Rat vom gastroenterologischen Kollegen
Chronische Verstopfung: „Versuchen Sie es mit grünen Kiwis!“
Bei chronischer Obstipation lohnt sich nach Prof. Oliver Pech, Gastroenterologe in Regensburg, ein Therapieversuch mit grünen Kiwis. Zwei Früchte am Tag hatten in einer randomisierten Studie die Rate der vollständigen Stuhlentleerungen signifikant erhöht und das „Darmwohlbefinden“ deutlich gebessert.
Veröffentlicht:Mainz. „Motivieren Sie Ihre obstipierten Patienten, jeden Tag zwei grüne Kiwis zu essen!“ Nach Prof. Oliver Pech, Leiter der Klinik für Gastroenterologie im Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, ist diese Therapie nicht nur schmackhaft, sondern auch effektiv. Pech berichtete beim 18. Allgemeinmedizin-Update-Seminar in Mainz von einer aktuellen Studie mit randomisiertem Design (Am J Gastroenterol 2023; online 1. Juni), in der die Kiwi-Gruppen gegenüber der jeweiligen Vergleichsgruppe deutlich im Vorteil gewesen seien – und zwar nicht nur im Hinblick auf die Verstopfung, sondern auch beim „gastrointestinalen Wohlbefinden“.
Zwei Kiwis täglich über vier Wochen
Durchgeführt wurde die Studie hauptsächlich im „Land der Kiwi“, Neuseeland, aber auch Personen aus Japan und Italien waren beteiligt. Von den insgesamt 184 Teilnehmenden waren 136 Frauen. 60 hatten eine chronische Obstipation und 61 ein Reizdarmsyndrom vom Verstopfungstyp. Die übrigen 63 waren vollständig gesund.
Die Intervention bestand aus dem zweimal täglichen Verzehr jeweils einer grünen Kiwi, dies wurde mit der Einnahme von Flohsamenschalen (7,5 g täglich) verglichen. Nach vier Wochen folgte eine Auswaschphase von weiteren vier Wochen, danach wurde gewechselt: Wer ursprünglich Kiwi bekommen hatte, erhielt jetzt Flohsamenschalen und umgekehrt.
Signifikant mehr vollständige Stuhlentleerungen pro Woche
Als primärer Endpunkt diente die Zahl der vollständigen Stuhlentleerungen pro Woche. Wie Pech berichtete, war der Effekt der Kiwi-Therapie bei den Obstipierten deutlich am größten, mit einer klinisch relevanten Steigerung um median eineinhalb Stuhlentleerungen wöchentlich im Vergleich zu vorher – signifikant mehr als in der Gruppe, die Flohsamenschalen erhalten hatte (+ 0,7 Entleerungen wöchentlich). Auch die Reizdarmgruppe hatte sich mit Kiwis im Vergleich zu Flohsamen signifikant gesteigert, aber nicht so stark. Keinen nennenswerten Effekt hatte die Intervention in der gesunden Gruppe.
Das Darmwohlbefinden wurde mit der GSR-Skala (Gastrointestinal Symptom Rating Scale) gemessen. „Interessanterweise gab es hier bei den obstipierten Reizdarmpatienten den größten Effekt, die waren mit den Kiwis am zufriedensten“, so Pech. Während der Kiwi-Konsum sowohl in der Obstipationsgruppe als auch bei den Reizdarmpatienten zu einer signifikanten Verbesserung auf der Symptomskala geführt hatte, ließ sich ein signifikanter Effekt von Flohsamenschalen nur bei denjenigen mit Reizdarm beobachten.
Neue Leitlinie
Mit Kiwi gegen chronische Obstipation
Für den Gastroenterologen ist die Kiwi-Therapie ein „interessantes Konzept, das man auch gleich umsetzen kann“. Für die Wirkung scheint es nach Pech eine wissenschaftliche Erklärung zu geben: So enthalten Kiwis neben quellenden Ballaststoffen eine Substanz, welche die Muzinproduktion im Darm anregt. „Die Sache scheint Hand und Fuß zu haben.“
Auf die Frage aus dem Publikum, ob der Verzehr von Kiwis wegen der kleinen Samenkörner bei Personen mit Divertikeln im Darm riskant sei, antwortete Pech: „Da würde ich mir keine Gedanken machen.“ Vorsicht sei dagegen möglicherweise bei Einnahme von Gerinnungshemmern angebracht. So können Kiwis unter Umständen den Vitamin-K-Spiegel deutlich erhöhen.