Neuer Wirkstoff

Influenza-Mittel soll gegen Ebola helfen

In Westafrika wütet Ebola weiter. Jetzt gibt es einen parallelen Ausbruch auch im Kongo. Die UN will ihren Einsatz massiv ausweiten. Und erstmals könnte ein neues Influenza-Mittel für die Therapie der Ebola-Patienten eingesetzt werden.

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Gefährlicher Faden: Gegen Ebola könnte ein neuer RNA-Polymerasehemmer helfen.

Gefährlicher Faden: Gegen Ebola könnte ein neuer RNA-Polymerasehemmer helfen.

© A. Gragera/Science Photo Library/dpa

NEU-ISENBURG. Ein neues Virostatikum gegen Influenza könnte womöglich im Kampf gegen den Ebola-Ausbruch in Westafrika zum Einsatz kommen. Der Wirkstoff hatte jüngst in einer deutschen Studie Erfolg versprechende Ergebnisse bei Mäusen gezeigt, die mit dem Zaire-Ebola-Stamm infiziert wurden - einem ähnlichen, der für den jetzigen Ausbruch in Westafrika verantwortlich ist.

Dort sind nach letzten Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO mindestens 1427 an den Folgen der Ebola-Viruskrankheit (EVD) gestorben. Insgesamt zählt die WHO 2615 betroffene Patienten, darunter auch zahlreiche Verdachtsfälle.

Man werde den Wirkstoff Favipiravir bereitstellen, wenn er von der WHO angefordert wird, teilte der japanische Regierungssprecher Yoshihide Suga am Montag in Tokio mit. Favipiravir, ein neuer RNA-Polymeraseinhibitor, wird von dem japanischen Hersteller Toyama produziert.

Als 200-mg-Tablette Avigan® hat er Anfang des Jahres in Japan eine Zulassung zur Behandlung einer Influenza-Infektion bei Patienten erhalten, bei denen andere Therapien nicht anschlagen oder kontraindiziert sind.

Die WHO hatte sich Mitte August angesichts des Ausmaßes der Epidemie für den Einsatz unerprobter Wirkstoffe bei Ebola-Patienten ausgesprochen. Bis heute gibt es keine in klinischen Studien getestete und zugelassene EVD-Therapie.

Derzeit prüft die UN-Organisation, welche verschiedene Therapieoptionen gegen Ebola in Westafrika zum Einsatz kommen könnten. Dazu zählen neben dem Antikörper-Präparat ZMapp? gegen drei Ebola-Virus-Glykoproteine - dessen Vorräte jedoch aufgebraucht sind - auch Blutseren von rekonvaleszenten Ebola-Patienten sowie verschiedene Impfstoffkandidaten, unter anderem Vektorvakzinen auf Basis des Vesicular Stomatitis Virus (VSV) und Adenoviren.

Guter Erfolg beim Versuch mit Mäusen

Offenbar haben einige der betroffenen afrikanischen Länder in Japan angefragt, ob sie Favipiravir zum Heilversuch ("compassionate use") erhalten können. Toyama lässt derzeit über eine Partnerfirma in den USA eine Ausnahmegenehmigung durch die Zulassungsbehörde FDA für den Einsatz bei Ebola-Patienten prüfen.

Dafür gibt es zumindest im Tierversuch vielversprechende Ansätze. Denn anders als Ribavirin scheint dieser neue RNA-Polymerasehemmer auch bei Filoviren und bei einer ganzen Reihe weiterer RNA-Viren wirksam zu sein (Antiviral Res 2009; 82: 95-102).

Erst im Mai hatten Forscher des Hamburger Bernhard-Nocht-Instituts (BNI) zahlreiche Mäuse mit Favipiravir, auch T-705 genannt, vor den Folgen einer Ebola-Infektion retten können (Antiviral Res 2014; 105: 17-21). Alle Tiere, die bis zum sechsten Tag nach der Infektion mit dem Wirkstoff behandelt wurden, überlebten und entwickelten in der Folge schützende Antikörper - während in der Placebogruppe sämtliche Tiere starben.

Das therapeutische Fenster lag in der Tierversuchsstudie nach Angaben der Forscher zwei bis vier Tage vor dem Tod unbehandelter Mäuse. Das könnte darauf hindeuten, dass für den Einsatz beim Menschen womöglich auch noch ein späterer Therapiebeginn wirksam sein kann.

Schlicht, man weiß es nicht, weil es bislang keine Testreihen beim Menschen gab. Anders als bei anderen jetzt eingesetzten experimentellen Ebola-Therapien hat Favipiravir jedoch den Vorteil, dass er in klinischen Studien bereits auf seine Sicherheit hin getestet wurde. Derzeit laufen noch weitere Phase-III-Studien dazu.

Derweil wurden auch aus dem Kongo Ebola-Fälle gemeldet. Bei zwei Patienten in der Provinz Équateur sei die Virusinfektion nachgewiesen worden, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. In den vergangenen Wochen sind dort fast 80 Menschen gestorben. Die Region wurde unter Quarantäne gestellt. Zunächst war die Rede von einer hämorrhagischen Gastroenteritis bisher unbekannter Genese.

Ein Einsatz von ZMapp™ fehlgeschlagen

Der Ebola-Ausbruch im Kongo muss aber nicht zwingend mit dem in Westafrika in Verbindung stehen. Tatsächlich sollen Medienberichten zufolge erste Analysen darauf hindeuten, dass es Unterschiede zwischen den Virusstämmen gibt. Im Kongo (früher Zaire) wurde Ebola 1976 das erste Mal nachgewiesen. Seither gab es dort immer wieder Ausbrüche.

In London wird seit Montag der erste britische Ebola-Patient behandelt. Der Krankenpfleger hatte sich bei einem Hilfseinsatz in Sierra Leone infiziert. Er war Sonntagnacht mit einem speziellen Flugzeug der Royal Air Force ausgeflogen worden und wird nun in der Seuchenabteilung des Londoner Royal Free Hospital behandelt. In Deutschland gibt es acht solche spezialisierten Behandlungszentren.

Auch ein infizierter WHO-Mitarbeiter könnte womöglich zur Behandlung aus Westafrika ausgeflogen werden. Auch er hat sich beim Hilfseinsatz in Sierra Leone infiziert. Seit Beginn des Ausbruchs sind bereits Dutzende Ärzte und Hilfskräfte der Viruskrankheit zum Opfer gefallen.

Ein Heilversuch mit dem Antikörper-Mix ZMapp? konnte zudem einen infizierten Helfer in Liberia nicht mehr retten. Er starb trotz der Therapie am Sonntag. Zuvor waren zwei Erkrankte aus den USA damit behandelt worden und in Atlanta genesen.

Allerdings ist unklar, ob das Präparat die Heilung hervorgerufen hat. Ebola hat bei dem jetzigen Ausbruch eine Letalität von rund 60 Prozent, was bedeutet, dass allein durch eine adäquate intensivmedizinische und supportive Therapie vier von zehn Erkrankten überleben. (nös)

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