Diabetes
Besser sehen dank Ärztekooperation
Die diabetische Retinopathie kann nur dann erfolgreich therapiert werden, wenn der Diabetes mellitus optimal behandelt wird. Das setzt eine enge Zusammenarbeit von grundversorgendem Arzt und Augenarzt voraus, empfehlen Experten.
Veröffentlicht:LEIPZIG. Die intravitreale operative Medikamentengabe (IVOM) bietet bei diabetischem Makulaödem die Chance auf eine relevante Visusverbesserung über viele Jahre.
Zusätzlich zum Standardmedikament Ranibizumab seien in den letzten Monaten weitere IVOM-Optionen zugelassen worden, die das Spektrum der Behandlung erweiterten, sagte Professor Hansjürgen Agostini von der Klinik für Augenheilkunde am Uniklinikum Freiburg bei der DDG-Herbsttagung.
So ist seit Sommer 2014 das Fusionsprotein Aflibercept (Eylea®) bei diabetischem Makulaödem zugelassen.
In Studien kam es nicht nur zu dem erwarteten Visusanstieg, sondern auch zu einem deutlichen, in der optischen Kohärenztomografie (OCT) gemessenen Abfall der zentralen Netzhautdicke (Ophthalmology 2014; online 7. Juli).
"Ob sich das auf die langfristige Visusentwicklung günstig auswirkt, ist jetzt Gegenstand weiterer Studien", sagte Agostini.
Bei den intravitreal zu applizierenden Steroiden können Augenärzte neben dem schon länger etablierten Triamcinolon seit September bei diabetischer Makulopathie auch ein Dexamethason-Implantat (Ozurdex®) einsetzen.
Generell sei mit Steroiden ein guter Visusgewinn erreichbar, so der Experte.
Lange Wirksamkeit ist komfortabel
Sie haben aber den Nachteil, dass sie die Kataraktentstehung fördern. Dexamethason-Implantate sieht der Ophthalmologe deswegen vor allem als Option bei Patienten, die bereits eine Kunstlinse haben.
In der zulassungsrelevanten Studie waren über einen Zeitraum von drei Jahren vier bis fünf Behandlungen nötig (Ophthalmology 2014; 121: 1904).
Sogar drei Jahre lang wirkt das ebenfalls kürzlich zugelassene Depotsteroid Fluocinolon (Iluvien®), das in einer Studie mit nahezu 1000 Patienten evaluiert wurde (Ophthalmology 2014; 121: 1892).
Für die Patienten ist die lange Wirksamkeit sehr komfortabel. "Wir sehen auch einen deutlichen Visusgewinn bei immerhin 28 Prozent der Patienten", so Agostini.
Allerdings benötigen bei dieser Therapie 5 bis 8 Prozent der Patienten im Verlauf eine Glaukomoperation: "Aus unserer Sicht ist das daher eine Drittlinientherapie bei chronischem diabetischem Makulaödem."
Mit Blick auf das praktische Vorgehen im Alltag empfahl Agostini, zunächst vier Injektionen eines Anti-VEGF-Präparats im Abstand von je einem Monat zu applizieren. Einen Monat nach der letzten Injektion wird kontrolliert. Liegt der Visus bei weniger als 0,05, sollte die Behandlung abgebrochen werden.
Wenn der Visus mindestens 1,0 erreicht und kein Netzhautödem mit Foveabeteiligung vorliegt, wird die Therapie ausgesetzt und monatlich kontrolliert. Nach einem halben Jahr können die Kontrollintervalle verlängert werden.
30 Prozent gehen zu spät zum Augenarzt
Bei teilweiser Wirksamkeit sollte die IVOM-Behandlung mit Anti-VEGF-Injektionen ein- bis zweimal monatlich fortgesetzt werden. "Wir haben mittlerweile Patienten, die über 50 Injektionen erhalten haben und bei denen wir immer noch eine Wirksamkeit sehen", so Agostini.
Tritt keine zufriedenstellende Verbesserung mehr ein oder verschwindet das Netzhautödem nicht vollständig, kann über einen Therapiewechsel auf Steroide nachgedacht werden.
Ein optimales Management der Augenkomplikationen der Diabeteserkrankung gelingt nur dann, wenn der Augenarzt die Patienten rechtzeitig zu Gesicht bekommt. Etwa 70 Prozent kämen mittlerweile früh zum Ophthalmologen. "Da fehlen also immer noch 30 Prozent", so Agostini.
Wie wichtig es ist, die Retinopathie früh zu erkennen, zeigte eine Nachauswertung von Anti-VEGF-Studien, die bei dem Kongress ARVO 2013 in den USA vorgestellt wurde. Hier war die Effektivität der Antikörpertherapie bei einer Erkrankungsdauer von weniger als 10 Jahren doppelt so hoch wie danach.
Auch Patienten, die nach Auftreten eines diabetischen Makulaödems innerhalb von drei Monaten therapiert wurden, schnitten deutlich besser ab als jene, bei denen es länger als 12 Monate bis zur ersten Anti-VEGF-Injektion dauerte.
Einer der entscheidenden präventiven Faktoren ist aus Agostinis Sicht eine optimale Kommunikation des Risikoprofils zwischen Hausarzt/Diabetologen und Augenarzt.
Neben der Erkrankungsdauer sind vor allem ein schlecht eingestellter Blutdruck, ein schlecht eingestellter Blutzucker und das Vorliegen einer Nephropathie prädiktiv für die Retinopathie-Entwicklung.
Darüber sollte der Augenarzt Bescheid wissen. "Darauf werden wir auch in den neuen Versorgungsleitlinien zum Diabetes einen der Schwerpunkte legen", kündigte Agostini an.