Streit zwischen Fachverbänden
Dermatologen kritisieren Hautkrebskampagne der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen
Die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen bringen sich bei der operativen Entfernung von Hautkrebs ins Spiel. Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen spricht von Rosinenpickerei - und verweist auf langjährige Erfahrung in der Therapie.
Veröffentlicht:Berlin. Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) kritisiert die aktuelle Hautkrebskampagne der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG). Diese rufe dazu auf, bei „schuppenden Hautstellen, Geschwüren oder Knotenbildungen im Gesicht direkt oder auf Überweisung durch Hautärzte einen Gesichtschirurgen für die operative Behandlung aufzusuchen“, heißt es in einer BVDD-Mitteilung von Freitag. Die Dermatologen kritisieren, dass die DGMKG von einem Problem in der Versorgungssituation des Hautkrebses bei Hautärzten spricht und dagegen auf ausreichende Op-Kapazitäten ihrer Mitglieder verweist.
„Wir lehnen die Rosinenpickerei, die die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurginnen und -chirurgen bei besonders lukrativen Hautkrebsoperationen im Gesicht betreiben, entschieden ab. Die Hautkrebstherapie – auch wenn im Kopf-Halsbereich operiert werden muss – gehört grundsätzlich in die Hände von Dermatologinnen und Dermatologen“, stellt BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski klar, „denn mit einer Operation allein ist den Betroffenen nicht geholfen.“
Op bei Vorstufen meistens nicht notwendig
Insbesondere die weit verbreiteten Vorstufen von hellem Hautkrebs, die aktinischen Keratosen unterschiedlicher Ausprägung und Stadien, die von der DGMKG als schuppende Hautstellen bezeichnet werden, müssten in den allermeisten Fällen gar nicht operiert werden. Dies gelte im Übrigen auch bei Operationen von manifestem Hautkrebs. „Häufig reichen bereits maßvolle, lokal begrenzte operative Eingriffe aus, um den Hautkrebs zu entfernen. Größere, ausgedehnte Operationen, wie sie sicherlich auch von den Kolleginnen und Kollegen aus der MKG-Chirurgie beherrscht werden, sind die Ausnahme.“
Angesichts von jährlich rund 330.000 neuen Hautkrebsfällen in Deutschland – ca. 46.000 maligne Melanome, über 168.000 Basalzellkarzinome und etwa 116.000 Plattenepithelkarzinome – überrasche die Feststellung der DGMKG, dass Hautärztinnen und Hautärzte laut Nationaler Versorgungskonferenz Hautkrebs (NVKH) nicht ausreichend Versorgungskapazitäten haben, weniger, heißt es. Auf der diesjährigen NVKH haben sich die Fachgesellschaften vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung Gedanken um die Versorgung der Zukunft gemacht.
Es brauche mehr als reine Op-Kapazität
„Verwunderlich ist jedoch, dass ausgerechnet die kleine Fachgruppe der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurginnen und -chirurgen eigenen Angaben zufolge ausreichend OP-Kapazitäten aufweist“, so Dr. von Kiedrowski. Er verweist auf die Statistik der Bundesärztekammer, die aktuell 1.341 ambulant und 484 stationär tätige MKG-Chirurginnen und -chirurgen aus weist. Zum Vergleich: Nach BÄK-Angaben sind 4.964 Dermatologinnen und Dermatologen ambulant und 1.136 stationär tätig. „Wie die MKG-Chirurginnen und -chirurgen vermeintliche Versorgungslücken in unserem Fachbereich schließen wollen, bleibt beim Blick auf diese Daten ein Rätsel“, sagt der BVDD-Präsident.
Zudem braucht es mehr als OP-Kapazität, um die Versorgung der steigenden Patientenzahlen bei Hautkrebs zu gewährleisten. Vielmehr braucht es nach Meinung des BVDD Langzeitkonzepte von der Prävention über Diagnostik und Therapie bis hin zur Nachsorge für die chronisch-lichtgeschädigten Patientinnen und Patienten.
Zu beachten sei auch, dass hausärztliche Praxen Patientinnen und Patienten mit Verdachtsbefunden aus den Hautkrebsscreening-Untersuchungen gemäß Krebsfrüherkennungsrichtlinie überhaupt nicht an Allgemein- oder MKG-Chirurgen überweisen dürften. Diagnosestellung und weitere Therapieentscheidung oblägen den Dermatologinnen und Dermatologen. „Insofern beinhaltet die DGMKG-Mitteilung sogar eine Empfehlung, die den hausärztlichen Praxen Abrechnungsprobleme bescheren kann, wenn gegen Richtlinien verstoßen wird“, warnt von Kiedrowski. Eine Stellungnahme der DGMKG auf Anfrage der Ärzte Zeitung lag bis Redaktionsschluss nicht vor. (kaha)