Befallswahn
Hier lohnt sich ein Drogentest
Dass Menschen mit Befallswahn überdurchschnittlich häufig Drogen konsumieren, bestätigt erneut eine britische Studie. Doch nicht alle Patienten gaben ihren Drogenkonsum zu, und niemand wollte einen Zusammenhang mit dem beklagten Befall sehen.
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LONDON. Es kribbelt und juckt, irgendetwas scheint sich unter der Haut zu bewegen. Menschen mit Befallswahn sind davon überzeugt, dass unter ihrer Oberfläche die Hölle los ist. Obwohl sich objektiv kein Befund ergibt, vermuten sie, dass dort irgendwelche Organismen ihr Unwesen treiben oder sich leblose Partikel eingenistet haben. Schon in früheren Studie haben sich solche Patienten häufiger als Konsumenten von Drogen oder Alkohol erwiesen, beides mögliche Ursachen für Ameisenkribbeln und ähnliche Symptome.
Forscher um Anthony Bewley vom Royal London Hospital haben jetzt in einer Pilotstudie untersucht, wie häufig Patienten mit Befallswahn tatsächlich Drogen konsumieren (CED 2016; online 9. Dezember). In einem retrospektiven Review analysierten sie die Daten von 86 konsekutiven Patienten im Alter von 23 bis 87 Jahren über drei Jahre. Routinemäßig waren die Studienteilnehmer nach eventuellem Drogenkonsum befragt worden. Außerdem waren 24 weitere Patienten zwischen 23 und 84 Jahren gebeten worden, Urinproben zur Untersuchung auf Amphetamine, Benzodiazepine, Buprenorphin, Cannabinoide, Kokainmetabolite, Methadon, Morphine und Opiate abzuliefern. Im Schnitt litten die Patienten über rund fünf Jahre an der Befallssymptomatik. Viele von ihnen waren zudem dem Alkohol zugetan (17 Prozent exzessiver, 33 Prozent moderater Konsum in der Urintest-Kohorte) und zwei Drittel litten unter psychiatrischen Komorbiditäten, insbesondere Depressionen und Angststörungen.
Bei 22 Prozent der 86 Studienteilnehmer mit Befallswahn war in den medizinischen Unterlagen Drogenkonsum dokumentiert, 19 Prozent waren aktuelle User. 18 der 24 zum Urintest gebetenen Patienten stimmten der Untersuchung zu. 33 Prozent der Drogentests erwiesen sich als positiv. Dabei war Cannabis sowohl den Patientenangaben als auch den Urintests zufolge die am häufigsten konsumierte Substanz, gefolgt von Amphetaminen. Drogenkonsumenten waren im Vergleich zu Nichtkonsumenten meist jüngeren Alters (Durchschnittsalter 45 vs. 58 Jahre).
Da nicht alle Patienten ihre Neigung zu illegalen Substanzen zugeben, empfehlen die Londoner Wissenschaftler Ärzten, die wegen eines Befallswahns konsultiert werden, ihren Patienten immer auch einen Drogentest anzubieten. Denn die Sucht stelle einen wesentlichen Teil des Befallswahns dar. Bei positivem Ausfall könne man sich dann zunächst dem Drogenentzug zuwenden.
Studienergebnisse
Bei 22 Prozent der 86 Studienteilnehmer mit Befallswahn war in den medizinischen Unterlagen Drogenkonsum dokumentiert, 19 Prozent waren aktuelle User.
18 der 24 zum Urintest gebetenen Patienten stimmten der Untersuchung zu. 33 Prozent der Drogentests erwiesen sich als positiv.
Da nicht alle Patienten ihren Drogenkonsum zugeben, empfehlen die Wissenschaftler, Patienten mit Befallswahn einen Drogentest anzubieten.