Montgomery auf dem Ärztetag
"Wo Arzt drauf steht, muss auch Arzt drin sein!"
Die fachliche Qualifikation von Ärzten aus Drittstaaten muss aus Sicht von BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery nach einheitlichen Standards überprüft werden. Die "Ärzte Zeitung" dokumentiert Auszüge aus seiner Ärztetags-Eröffnungsrede, die uns vorab vorgelegen hat.
Veröffentlicht:Gesundheit und Pflege – das sind die großen Themen, die, wenn sie vernünftig geregelt sind, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft abbilden.
Daseinsvorsorge in diesem Bereich betrifft alle Menschen in unserem Land, nicht nur die knapp 5 Millionen Beschäftigten im Gesundheitswesen. Ich nenne diese Zahl bewusst, um einmal darauf hinzuweisen, dass wir nicht nur den sozialen Kitt unserer Gesellschaft darstellen, sondern auch den größten Beschäftigungssektor unseres Landes.
Die Menschen sind im Übrigen – allen Unkenrufen zum Trotz – recht zufrieden mit diesem System.
Untersuchungen belegen, dass 85 Prozent der Bürger unserem System die Noten "gut" oder "sehr gut" geben. Und in einer Umfrage für das "Hamburger Abendblatt", in der die Bürger befragt wurden, welche Themen die neue Bundesregierung vorrangig anpacken solle, hat es "Gesundheit" nicht einmal unter die ersten 12 geschafft! Rente, Ausländer, Dieselskandal waren den Menschen wichtiger als Veränderungen am Gesundheitssystem.
"Helden der Arbeit"
Das ist ein Erfolg von Selbstverwaltung und staatlichem Handeln, ein Erfolg den wir uns nicht kleinreden lassen dürfen, den es aber auch zu verteidigen gilt! Daraus ergibt sich ein natürliches Spannungsfeld, zumal, wenn die Welt im Wandel ist (...)
Lieber Herr Minister Spahn, ich freue mich, dass Sie die alte Tradition fortsetzen und wie alle Ihre Vorgänger im Anschluss an meine Rede zu uns sprechen werden. (...) Ich bin recht sicher, dass wir im Interesse der Sache gut zusammenarbeiten werden. Natürlich gibt es dabei Trennendes, aber auch sehr vieles, das wir alle gemeinsam bewegen können.
Kommen wir zum Koalitionsvertrag: Lassen Sie mich an dieser Stelle Zweifel anmelden, ob die im Bereich ärztlicher Selbstverwaltung geplanten Maßnahmen wirklich zielführend sind. Die vorgesehene Erhöhung der Pflichtsprechstundenzahl erscheint mir angesichts der hohen Arbeitslast der meisten Vertragsärzte eher stimmungs- als "weltverändernd". Sie selbst haben in Ihrer ersten Regierungserklärung die Mitarbeiter im Gesundheitswesen "Helden des Alltags" genannt.
Damit haben Sie Recht. Aber Helden sollte man auch als solche behandeln! Es herrscht ja nach wie vor in unserer Gesellschaft eine große Diskrepanz zwischen dem gefühlten Problem, einen Termin beim Arzt zu bekommen und der Realität der wirklich Kranken. Wenn die Politik hier steuernd eingreifen will, und ich denke hier vor allem an die Notfallversorgung, sollte sie sich zumindest fragen, ob sie ausschließlich beim Arzt ansetzen sollte – da habe ich meine Zweifel.
Länder sind in der Pflicht
Patientensteuerung heißt auch: Man muss die Patienten steuern, damit das knapp gewordene Gut "Arztstunde" denen zugutekommt, die es wirklich benötigen. Da sind Sachverstand und Ideen gefordert. (...)
Arztstunden, ja Ärzte insgesamt sind knapp geworden. Das ist eine Tatsache. Wir fordern deswegen die Einrichtung weiterer Studienplätze. Hier sind die Länder in der Pflicht, nicht der Bund. Es kann aber kein Ausweg sein, jetzt zunehmend Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland, vor allem aus "Drittstaaten" außerhalb der EU zu holen. (...)
Wenn wirklich, wie unlängst bei einer parlamentarischen Anfrage im Bundestag herausgekommen – 75 Prozent aller Berufserlaubnisse und Approbationen allein auf der Grundlage der vorgelegten Zeugnisse und einer kurzen Kenntnisprüfung erfolgen, dann beschleichen uns schon Zweifel.
Wo Arzt drauf steht, muss auch Arzt drin sein! Das gebietet der Patientenschutz. Und deswegen werden wir auf diesem Ärztetag die Forderung diskutieren, dass alle Ärztinnen und Ärzte aus Drittstaaten auch bei uns ein Staatsexamen ablegen müssen. Nochmals: diese Kollegen sind uns sehr willkommen, aber der Patientenschutz gebietet Qualitätsnachweise zum Kenntnisstand!
Zur Bund-Länder-Kommission aus dem Koalitionsvertrag, die sich mit vielen originären Fragen der Selbstverwaltung befassen soll, möchte ich nur anregen, nicht auf den Sachverstand der Fachleute aus dem Gesundheitswesen zu verzichten. (...)
Der Koalitionsvertrag hat sich Freiberuflichkeit im Gesundheitswesen auf die Fahnen geschrieben. Das ist auch gut so. Aber man muss dann auch die Freiberufler ausreichend beteiligen. Freiberuflichkeit stirbt, wenn sie staatlich überreguliert wird!
Kommen wir zu einer weiteren "weltverändernden" Kommission. Ich meine die zur Erarbeitung von Vorschlägen zu einem "modernen Vergütungssystem". Die Koalition rennt natürlich offene Türen bei uns Ärzten ein, wenn sie in ihrem Vertrag fest-stellt: "Sowohl der EBM als auch die GOÄ müssen reformiert werden."
Echo auf Ärztetags-Beschlüsse
Insbesondere bezogen auf die GOÄ klingt dies wie ein Echo auf die Beschlüsse Deutscher Ärztetage. Und nicht umsonst hat die Bundesärztekammer hier ja selbst das Heft des Handelns in die Hand genommen, weil nach dreißig Jahren Stillstand in der GOÄ nun wahrlich niemand mehr behaupten kann, sie bedürfe keiner Reform. Und wir sind ja auch weit gekommen.
Dank der Arbeit des GOÄ-Ausschusses und vor allem von Klaus Reinhardt, haben wir inzwischen eine mit den ärztlichen Verbänden und der PKV weitgehend konsentierte GOÄ fertig-gestellt. Diese bedarf keiner wissenschaftlichen Begleitung oder gar eines Moratoriums bis 2019. Die könnte man jetzt wirklich bald umsetzen.
Und das ist natürlich auch unsere Forderung! Daher halte ich es für fatal, dieses Thema allein der Wissenschaft zu überlassen. Nach all der Vorarbeit, die wir (BÄK) für die GOÄ und die KBV für den EBM geleistet haben, fordern wir daher eine substanzielle Beteiligung an dieser Kommission durch von uns benannte Sachverständige aus Medizin, Ökonomie, Recht und Selbstverwaltung ein.
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