Studie
Demenzrisiko steigt ab einem Blutdruck von 130 mmHg
Schon bei einem hochnormalen Blutdruck haben Menschen im mittleren Alter ein erhöhtes Risiko auf Demenz – ab 150 mmHg steigt es sogar noch stärker an.
Veröffentlicht:PARIS. Ein hoher Blutdruck im mittleren Lebensalter treibt offenbar das Demenzrisiko in die Höhe. In Beobachtungsstudien war eine Hypertonie in dieser Lebensphase im Vergleich zu Normotonie mit einem zwei- bis vierfach erhöhten Risiko assoziiert.
Auch eine aktuelle Analyse der britischen Whitehall-II-Studie bestätigt diesen Trend. Ganz so hoch scheint danach das Demenzrisiko für Hypertoniker zwar nicht mehr zu sein. Dafür gibt es Hinweise auf eine erhöhte Demenzgefahr schon ab hochnormalen systolischen Werten von 130 mmHg (Eur Heart J 2018; online 12. Juni).
Für die Studie waren Beamte in London 1985 im Alter von 35 bis 55 Jahre rekrutiert worden. Alle sechs Jahre wurde bei ihnen unter anderem der Blutdruck gemessen. Daten von 8600 Teilnehmern wurden analysiert, berichten Epidemiologen um Dr. Jessica G. Abell von der Université Paris-Saclay.
Zwei Drittel der Probanden waren Männer. Binnen 32 Jahren erkrankten 385 Teilnehmer (4,5 Prozent) an Demenz.
Grenzen bei 130 und 150 mmHg
12 Prozent aller Probanden hatten im Alter von 50 Jahren einen systolischen Blutdruck über 140 mmHg, 29 Prozent über 130 mmHg. Bei Werten ab 130 mmHg stieg im weiteren Verlauf die Demenzrate rapide an. Von Teilnehmern über dieser Schwelle erkrankten 6,3 Prozent an Demenz, bei niedrigerem Druck waren es nur 3,7 Prozent.
Bereinigt um sozioökonomische Faktoren, Rauchen, körperliche Aktivität, BMI und Begleiterkrankungen, ergab sich bei Teilnehmern mit Werten über 130 mmHg im Vergleich eine um relative 38 Prozent erhöhte Demenzrate. Und: Je höher der Druck, umso höher war das Demenzrisiko – jenseits von 150 mmHg ist es nach diesen Daten mehr als verdoppelt.
Ein anderes Bild ergab sich bei den 60- und 70-Jährigen. Jenseits der 70 erkrankten sogar diejenigen mit Werten unter 120 mmHg am häufigsten an einer Demenz. Dass niedrige Drücke im Alter eher prädiktiv für eine Demenz sind, ist bekannt und liegt möglicherweise an einer zerebralen Minderperfusion.
Dauer relevant
Im mittleren Alter war auch die Dauer der Blutdruckerhöhung relevant. Teilnehmer mit durchgehend erhöhten Werten in den ersten 16 Jahren der Studie erkrankten öfter an Demenz als solche mit gelegentlichen Blutdruckausreißern oder einer spät beginnenden Hypertonie.
Das Demenzrisiko wird zum Teil über kardiovaskuläre Erkrankungen vermittelt, die von einer Hypertonie begünstigt werden. So berechneten die Forscher für 50-jährige Hypertoniker eine um relative 34 Prozent erhöhte Inzidenz kardiovaskulärer Erkrankungen, die Betroffenen erkrankten zudem 27 Prozent häufiger an einer Demenz.
Blieben die Hypertoniker frei von Herzkreislauferkrankungen, so war die Demenzinzidenz dennoch um 47 Prozent erhöht. Demnach geht eine Hypertonie unabhängig von kardiovaskulären Problemen mit einer deutlich erhöhten Demenzgefahr einher.
Immerhin: Bei Einnahme von Antihypertensiva war die Demenzinzidenz nicht erhöht. Das spricht dafür, dass die Blutdrucksenkung auch das Demenzrisiko reduziert.