Molekularer Schalter
Forscher knipsen Coli-Bakterien an und aus
Erstmals ist es gelungen, das Andocken von E. coli-Bakterien auf einer künstlichen Oberfläche zu steuern. Das soll dabei helfen, den Zusammenhang zwischen Kohlenhydraten und bakteriellen Infektionen besser zu verstehen.
Veröffentlicht:KIEL. Eine nur etwa vier Nanometer dünne Schicht imitiert den Zuckermantel (Glycokalyx) von Zellen, an den Bakterien beispielsweise bei einer Infektion binden. Dieses Andocken lässt sich nun durch Licht ein- und ausschalten.
Mit dieser Methode wird immer besser verständlich, wie Kohlenhydrate und bakterielle Infektionen zusammenhängen (Angewandte Chemie 2014, online 27. November).
Durch Bindung an Zellen oder Oberflächen können E. coli-Bakterien etwa Harnwegsinfektionen, Hirnhautentzündungen oder Sepsis auslösen, wird in einer Mitteilung der Uni Kiel erläutert. Dabei treten sie mit Kohlenhydratstrukturen auf der Wirtszelle in Wechselwirkung.
Die Studie zeige erstmals, dass dafür die räumliche Ausrichtung der Kohlenhydratstrukturen entscheidend ist. In der natürlichen Glycokalyx, einer nur nanometerdünnen Mehrfachzucker-Schicht, die alle Zellen umgibt, seien die Verhältnisse allerdings noch zu komplex, um herauszufinden wie Proteine und Kohlenhydrate zueinanderfinden.
Extrem dünne Goldoberfläche mit Zuckerschicht
Die Forscher bauen Moleküle, die, bestrahlt mit Licht unterschiedlicher Wellenlängen, als biologische Schalter funktionieren.
So haben sie ein System hergestellt, mit dem die Ausrichtung der Zucker-Andockpunkte und damit die Bindung von E. coli-Bakterien kontrolliert werden kann. Eine extrem dünne Goldoberfläche wurde mit einem genau definierten Zuckermantel versehen, der an Azobenzol gekoppelt ist.
Über diesen Kohlenwasserstoff mit Stickstoffbrücke, die lichtgesteuert wie ein Gelenk funktioniert, lassen sich die Bindungseigenschaften des Zuckermantels schalten: Wird das System mit Licht der Wellenlänge von 365 Nanometer bestrahlt, können sich erheblich weniger pathogene Bakterien an die künstliche Oberfläche anheften.
Die Zuckermoleküle drehen sich gewissermaßen von den Bakterien weg und können nicht mehr erkannt werden. Beim "Einschalten" mit 450 Nanometer langen Lichtwellen orientieren sich die Strukturen wieder so, dass Bakterien andocken können. (eb)