Streit ums Dampfen
Führen E-Zigaretten zur Kippe oder davon weg?
Zwei aktuelle Studien zu E-Zigaretten, zwei verschiedene Sichtweisen: Kritiker sehen in ihnen den Einstieg in eine Raucherkarriere für Jugendliche, Befürworter verweisen auf das Rauchentwöhnungspotenzial.
Veröffentlicht:Der Einsatz von E-Zigaretten bleibt umstritten. Über das Für und Wider der elektronischen Inhalationsprodukte streiten nicht nur Dampfer und Raucher, sondern auch Wissenschaftler: Zwei aktuelle Studien aus dem BMJ verdeutlichen, welches heterogene Nutzen- und Risikopotenzial in der E-Zigarette gesehen wird.
Die gesundheitsfördernden Möglichkeiten der E-Zigarette in der Unterstützung eines Rauchausstiegs haben kalifornische Forscher herausgestellt. Das Team um Dr. Shu-Hong Zhu von der University of California kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass der aktuelle Anstieg des Konsums von E-Zigaretten bei US-amerikanischen Erwachsenen mit einem signifikanten Anstieg von Rauchausstiegen assoziiert ist (BMJ 2017;358:j3262).
Für die Studie analysierten die Forscher fünf Bevölkerungsbefragungen, die zwischen 2001 und 2015 stattfanden. Von den 161.054 Teilnehmern der jüngsten Befragung von 2014 und 2015 waren 22.548 aktuelle Raucher und 2136 Probanden seit kurzem Ex-Raucher. Davon hatten 38,2 Prozent der aktuellen Raucher und 49,3 Prozent der seit kurzem Abstinenten Erfahrung mit E-Zigaretten.
Mit E-Zigarette gelang der Rauchausstieg öfter
Im Zeitraum der Befragung von 2014 und 2015 schafften 350.000 zusätzliche US-Bürger den Rauchausstieg für mindestens drei Monate. Das entspricht 5,6 Prozent der befragten Raucher, in den Jahren 2001-2011 war dies nur 4,5 Prozent gelungen.
Um die Ursache für den positiven Trend zu identifizieren, untersuchten Zhu und sein Team die Nutzung der E-Zigarette. Deren Nutzer versuchten nicht nur zu einem größeren Teil einen Rauchausstieg als Nicht-Nutzer (65,1 versus 40,1 Prozent), sie waren auch erfolgreicher dabei.
8,2 Prozent der Dampfer ließen mindestens drei Monate die Finger von Zigaretten. Dies schafften nur 4,8 Prozent der Raucher. Mit elektronischem Dampf gelang es also fast doppelt so vielen Rauchern, aufzuhören, wie ohne.
Die Forscher schränken jedoch ein, dass andere Interventionen, die zeitgleich stattfanden, nicht untersucht wurden. Diese haben möglicherweise ebenfalls Einfluss auf die Zahl der Rauchausstiege gehabt. In der untersuchten Zeit fand unter anderem eine nationale Plakatkampagne statt.
Aber auch höhere Wahrscheinlichkeit mit Rauchen anzufangen
Einen anderen Aspekt der E-Zigarette stellen britische Forscher um Dr. Catherine Best im Magazin "Tobacco Control" des BMJ heraus. Best und ihr Team der University of Stirling wiesen nach, dass bei jungen Menschen, die bereits eine E-Zigarette ausprobiert haben, die Wahrscheinlichkeit größer ist, mit dem Rauchen herkömmlicher Zigaretten anzufangen, als bei jungen Leuten ohne E-Zigaretten-Erfahrung (Tobacco Control 2017, online 22. Juli).
Gemeinsam mit Forschern von anderen Universitäten des Vereinigten Königreiches befragte Best Schüler im Alter von 11 bis 18 Jahren von vier schottischen weiterführenden Schulen. Die erste Befragung fand im Februar und März 2015 statt, eine zweite zwölf Monate später.
Jugendliche Dampfer rauchten häufiger
Von den 2125 befragten Schülern gaben 183 (8,6 Prozent) im Jahr 2015 an, eine E-Zigarette ausprobiert zu haben und 1942 (91,4 Prozent) nicht. Best und ihr Team fanden heraus, dass 40,4 Prozent der Schüler mit E-Zigaretten-Erfahrung ein Jahr später rauchten – bei den Schülern ohne Dampf-Erfahrung waren es nur 12,8 Prozent.
Jugendliche, die bereits gedampft haben, fangen Bests Studie zufolge also drei mal so häufig mit dem Rauchen an wie Jugendliche, die nicht zuvor gedampft haben. Diese Verführung von Jugendlichen zum Rauchen ist auch als "Gateway-Hypothese" bekannt.
"Wir haben herausgefunden, dass die E-Zigarette einen deutlichen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit hat, ob ein junger Mensch mit dem Rauchen experimentiert oder nicht", so Best.
Und weiter: "Das ist auch bei den Nie-Rauchern der Fall, die eine feste Absicht hatten, nicht zu rauchen, oder deren Freunde nicht rauchen. Traditionell ist das die Gruppe von jungen Leuten, die am seltensten mit dem Rauchen beginnt," erklärt Best.
Der Effekt blieb auch dann noch statistisch signifikant, als die Forscher die Studienergebnisse auf andere Faktoren justierten, die einen Raucheinstieg beeinflussen. Dazu gehörten die Empfänglichkeit für das Rauchen, ob es Raucher im Freundkreis gab, ob Familienmitglieder rauchten, Alter, Geschlecht, Wohlstand der Familie, ethnische Gruppenzugehörigkeit und die Art der Schule.
"Junge Nie-Raucher experimentieren eher mit Zigaretten, wenn sie vorher eine E-Zigarette ausprobiert haben", ist denn auch das Fazit der Studie von Best und ihrem Team.