Verhaltene Nachfrage
Ärger zu Beginn der Impfsaison: Hessische Hausärzte sehen Verbesserungspotenzial
Corona, Grippe, RSV - wenn der Herbst beginnt, lassen sich viele Menschen immunisieren. In diesem Jahr ruckelt es dabei gewaltig. In Hessen ist bei einer Impfung die Nachfrage besonders gering.
Veröffentlicht:Hofheim/Bad Homburg. Die hessischen Hausärzte haben mit den Schutzimpfungen für Herbst und Winter begonnen - sehen aber Verbesserungspotenzial bei Angebot und bei Logistik. Die Nachfrage nach Corona-Impfungen sei sehr verhalten, sagte der Vorsitzende des Hausärzteverbands Hessen, Christian Sommerbrodt, der dpa.
Die Auffrischungsimpfungen für Corona und Influenza seien bereits im September gestartet. „Leider gibt es immer noch keine Kombiimpfung“, bemängelt Sommerbrodt. Auch dass Ärzte den Biontech-Impfstoff gegen Covid-19 immer noch in Mehrdosisbehältern kaufen müssen, ärgert die Hausärzte. Dadurch müssen jeweils sechs Dosen gemeinsam verarbeitet werden, was die Terminvergabe erschwert.
Fehlende Impfvereinbarung
Dritter Punkt: Es gibt den hessischen Hausärzten zufolge aktuell noch keine Impfvereinbarung zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder und den gesetzlichen Krankenkassen. Ohne sie können die Ärzte nicht mit den Kassen direkt abrechnen. Patienten müssen Geld vorschießen
„Die Impfvereinbarung zu den Corona-Impfungen wurde letztes Jahr in den meisten Bundesländern nur für ein Jahr geschlossen, weil man letztes Jahr noch davon ausging, dass es dieses Jahr eine Kombiimpfung für Influenza und Corona geben könnte“, erklärt Sommerbrodt. „Deshalb ist aktuell die Corona-Impfung eine Privatleistung für die gesetzlich Versicherten, obwohl die gesetzlich Versicherten darauf einen Rechtsanspruch haben.“
Neu: RSV-Impfung
Die Ärzte müssen die Impfung derzeit also privat mit dem Patienten abrechnen, diese müssen dann die Rechnung bei der Kasse einreichen und bekommen danach das Geld zurück. Immerhin: „Der Impfstoff selbst wird aktuell immer noch über den Bund bezogen. Dafür entstehen den Patienten keine Kosten“, erklärt Sommerbrodt. Es geht also nur um das Honorar für die Impfung selbst – zwischen 20 und 30 Euro.
Dass die Impfvereinbarung so lange auf sich warten lässt, liegt Sommerbrodt zufolge auch daran, „dass aktuell die Nachfrage bei den Patienten nicht sehr hoch ist“ und damit der Handlungsdruck niedrig. Die Nachfrage nach der Influenza-Impfung ist den Hausärzten zufolge „unverändert zu den Vorjahren“.
Neu ist in diesem Jahr eine RSV Impfung, die zum einen Säuglingen empfohlen wird, zum anderen Menschen über 75 und chronisch Kranken. Für Ältere fehlt ebenfalls eine Impfvereinbarung auf Landesebene. Diese Lücke sei „deutlich dramatischer“ als bei Corona, „weil die Patienten hier auch die Impfstoffkosten von rund 250 Euro vorstrecken müssen“.
„Liegen weit auseinander“
„Die Verhandlungen laufen, bisher gab es noch keine Einigung“, teilte die KV auf Anfrage mit. Der Grund, warum es dauert: „Die Vorstellungen der beiden Seiten, KV und Kassen, liegen noch zu weit auseinander. Wir hoffen aber, dass sich das zeitnah ändert.“ Der Sicherstellungsauftrag liege beim Impfen – anders als bei den sonstigen ambulanten Leistungen – bei den Kassen und nicht bei der KV.Spitze in der Apotheke?
Unterdessen ergab eine Befragung der AOK Hessen, dass viele Menschen im Land kein Problem mit einer Impfung in der Apotheke hätten. Sollte das Apotheken-Reformgesetz so kommen wie geplant, dürften Apotheken mit Totimpfstoffen impfen, zum Beispiel gegen Tetanus, FSME und Kinderlähmung.
Laut einer repräsentativen Befragung im Auftrag der AOK Hessen durch Insa Consulere unter 1.000 Versicherten bevorzugen 53 Prozent nach wie vor die ärztliche Praxis für den Piks in den Oberarm. Für 34 Prozent kommen jedoch Praxis oder Apotheke gleichermaßen infrage. Nur 6 Prozent würden in erster Linie eine Apotheke aufsuchen. (dpa)