US-Studie

Hörverlust geht mit vielen Begleitkrankheiten einher

Mit dem Altern auftretender Hörverlust hat Folgen – und das nicht nur für die kognitiven Funktionen. Auch das Risiko für Gefäßerkrankungen steigt.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Nicht jeder, der ein Hörgerät benötigt, besitzt auch eines: Die Quote liegt bei unter 40 Prozent.

Nicht jeder, der ein Hörgerät benötigt, besitzt auch eines: Die Quote liegt bei unter 40 Prozent.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Frage: Mit welchen Begleitkrankheiten ist unbehandelter Hörverlust im Alter assoziiert?
  • Antwort: Nicht nur kognitive Störungen und Depressionen, auch Infarkte, Insulte, Stürze und Frakturen sind bei Patienten mit Hörverlust häufiger.
  • Bedeutung: Es ist dringend zu klären, welche Mechanismen Hörverlust und Begleitkrankheiten verbinden. Nur so lässt sich sagen, ob der Einsatz von Hörhilfen präventiv gegen diese Komorbiditäten wirkt.

BALTIMORE. Neuere Erhebungen beziffern den Anteil von Menschen mit Hörverlusten, die eine Versorgung mit Hörgeräten rechtfertigen würden, in Deutschland auf rund 12 Prozent. Doch beileibe nicht jeder, der ein Hörgerät bräuchte, besitzt auch eines; die Quote liegt unter 40 Prozent. Und wiederum nicht jeder, der ein Hörgerät besitzt, trägt es dauerhaft. Im Mittel werden die Hörhilfen neun Stunden am Tag benutzt. 6 Prozent der Besitzer nutzen sie gar nicht, 12 Prozent weniger als eine Stunde täglich.

Korrelation mit Komorbiditäten

Das könnte sich rächen, denn offenbar ist es mit dem Hörverlust allein nicht getan. Dr. Jennifer Deal von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore, Maryland, hat zusammen mit Kollegen herausgefunden, dass unbehandeltes schlechtes Gehör bei älteren Leuten mit einer Reihe von Komorbiditäten korreliert (JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2018; online 8. November). Am Alter allein kann das nicht liegen, denn nach diesem und einer ganzen Palette weiterer Einflussfaktoren hatten Deal und Mitarbeiter ihre Berechnungen abgeglichen.

In die Analyse gingen die Daten von Krankenversicherten ein, die alle über 50 waren und im Mittel die 60 bereits überschritten hatten. Für das 2-Jahres-Follow-up waren jeweils mehr als 77.000 Datensätze von Personen mit und ohne dokumentierten Hörverlust verfügbar. Die 5-Jahres-Ergebnisse beruhten auf Angaben zu jeweils mehr als 22.000, die 10-Jahres-Resultate auf den Akten von knapp 2400 Probanden. Gegen den Hörverlust waren keine Hörhilfen eingesetzt worden.

Der Vergleich der Gruppen mit und ohne Hörverlust fiel mit Blick auf Demenz und Depressionen wie zu erwarten zuungunsten der schwerhörigen Probanden aus. Die Risikosteigerungen lagen nach zwei, fünf und zehn Jahren zwischen 32 und 52 Prozent. Doch auch die Gefahr von Knochenbrüchen war höher, nach zwei Jahren Nachbeobachtung um 14 und nach fünf Jahren um 31 Prozent.

Hörverlust als Epiphänomen?

Stürze ereigneten sich in dieser Gruppe im Verlauf von zehn Jahren um knapp 29 Prozent häufiger. Die Infarktrate war nach zwei Jahren um 22 und nach zehn Jahren um 36 Prozent erhöht. Durchweg über den Raten für normal Hörende lagen auch die Risiken für Schlaganfälle, die Steigerungen betrugen 26 (zwei Jahre), 35 (fünf Jahre) und 30 Prozent (zehn Jahre).

Insgesamt waren nach zehn Jahren je 100 Personen 3,2 Fälle von Demenz, 6,9 Depressionsdiagnosen, 3,6 Stürze, 1,1 Herzinfarkte und 2,7 Zerebralinsulte dem Hörverlust zuzurechnen.

Ihrem Ansatz nach kann die Studie nicht klären, wie inzidenter, unbehandelter Hörverlust und die gefundenen Begleitkrankheiten ätiologisch zusammenhängen. Zwar scheint es nahezuliegen, den Hörverlust als potenzielle Ursache für kognitive Störungen und Depressionen zu betrachten. Blickt man auf Infarkte und Schlaganfälle, gelingt das aber nicht mehr so leicht.

Hier könnte der Hörverlust womöglich als Epiphänomen fungieren. Als eigentliche Ursache im Hintergrund kämen vaskuläre Prozesse infrage, die einerseits die Gefäße in Herz und Hirn schädigen und andererseits einen Hörverlust zur Folge haben. Und schließlich gelten vaskuläre Prozesse ja auch als Komponente, die zur Demenzentwicklung beitragen kann.

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