DDG-Kongress
"Diabetologen müssen täglich über ihren Tellerrand schauen"
Die Vielschichtigkeit von Diabetes verlangt Kooperationen von Ärzten mit Vertretern anderer Gesundheitsberufe, hat die DDG im Vorfeld ihres Kongresses betont.
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Therapie bei Gestationsdiabetes erfordert eine enge Kooperation von Diabetologen und Gynäkologen.
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BERLIN. "Innovativ und interdisziplinär: Diabetesforschung und Diabetestherapie 2016" ist das Motto des 51. Diabetes-Kongresses in Berlin, der am 4. Mai startet.
Bei der Vorstellung des Programms hob die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) vor allem auch den multidisziplinären Charakter in der Patienten-Versorgung hervor.
"Wir möchten vor allem auch eine Brücke schlagen zu Hausärzten, die eine große Zahl der 6,7 Millionen Betroffenen in Deutschland betreuen", betonte Kongresspräsident Professor Andreas Hamann, Chefarzt an den Hochtaunus-Kliniken in Bad Homburg, bei einer DDG-Veranstaltung.
Entwicklung von neuen Berufen zur Diabetesberatung
Gut vernetzte Hausärzte können durch Kooperationen in Diabetes-Teams die Behandlungsergebnisse verbessern. Hiermit lässt sich langfristig auch Geld sparen: Zwei Drittel der Gesundheitskosten bei Diabetes in Deutschland werden durch die Spätkomplikationen verursacht.
"Die DDG fördert seit Langem die interprofessionelle und interdisziplinäre Versorgung von Menschen mit Diabetes", betonte DDG-Präsident Professor Baptist Gallwitz in Berlin. Die Fachgesellschaft sieht sich dabei als Vorreiter in der Entwicklung von neuen Berufen zur Diabetesberatung.
So bietet die DDG zum Beispiel jetzt zusätzliche Qualifikationsmöglichkeiten für Diabetesassistenten zur Diabetes-Pflegefachkraft, zum Podologen, zum Wundassistenten und zu einer fachpyschologischen Qualifikation an.
Fachärzte für Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Kinder- oder Frauenheilkunde können zudem durch eine Weiterbildung die Zusatzqualifikation zum Diabetologen DDG erwerben. In Krankenhäusern und Praxen können sich diabetologische Schwerpunkteinrichtungen mit Diabetes-Behandlungsteams als "Diabeteszentrum" zertifizieren lassen.
Mit dem vor wenigen Jahren neu geschaffenen Zertifikat "Klinik für Diabetespatienten geeignet" soll die Grundversorgung von Patienten mit der Nebendiagnose Diabetes in Krankenhäusern verbessert werden.
Systematische Vernetzung vorantreiben
Die DDG setzt sich zudem für die Verbesserung der Versorgung zwischen den drei Ebenen von Hausarzt, Spezialist und Klinik ein. Offenbar gut klappt in Berlin die Versorgung bei Schwangerschaftsdiabetes, bei der Diabetologen mit Gynäkologen sowie Kliniken mit gynäkologischer und Geburtshilfekompetenz kooperieren.
"Beispielhaft ist hier das Vorsorgeprogramm ‚Baby on time‘ der AOK Nordost", sagte Dr. Sybille Wunderlich, Chefärztin der Klinik für Innere Medizin in den Berliner DRK-Kliniken.
Allerdings: "Bei aller erfolgreichen Arbeit fehlt es doch an einer systematischen Vernetzung der Behandlungsebenen und Sektoren, um einfach und schnell patientenbezogen zu kommunizieren, Ressourcen sinnvoll zu nutzen und strukturierte Pfade aufzustellen", kritisierte die Ärztin.
Hausärzte nehmen dabei nicht nur eine Portalfunktion wahr: 80 Prozent aller Diabetespatienten in Berlin würden dauerhaft vom Hausarzt behandelt, berichtete Wunderlich - nur bei komplexeren Erkrankungen würde eine der 56 Schwerpunktpraxen in der Hauptstadt oder eine Klinik mit ins Boot geholt.
Wichtig sei eine frühzeitige Diagnose durch den Hausarzt - "und dass der Patient von Anfang an richtig eingestellt wird."