Kassenärztliche Bundesvereinigung
KBV zur Laborreform: Erst evaluieren, dann vielleicht nachbessern
Gegen die Kritik von Seiten vieler Akteure in der Labordiagnostik und darüber hinaus will die KBV an den Beschlüssen des Bewertungsausschusses zum Labor festhalten. Durch das neue System werde vor allem die Transparenz erhöht, heißt es auf Anfrage.
Veröffentlicht:Proteste der Laborverbände und Diagnostika-Industrie? Krisensitzungen wegen drohender Honorarverluste? Vorwürfe, die KBV handele nicht im Interesse der Vertragsärztinnen und -ärzte? Alles kein Grund, kurz vor Inkrafttreten der Beschlüsse zur Laborreform 2025 doch noch etwas zu ändern, sagt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV).
Auf Anfrage der Ärzte Zeitung, ob es zu den Beschlüssen des Bewertungsausschusses vom April noch Nachverhandlungen geben werde, heißt es von der Körperschaft, „die Auswirkungen der Beschlüsse werden wir nach deren Inkrafttreten evaluieren. Dann werden wir sehen, ob sich ein Nachbesserungsbedarf ergibt.“
Derzeit würden die Aufwände für Transport, Entnahmematerial und elektronische Auftragsübermittlung in der In-vitro-Diagnostik „aus den technischen Leistungen intransparent finanziert“, begründet die KBV das Gesamtpaket. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, Kostenpauschalen für Transport, für Entnahmematerial und für elektronische Auftragsübermittlung in den EBM aufzunehmen. Das stelle die zwingend notwendige Rechtssicherheit für Vertragsärzte her, da das Strafrecht bei Zuweisung gegen Entgelt sowohl Veranlasser als auch Leistungserbringer gleichermaßen betreffe.
Konflikt mit Anti-Korruptionsparagrafen?
Die KBV spielt damit auf die Anti-Korruptionsparagrafen im Strafgesetzbuch (Paragraf 299 und 299a) an. Die neuen Kostenpauschalen stellten nun ab dem 1. Januar 2025 Transparenz und Rechtssicherheit her, weil diese Leistungen nun im EBM vergütet würden. Das sei auch eine Forderung des Akkreditierte Labore in der Medizin e.V. (ALM) gewesen. Darüber hinaus würden auch die Bewertungen der Laborgrundpauschalen im Kapitel 12 EBM erhöht.
Ziel dieser Umstrukturierung sei es allerdings gewesen, diese „leistungsbedarfsneutral“ zu finanzieren. Für die Gegenfinanzierung seien daher vor allem „Leistungen mit erheblicher Mengendynamik und technologischen Fortschritten“ (zum Beispiel Bestimmungen von Vitamin D, Vitamin D3, Blutgasanalyse, Lactat, massenspektrometrische Analysen und Durchführung von immunhistochemischen Verfahren) angepasst worden.
Die Laborverbände befürchten, durch die Abwertung der Honorare für die Analyseleistungen könnte es einen Mengeneffekt geben, weil von Zuweisern mehr Leistungen angefordert werden können, bevor der Wirtschaftlichkeitsbonus sinkt. Dennoch soll der Bonus vorerst unverändert bleiben. Eine Anpassung werde geprüft, aber nicht vor dem 1. Januar 2025 erfolgen, heißt es von der KBV.
KVen sollen Entwicklung genau beobachten
Auch die Verlagerung von Leistungen von Eigenerbringern ins Labor könnte einen Mengeneffekt bringen. Deshalb seien die KVen verpflichtet worden, die Entwicklung zu beobachten. Im Falle von Leistungsverlagerungen „wird die KBV entsprechende Vorgaben zur Verlagerung von Finanzmitteln“ machen, schreibt die KBV auf Anfrage.
Allerdings würden die Point-of-Care-Leistungen im EBM „nur dann „entsprechend in ihrer Bewertung angepasst“, wenn „Wirtschaftlichkeitsreserven bekannt waren oder eine Kompensation durch die neuen Kostenpauschalen vorliegt“. Denn Praxen könnten auch „für Behandlungsfälle im sogenannten Eigenlabor“ mit speziellen Laboruntersuchungen „zukünftig die Materialkostenpauschale nach der Gebührenordnungsposition GOP 40090“ abrechnen. Die GOP ist mit 95 Cent bewertet. Zusätzlich „können Eigenerbringer Transportkosten, Entnahmematerial und die Bereitstellung einer elektronischen Auftragserteilung bei praxisübergreifender Veranlassung abrechnen“, erläutert die KBV, also ähnlich wie die Fachlabore.
Auf Anfrage bestätigt die KBV, dass die Quotierung für Laborleistungen verschärft werden soll. „Die Mindestquote für die Vergütung der Laborparameter soll von 89 Prozent auf 85 Prozent gesenkt werden“, heißt es.
Quotierung für Laborärzte soll weiter sinken
Die KBV begründet diese Vorgabe zur Honorarverteilung in den KVen damit, dass die Leistungsmengen im Bereich Labor seit Jahren stark anstiegen. Bei einer konstanten Mindestquote wachse damit der Finanzbedarf für die Vergütung der Laborärzte überproportional. Dieser wachsende Finanzbedarf sei „wesentlich durch die Fachärzte des jeweiligen KV-Bezirks zu finanzieren“. Die Auszahlungsquote für die Laborärzte sei jedoch in einigen KV-Bezirken sogar höher als die der Fachärzte, die diese Mindestquote stützten. Sprich, die Budgetierung der Fachärzte wirkt stärker als im Labor.
Die KVen würden „sich bemühen, die neu geschaffenen Sachkostenpauschalen für Transport, Entnahmematerial und Order-Entry-System zu 100 Prozent zu vergüten“. Zusätzlich würden auch die Laborgrundpauschalen, die im Grundbetrag der Fachärzte verortet sind, im EBM höher bewertet und erforderten zusätzliche Finanzmittel aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich.
Dass sie sich mit der Reform auf dünnem Eis bewegt, weiß offenbar auch die KBV: „Die Auswirkungen aller Aspekte dieser Reform sind a priori nicht exakt quantifizierbar. Aus diesem Grunde wird es eine engmaschige Beobachtung der Auswirkungen geben“, verspricht sie.
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Sonderveröffentlichung in Kooperation mit den Akkreditierten Laboren in der Medizin ALM e.V.
Das Konzept ist in Absprache entwickelt worden, auf die Beiträge hatte ALM e.V. keinen Zugriff.