Hypoglykämien bleiben nachts häufig unbemerkt

WIESBADEN (hbr). Im Schlaf setzt die hormonelle Gegenregulation bei Unterzuckerung, etwa mit Adrenalin, bei niedrigeren Blutzuckerwerten ein . Zudem ist die Menge der freigesetzten Hormone reduziert. Die meisten nächtlichen Hypoglykämien werden von Patienten mit Diabetes deshalb gar nicht bemerkt.

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Solche unbemerkten Unterzuckerungen sind wahrscheinlich zehn- bis fünfzehn Mal häufiger als symptomatische Hypoglykämien. Das sagte Privatdozent Werner Kern von der Universität Lübeck bei einer Veranstaltung in Wiesbaden. Daß zu niedrige Glukosewerte so oft verschlafen werden, liegt aber nicht nur an der verringerten Aufmerksamkeit im Schlaf.

Ursache ist auch eine verspätete hormonelle Gegenregulation als Reaktion auf sinkende Blutzuckerspiegel. Zur Gegenregulationen gehört etwa die Adrenalinfreisetzung, sobald der Blutzucker auf etwa 63 mg/dl sinkt. Folgen sind autonome Warnsymptome wie Schwitzen, Zittern, Herzklopfen und Hunger. Erst dann nimmt ein Patient die Gefahr wahr und kann reagieren.

Bei Nacht ist das schwieriger. Denn im Schlaf ist die Gegenregulation reduziert, auch bei Nicht-Diabetikern. Das stellte der Diabetologe bei 15 gesunden Probanden fest: Bei künstlich herbeigeführten nächtlichen Hypoglykämien auf 45 mg / dl fiel die hormonelle Gegenregulation im Schlaf signifikant schwächer aus als im Wachzustand. Und sie verpaßte im Schlaf auch noch ihr Einsatzsignal: Im Wachzustand begann die Adrenalinfreisetzung bei 60 mg / dl, im Schlaf erst unter 50 mg / dl.

Kein Wunder, daß nächtliche Hypoglykämien so schwer bemerkt werden. "Oberhalb von 50 mg / dl passiert nichts an Gegenregulation und auch nichts an Weckreaktion", so Kern bei einem von Novo Nordisk geförderten Symposium. Die Adrenalinfreisetzung ist offenbar wichtig, um den Patienten aufzuwecken.

Und da haben Typ-1-Diabetiker anscheinend schlechte Karten, wie die Daten von 32 Studienteilnehmern belegen: Von den 16 gesunden Probanden wachten aus einer Unterzuckerung während des Schlafes immerhin zehn bei einem Wert von 40 mg / dl auf. Bei den 16 Diabetikern sah das jedoch anders aus. Zwar war bei keinem von ihnen eine Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung bekannt. Trotzdem wurde nur einer von ihnen bei einem Glukosewert von 40 mg / dl wach. Der Adrenalinanstieg war bei den Diabetikern deutlich niedriger ausgefallen als in der Kontrollgruppe.

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