Forderung nach Aufklärung über Antidepressiva-Studien

BERLIN (dru). In Europa sei es relativ schwierig, psychopharmakologische Studien zu machen, haben Depressions-Forscher beim Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde in Berlin bemängelt. Viele Ethikkommissionen auch in Deutschland stünden solchen Studien noch kritisch gegenüber, so Professor Hans-Jürgen Möller aus München. Deshalb sei verstärkte Aufklärungsarbeit, auch bei diesen Kommissionen, nötig.

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In Deutschland und international besteht Einigkeit darüber, daß für die Zulassung neuer Antidepressiva kontrollierte Doppelblindstudien nötig sind, hat Privatdozent Dr. Dieter Angersbach, Forscher beim Unternehmen GlaxoSmithKline in Berlin berichtet. Die für die Genehmigung solcher Studien zuständigen Ethik-Kommissionen würden dabei für die Umsetzung solcher Studien eher als bremsend als als fördernd empfunden, wie eine Umfrage des Unternehmens an europäischen Universitätskliniken, Regionalkrankenhäusern und Praxen ergeben hat.

Jede zweite an einer Placebo-kontrollierten Antidepressiva-Studie interessierte Einrichtung rechne mit einer Ablehnung der Ethik-Kommission, so Angersbach. Sein Unternehmen sehe Deutschland als Forschungsland, doch sei die nötige Forschung nicht in gewünschtem Maße möglich. Daher müßten neue Präparate im Ausland erprobt werden.

Ein häufiges Argument gegen Placebo-kontrollierte Antidepressiva-Studien sei, daß Patienten der Placebo-Gruppe eine wirksame Therapie vorenthalten werde, sagte der Psychiater Möller von der Universität München. Dieses Argument ließe sich aber relativieren, denn auch diese Studienteilnehmer würden spätestens nach Abschluß der geplanten Studiendauer wirksam antidepressiv behandelt. Auch ein erhöhtes Suizidrisiko bei Placebo-Therapie sei nur "ein weiterer Mythos", so Möller, denn in internationalen Studien sei die Suizidrate bei Placebo ähnlich der bei Verum.

Möller bemängelte, daß gemeinsame Kriterien aller Ethik-Kommissionen fehlten. Wenn mehrere Kliniken an einer Multi-Center-Studie teilnehmen wollten, komme es bei identischen Anträgen zu verschiedenen Beurteilungen. Professor Siegfried Kasper von der Uni in Wien plädierte deshalb dafür, daß Vertreter von Kliniken, die an einer Placebo-kontrollierten Studie zur Therapie bei Depressionen interessiert sind, sich darum bemühen sollten, an den Sitzungen der Ethik-Kommissionen zur Studie teilzunehmen, um Nutzen und Risiken zu erläutern. Nur so könne durch Aufklärung den Bedenken entgegengetreten werden.

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