Neubewertung
EFSA will Grenzwert für Bisphenol A senken
Seit Jahren steht der Stoff in der Diskussion: Bisphenol A. Das Molekül könnte eine Gefahr für die Gesundheit sein, heißt es. Vor zwei Jahren wurde er aus Babyfläschchen verbannt. Jetzt legt die zuständige EU-Behörde nach.
Veröffentlicht:PARMA. Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat sich für deutlich niedrige Grenzwerte der Verpackungschemikalie Bisphenol A (BPA) ausgesprochen. Hintergrund ist eine vorläufige Risikoneubewertung, die die Behörde am Freitag im italienischen Parma vorgelegt hat.
Danach könnte das Monomer vermutlich Leber, Nieren und Brustdrüsen schädigen. Die EFSA spricht allerdings nur von einem "wahrscheinlichen Zusammenhang" zwischen den Schädigungen und einer BPA-Exposition. Hierfür lägen jedoch ausreichend Daten vor. Nach eigenen Angaben hat die Behörde über 450 Studien ausgewertet.
Der zuständige Sachverständigenausschuss CEF empfiehlt deswegen nun eine Reduzierung der tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge (TDI) von BPA auf 5 µg/kg Körpergewicht pro Tag. Das ist nur noch ein Zehntel der heutigen TDI. Bislang beträgt der Grenzwert 50 µg/kg KG/d.
Geht es nach dem Gremium, sollte der neue Wert ab sofort zumindest als temporärer Grenzwert (t-TDI) gelten. Eine dauerhafte Änderung kann nur per Verordnung durch die EU-Kommission beziehungsweise von den EU-Mitgliedsstaaten festgelegt werden.
Bisphenol A ist ein Ausgangsstoff zur Herstellung von polymeren Kunststoffen, vor allem Polykarbonaten. Typischer Einsatzzweck dieser Kunststoffe sind Verpackungen, wiederverwendbare Lebensmittelbehälter oder Trinkflaschen. BPA wird aber auch zur Beschichtung etwa von Thermopapier verwendet, das häufig für Kassenbons eingesetzt wird.
Als mögliches Risiko gilt, dass der Stoff mit der Zeit aus den Verpackungen freigesetzt werden und in die Lebensmittel übergehen könnte. Nach einigen Jahren Debatte wurde BPA im Jahr 2011 zunächst in Babyfläschchen verboten.
Da Bisphenol A mit schwach östrogener Wirkung hormonell wirksam ist, steht er im Verdacht, die Fertilität zu beeinflussen. Auch mögliche Risiken wie Diabetes oder KHK werden immer wieder genannt.
Nach Angaben der EFSA gibt es bei der Risikobewertung allerdings eine "Reihe von Unwägbarkeiten". Bislang könne man für den Verbraucher - dazu zählt die EFSA auch Föten und Säuglinge - nur von einem "geringen Gesundheitsrisiko" durch BPA ausgehen. Die höchsten Schätzwerte für die kombinierte Exposition (oral und nicht-oral) seien immer noch drei- bis fünfmal niedriger als der vorgeschlagene neue TDI-Wert.
Die EFSA will daher Ergebnisse des National Toxicology Program (NTP) aus den USA abwarten (Environ Health Perspect 2012; 120(12): 1640-1644), das sich zum Ziel gesetzt hat, die gesundheitlichen Risiken von BPA genauer zu beleuchten.
Ohnehin ist die jetzt vorlegte fünfhundert-seitige Risikobewertung der EFSA nur ein Entwurf. Bis zum 13. März können Interessengruppen und interessierte Kreise, wie es heißt, Stellung dazu nehmen. Eine endgültige Bewertung will die Behörde dann im Sommer dieses Jahres vorlegen. (nös)