Exotische Urlaubsmitbringel

Infektiöse Stechmücken im Gepäck

Chikungunya- und Dengue-Fieber sind in Deutschland noch selten - doch Reisen und Klimawandel bringen die Überträgermücken zunehmend zu uns. Wichtige Aufgabe des Arztes: Bei Verdacht auf eine Infektion einen Tropenmediziner konsultieren.

Von Nicola Siegmund-Schultze Veröffentlicht:
Aedes aegypti: Die Mücke kann das Dengue-Virus übertragen.

Aedes aegypti: Die Mücke kann das Dengue-Virus übertragen.

© tacio philip / Fotolia

HAMBURG. Die Gesundheitssysteme in Europa, auch in Deutschland, müssen zunehmend damit rechnen, Patienten mit tropischen Infektionskrankheiten zu versorgen.

"Das Spektrum der Erreger hat in den letzten Jahren zugenommen, aber auch die Häufigkeit bestimmter tropischer Infektionskrankheiten wie Dengue-, Chikungunya-Fieber oder Infektionen mit dem Zika-Virus", sagte Professor Egbert Tannich vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg beim Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin in Köln.

"Ärzte haben bei diesen insgesamt noch vergleichsweise seltenen Erkrankungen die wichtige Aufgabe, für Patienten den Weg zur richtigen Diagnose zu ebnen, zum Beispiel durch Konsultation eines Tropenmediziners."

Asiatische Tigermücken im Breisgau

Die exotischen Krankheitserreger breiten sich zunächst entlang der Hauptreiserouten aus. So haben Forscher des Bernhard-Nocht-Instituts, die in Kooperation mit anderen Instituten und Fachgesellschaften Mückenpopulationen in Deutschland erfassen, die tropischen Überträgermücken-Arten zunächst an Raststätten von Autobahnen wie der A5 nachgewiesen, einer Route, die häufig von Südeuropa aus benutzt werde, so Tannich.

Im Breisgau zum Beispiel und entlang des Oberrheins sei es im Sommer inzwischen nicht ungewöhnlich, einer Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) zu begegnen. Auch Aedes japonicus, der Japanische Buschmoskito, werde dort seit einigen Jahren regelmäßig nachgewiesen.

Die Mücken reisen im Auto mit. Wenn sich an den Raststätten die Türen öffnen, gelangen sie ins Freie und legen Eier ab, berichtete Tannich.

"Es bilden sich rasch Brutstätten in Gefäßen, die Wasser enthalten", sagte Tannich, "das können Regentonnen, aber auch kleinere Gefäße sein. Wir haben schwerpunktmäßig dort, wo Populationen exotischer Stechmücken in der Vergangenheit beobachtet wurden, ein Surveillance-System. Die Mücken-Populationen sind sessil, die Menschen berichten häufiger, von diesen Mücken gestochen worden zu sein. Wir veranlassen dann, dass die Brutstätten eliminiert werden."

Wenn allerdings an dieselben Stellen immer wieder Mücken "importiert" würden, ließen sich die Populationen nicht komplett eradizieren.

Dengue-Fieber auf dem Vormarsch

Das Dengue-Fieber , das durch Stechmücken wie A. aegypti, A. albopictus und A. scutellaris übertragen wird, kommt in mehr als 100 tropischen und subtropischen Regionen endemisch vor: in Südostasien, im Pazifik, im tropischen Afrika und in Mittelamerika inklusive der Karibik.

Auch im südlichen Teil Europas könnte künftig mit autochthonem Dengue-Fieber gerechnet werden, wie erste Fälle in Südfrankreich und Kroatien im Herbst 2010 belegen, heißt es im "Steckbrief Seltene Infektionskrankheiten" des Robert Koch-Instituts (RKI).

Wichtigstes Reservoir für das Dengue-Virus ist der Mensch. Es gibt eine Expositionsprophylaxe, aber keine Schutzimpfung für Reisende. Das Prodromalstadium ist fakultativ mit grippeartigen Beschwerden: plötzlichem Anstieg der Körpertemperatur (bis 40° C), häufig mit Schüttelfrost und starken Kopfschmerzen (besonders retroorbital).

Es folgen starke Muskel- und Gelenkbeschwerden, Konjunktivitis, eine Febris continua für 48–96 Stunden, relative Bradykardie und Hypotension.

Die Zahl der in Deutschland gemeldeten Dengue-Fieber-Erkrankungen war zwischen 2013 und 2016 ansteigend von 877 Infektionen (2013) auf 957 Erkrankungen (2016), im vergangenen Jahr wurden dem RKI 635 Erkrankungen übermittelt (siehe nachfolgende Grafik).

Die Fallzahl entsprach in manchen Jahren der von Malaria, nämlich 1,2 Fälle pro 100.000 Einwohner. Im Jahr 2016 wurden 970 Malaria-Fälle gemeldet.

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Chikungunya in Frankreich und Italien

Auch bei Chikungunya-Virus-Erkrankungen sind geschwollene und berührungsempfindliche Gelenke typische Symptome, teilweise auch makulopapulöse Exantheme oder eine generalisierte Hautrötung. Petechien können auftreten, ausgeprägte hämorrhagische Verläufe aber sind die Ausnahme.

Der erste Fall in Deutschland wurde laut RKI 2005 gemeldet. 2014 gab es 162 Erkrankungen, in 2016 waren es 74 und im vergangenen Jahr 33.

2016 waren Reisende aus Deutschland von den massiven Zika-Virus-Ausbrüchen in Ländern in Süd- und Mittelamerika betroffen. Nach den ersten beiden übermittelten Zika-Virus-Erkrankungen Ende 2015 wurden im darauf folgenden Jahr 222 Erkrankungen gemeldet. Die Anzahl der nach Deutschland importierten Zikavirus-Infektionen hängt auch in Zukunft stark von der epidemiologischen Situation in den Reiseländern und den Veränderungen von Reiseströmen ab.

Seit Mai 2016 gibt es neue Meldepflichten nach Infektions-Schutzgesetz (IfSG). Labore müssen den Nachweis von Chikungunya-Virus, Dengue-Virus, West-Nil-Virus, Zika-Virus und sonstigen Arboviren melden, wenn es Hinweise auf eine akute Infektion gibt.

Noch sei die Gefahr von Ausbrüchen in Deutschland gering. "Damit sich die Krankheitserreger in den Überträgermücken vermehren und übertragen werden können, müssen die Außentemperaturen für längere Zeit mindestens 25°C betragen, und dies ist bei uns auch im Sommer nur selten", sagte Tannich. Ausnahme sei das Chikungunya-Virus.

"Es vermehrt sich schon bei 18° C Außentemperatur", so der Tropenmediziner. Aus Italien und Frankreich seien Chikungunya-Ausbrüche bekannt. Bei steigender Besiedelung mit Aedes albopictus und fortschreitender Erwärmung sei damit auch in Deutschland zu rechnen.

Theoretisch könnten tropische Krankheitserreger, wenn sie erst einmal hier sind, auch von einheimischen Mücken wie der Gemeinen Hausmücke Culex pipiens weiterverbreitet werden, sagte Tannich: "Unter Laborbedingungen kann diese in ganz Deutschland häufige Art tropische Erreger wie das West-Nil- oder das Japan-Enzephalitis-Virus übertragen."

Allerdings sei es im Freiland hierfür in Deutschland zu kühl.

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