10 Minuten täglich an die Sonne - im Winter Vitamin D
Vitamin D im Blut ist heute Mangelware. Darunter leiden nicht nur die Knochen, sondern zahlreiche Krankheiten werden begünstigt. Dabei wäre schadensbegrenzende Abhilfe leicht.
Veröffentlicht:MÜNCHEN. Die Bedeutung einer ausreichenden Vitamin-D-Versorgung wurde lange Zeit unterschätzt. In den vergangenen Jahren häufen sich jedoch Veröffentlichungen in medizinischen und wissenschaftlichen Journalen, die auf die eklatante Minderversorgung mit dem Vitamin, das eigentlich ein Hormon ist, und die Folgen für unsere Gesundheit hinweisen. Das hat der Ernährungsforscher Dr. Nicolai Worm bei einer Veranstaltung in München betont.
Bis zu 90 Prozent haben einen Mangel an Vitamin D
Gemäß einer zwischen 2005 und 2008 vorgenommenen repräsentativen epidemiologischen Studie des Max-Rubner-Instituts in Karlsruhe hatten im Jahresdurchschnitt knapp 60 Prozent der untersuchten Männer und Frauen im Alter von 18 bis 79 Jahren 25-Hydroxy-Vitamin-D (25VitD)-Spiegel unterhalb des offiziell als kritisch erachteten Schwellenwertes von 20 ng/ml im Blut. Legt man den inzwischen von vielen Experten präferierten neuen Schwellenwert von 30 ng/ml für diese Speicherform des Vitamin D zugrunde, bestünde demnach wohl bei rund 90 Prozent der Bevölkerung ein interventionsbedürftiger Mangelzustand, betonte Worm bei der vom Unternehmen Sandoz unterstützten Veranstaltung.
Schon jetzt sind mehr als hundert Gene in über 30 Organen und Geweben bekannt, die physiologisch durch Vitamin D aktiviert werden. Entsprechend weitreichend seien die potenziellen Folgen eines Vitamin-D-Mangels, so der Münchener Wissenschaftler. Epidemiologische Untersuchungen und teilweise auch schon erste Interventionsstudien verweisen auf einen deutlichen Zusammenhang zwischen zu wenig Vitamin D im Blut und einer ständig länger werdenden Liste von Erkrankungen wie Osteoporose, Muskelschwäche, Herzinfarkt, Malignome, Diabetes, Rheuma, Infektanfälligkeit, Depressionen, Morbus Alzheimer, Parkinson-Krankheit und Multiple Sklerose.
Leben in Innenräumen führt zu einem Vitamin-D-Mangel
Schuld am Mangel ist die moderne Lebensweise überwiegend in Innenräumen. Wir sind schlichtweg zu wenig an der Sonne, um die UV-indizierte endogene Vitamin-D-Synthese in der Haut ausreichend zu stimulieren. Experten empfehlen daher Büromenschen als im Sommer ausreichende Maßnahme, die Mittagspause konsequent auch dazu zu nutzen, um an möglichst vielen Sonnentagen für 10 bis 30 Minuten ins Freie oder auch nur ans offene Fenster zu gehen, um wenigstens Gesicht, Hals und Hände der Sonne auszusetzen. UV-filternde Sonnenschutzmittel seien dabei kontraproduktiv und auch aus dermatologischer Sicht für diese kurze Expositionszeit völlig unnötig, sagte Worm.
Von Mitte Oktober bis Mitte März sind in unseren Breiten selbst zur Mittagszeit die Einfallswinkel der Sonnenstrahlen zu flach, um eine nennenswerte Vitamin D-Synthese zu stimulieren. Unsere übliche Ernährung kann dies nicht kompensieren, außer man äße täglich fetten Wildfisch. Wer deshalb in den Sommermonaten nicht genügend Vitamin-D-Reserven aufgebaut hat, um auch die längste Zeit des Winters mit 25VitD-Blutspiegeln von über 20 bis 30 ng/ml zu überstehen, ist eigentlich auf eine Ergänzung angewiesen. Worm rät zur Prävention eines winterlichen Vitamin-D-Mangels bei gesunden Erwachsenen zu Einnahmedosen von täglich 800 bis 2000 I.E. Vitamin D3. Die Langzeitverträglichkeit entsprechend hoher Dosen sei erwiesen. Bei Ausgangswerten von deutlich unter 30 ng/ml 25VitD im Blut kämen auch acht- bis zwölfwöchige Stoßtherapien mit wöchentlich bis zu 50 000 I .E. Vitamin D2 infrage. Die Verordnung und Überwachung der Einnahme einschließlich wiederholter Vitamin- D-Spiegelmessungen sollten dabei in der Hand eines Arztes liegen (IGeL-Leistung). Um das aktuelle Wissen zu Vitamin D und seinem gesundheitsförderlichen Potenzial in eine breite Öffentlichkeit zu tragen, hat Worm ein laienverständliches Buch geschrieben, das aber auch vielen Ärzten Neues und Diskussionswürdiges zum Thema Vitamin D bieten dürfte.
Nicolai Worm: Heilkraft D - Wie das Sonnenvitamin vor Herzinfarkt, Krebs und anderen Zivilisationskrankheiten schützt, Systemed Verlag 2009, 15,95 Euro.