mehr „ins Hamsterrad“ müssten. „Ich möchte in diesem Land nicht mehr, dass ein Krankenhaus zehn Prostata-Operationen im Jahr macht“, machte der Minister deutlich.
Er plädierte für ein ausgewogenes Miteinander von zentralen Vorgaben und föderaler Ausgestaltung. Die Ziele und die Maßstäbe müssten einheitlich sein, sagte Spahn. In der Pandemie habe das bei den Zielen zugetroffen, aber bei den Maßstäben nicht. „Wir haben zwischendurch nicht nur Glanzstunden des föderalen Miteinanders erlebt.“
Die Zusammenarbeit in der Pandemie sorgt bei Spahn aber auch für einen gewissen Optimismus. „Ich habe die Hoffnung, dass wir aus den Erfahrungen den Geist des Vertrauens und des Miteinanders mitnehmen und dass daraus Reformen entstehen können.“