Darmkrebs-Vorsorge: Männern Mut machen

1000 mutige Männer für Mönchengladbach - mit dieser Initiative wurden Männer ab 55 zur Teilnahme an der Vorsorge-Koloskopie motiviert. Eine Erkenntnis aus dem Projekt: Männen muss Mut gemacht werden - mit Fahndung und Inspektion.

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Wie lässt "Mann" sich zur Vorsorge-Koloskopie motivieren? Begriffe wie "Darminspektion" helfen oft weiter.

Wie lässt "Mann" sich zur Vorsorge-Koloskopie motivieren? Begriffe wie "Darminspektion" helfen oft weiter.

© stefanoluardi / shutterstock.com

MÜNCHEN (wst). Mit Methoden des sozialen Marketings ist es in einem Modellprojekt in Nordrhein-Westfalen (NRW) gelungen, den Negativtrend in der Bereitschaft zur Vorsorgekoloskopie umzukehren.

Die Zahl von Darmkrebs-Patienten steigt in Deutschland kontinuierlich an, wobei mehr Männer als Frauen und Männer früher als Frauen erkranken.

Dennoch hätten seit ihrer Einführung im Oktober 2002 nur 18,3 Prozent der berechtigten Männer und 20,1 Prozent der berechtigten Frauen die ab dem 55. Lebensjahr empfohlene und erstattete Vorsorgekoloskopie wahrgenommen - Tendenz fallend, hat Dr. Margret Schrader, Geschäftsführerin der Krebsgesellschaft NRW e.V., auf einem Fachsymposium des Netzwerks gegen Darmkrebs e.V. in München erinnert.

Gemeinsam mit der Barmer GEK hat die Krebsgesellschaft NRW erfolgreich nach Wegen gesucht, wie speziell Männer verstärkt für die Vorsorgekoloskopie zu gewinnen sind.

Dabei galt es zunächst, in Umfragen die wesentlichen Barrieren zu finden, die das starke Geschlecht von der potenziell lebensrettenden Untersuchung abhalten.

Männerflyer zur Werbung

Ergebnis: Angst vor positiver Diagnose und einer dann negativen Prognose, Scham vor der Untersuchung, fehlende konkrete Symptome und Unannehmlichkeiten der Vorbereitung zur Koloskopie.

Wichtige motivationsfördernde Faktoren, die bei Männern mit bereits absolvierter Koloskopie eruiert wurden, waren dagegen äußere, möglichst persönliche Anstöße.

Dazu zählt etwa eine unmittelbare Aufforderung zur Koloskopie durch Instanzen mit akzeptierter fachlicher und/oder emotionaler Kompetenz wie Arzt, Apotheker, Ehefrau, Kollegen oder fremde Sympathieträger mit Vorbildfunktion, monetäre Anreize oder auch Darmkrebsfälle im näheren sozialen Umfeld.

Diese und weitere Erkenntnisse wurden dann von Werbefachleuten, Marketingexperten und Gesundheitswissenschaftlern in eine konzertierte Aktion umgesetzt mit dem Ziel, in der Pilotregion Mönchengladbach möglichst viele Männer ab 55 für die Vorsorgekoloskopie zu gewinnen.

"1000 mutige Männer" lautete der Slogan der von März bis Dezember 2010 laufenden Kampagne, die eher wenig auf trockene Information und Statistik als vielmehr auf emotionale Motivation setzte.

Ein großzügig verteilter, an "mutige Mönchengladbacher" adressierter "Männerflyer" informierte knapp über Sinn und Zweck einer Vorsorgekoloskopie und outete enttabuisierend lokale Vorbilder, die einen solchen Schritt bereits bewältigt hatten.

Kampagne auch in anderen Städten

Angstbesetzte Begriffe wie "Krebsvorsorge" wurden weitestgehend umgangen und durch weniger belastete Bezeichnungen wie "Polypenfahndung" oder "Darminspektion" ersetzt.

Nicht nur Ärzte und Apotheker, sondern auch andere Menschen mit Multiplikatorfunktion (etwa Vorgesetzte, Kundenbetreuer, Lokalpolitiker) und besonders die lokalen Medien sollten den "Mut zur Vorsorgekoloskopie, bei der man nur gewinnen kann" in wörtlicher und geschriebener persönlicher Ansprache zum allgegenwärtigen und dennoch nicht ermüdenden Thema machen.

Dass sich der Aufwand lohnte, zeigt die NRW-Statistik. Während im Rest des Bundeslandes die Inanspruchnahme der Vorsorgekoloskopie 2010 gegenüber 2009 um durchschnittlich gut weitere zwölf Prozent abgenommen hatte, war in Mönchengladbach im gleichen Zeitraum eine Zunahme von 7,3 Prozent zu verzeichnen.

Die Kampagne wurde und wird bereits auf andere bundesdeutsche Städte ausgedehnt, wobei dort die Ergebnisse noch ausstehen.

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