Homöopathie

Kann eine nicht wirksame Heilmethode so erfolgreich sein?

Kürzlich veröffentlichte die "Ärzte Zeitung" einen Beitrag des Wissenschaftlers Norbert Schmacke, der sich kritisch mit der Homöopathie auseinandersetzt. Die Vorsitzende des Zentralverbandes homöopathischer Ärzte schreibt dazu:

Von Cornelia Bajic Veröffentlicht:
Homöopathie: Humbug oder Heilmittel? Daran scheiden sich die Geister.

Homöopathie: Humbug oder Heilmittel? Daran scheiden sich die Geister.

© Wolfgang Filser / panthermedia.net

Die ärztliche Homöopathie boomt, in Deutschland genau so wie in über 80 Ländern weltweit. In Deutschland übernehmen aktuell rund zwei Drittel aller gesetzlichen Krankenkassen die Behandlungskosten für ärztliche Homöopathie komplett, in der Schweiz ist die Homöopathie jüngst als gleichberechtigte Kassenleistung zur konventionellen Medizin eingeführt worden, – und Indien hat einen für Homöopathie zuständigen Minister.

Kann eine Heilmethode so erfolgreich sein, ohne dass sie eine signifikante Wirksamkeit aufweist?

Ein Netzwerk zur Homöopathie forschender Wissenschaftler und Ärzte, die Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie (WissHom), hat Ende Mai dieses Jahres einen Forschungsbericht mit dem Titel "Der aktuelle Stand der Forschung zur Homöopathie" veröffentlicht.

Er fasst die Ergebnisse aus 300 klinischen Studien und etwa 1800 Experimenten aus der Grundlagenforschung sowie alle bisher durchgeführten Meta-Analysen zur Homöopathie zusammen (Download: www.homoeopathie-online.info ).

Wirksamkeit unter Praxisbedingungen belegt

Das Fazit der WissHom lautet: "Eine zusammenfassende Betrachtung klinischer Forschungsdaten belegt hinreichend einen therapeutischen Nutzen (effectiveness) der homöopathischen Behandlung. Die Ergebnisse zahlreicher placebokontrollierter Studien sowie Experimente aus der Grundlagenforschung sprechen darüber hinaus für eine spezifische Wirkung (efficacy) potenzierter Arzneimittel."

Laut WissHom gebe es eine Vielzahl von positiven randomisierten klinischen Studien, die eine Überlegenheit der Homöopathie gegenüber Placebo zeigten, "auch wenn nur die methodisch hochwertigen placebokontrollierten Studien zur individualisierten Homöopathie herausgegriffen werden, zeigt sich ein positives Ergebnis".

Unter Medizinforschern gilt die Cochrane Collaboration als "Gralshüterin" der evidenzbasierten Medizin, und positive Studien nach Cochrane Kriterien gelten als Meilenstein.

Dazu stellt WissHom fest: "Die neueste Metaanalyse von Mathie (2014) zeigt auch nach Cochrane Kriterien ein positives Ergebnis für individualisierte Homöopathie." Im Forschungsbericht der WissHom werden sämtliche Primärquellen aufgelistet, die zu großen Teilen bereits online einsehbar sind.

Insbesondere die Wirksamkeit der Homöopathie unter alltäglichen Praxisbedingungen, die in der Versorgungsforschung untersucht wird, ist gut dokumentiert.

Dr. med. Michael Teut von der Berliner Charité, der die Ergebnisse aus der Versorgungsforschung untersucht hat, kommt zu dem Ergebnis: "Die Studien aus der Versorgungsforschung zeigen in der Summe ein relativ einheitliches Bild: Bei Patienten, die sich homöopathisch behandeln lassen, treten im klinischen Alltag relevante Verbesserungen auf, ähnlich stark ausgeprägt wie in der konventionellen Therapie, allerdings mit weniger Nebenwirkungen."

Die Homöopathie ist ein heiß umstrittenes Thema, und es gibt sicherlich keine positive Studie zur Homöopathie, die nicht auf irgendeiner Website als unseriös dargestellt wird. Wissenschaftlich relevant ist das allerdings nicht, da ein wissenschaftlicher Diskurs anders funktioniert: Das übliche Vorgehen bei wissenschaftlichen Bedenken ist, dass zunächst die Autoren der entsprechenden Arbeit direkt mit entsprechend begründeten Hinweisen konfrontiert werden.

Prominente seriöse Fürsprecher

Spätestens, wenn von den Autoren keine zufriedenstellende Antwort kommt, wird die wissenschaftliche Zeitschrift kontaktiert und um Klärung des Sachverhaltes gebeten. Bei begründeten Hinweisen auf schwerwiegende methodische Fehler oder ein wissenschaftliches Fehlverhalten wird der entsprechende Artikel zurückgezogen. - Das war bei keiner der von WissHom zitierten Arbeiten der Fall.

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, weshalb sich Politiker dem Potenzial der Homöopathie zuwenden.

So setzt sich beispielsweise Professor Dagmar Schipanski als Schirmherrin der Stiftung des DZVhÄ für die Förderung der Homöopathie-Forschung ein, sie ist ehemalige Vorsitzende des Wissenschaftsrats und ist CDU-Präsidiumsmitglied. Sie hat nicht nur als Wissenschaftlerin gearbeitet, sondern auch jahrzehntelang Leitungspositionen in der Wissenschaftspolitik bekleidet.

Sie sagt: "Die Medizin ist ein sehr weit gefächertes Gebiet, und ich finde es wichtig, dass komplementäre Methoden gepflegt und weiterentwickelt werden", so Schipanski, "eine Heilkunde wie die Homöopathie, die sich über Jahrhunderte gehalten hat und deren Wirksamkeit nachgewiesen ist, muss auch in der heutigen Zeit ihren Wert haben". Deshalb müsse sie laut Schipanski gleichberechtigt mit der konventionellen Medizin in Forschungsprogramme aufgenommen werden.

Die Autorin ist 1. Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte

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Kommentare
Björn Bendig M.A. 03.08.201615:19 Uhr

Kann nicht sein, was nicht sein darf?

@Berndt
Sie gehen weder auf den Physiker Herrn Baumgartner noch auf die positive Wirksamkeit der Homöopathie unter alltäglichen Praxisbedingungen (Versorgungsforschung) oder den Ergebnissen von Prof. Robert G. Hahn ein. - Und verweisen dagegen auf Fragen des "Weltbildes". Ganz nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Homöopathie wird je nach individuellem Fall von Ärzten alternativ, komplementär oder auch gar nicht eingesetzt. Zum Wohle des Patienten und sehr erfolgreich, wie dokumentiert ist.

„Medizin ist keine Naturwissenschaft, sondern eine Erfahrungswissenschaft, die sich auch wissenschaftlicher Erkenntnisse aus anderen Fachgebieten bedient“, betonte Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe während seiner zwölf Jahre langen Tätigkeit als Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), die 2011 endete. Mit „Erfahrungswissenschaft“ ist jedoch mitnichten eine „anekdotische“ Beweisführung in der Medizin gemeint – sondern die empirische Wissenschaft, die durch Experimente, Beobachtungen oder Befragungen Erkenntnisse bereitstellt. Bereits seit 1975 war Hoppe Mitglied des BÄK-Vorstands, er gründete das „Dialogforum Pluralismus in der Medizin“, das die vorurteilsfreie Zusammenarbeit von konventionellen und komplementären Methoden in der Medizin fördert.
Nach der „Charta der medizinischen Professionalität“ orientiert sich die Arztprofession an drei Zielprinzipien: „dem Wohl des Patienten, der Patientenautonomie und der medizinisch-sozialen Gerechtigkeit“ (Dtsch. Ärzteblatt 2010; 107(12): A-548 / B-477 / C-469). Eine besondere Verpflichtung des Arztes, Medizin ausschließlich als Teil der Naturwissenschaft zu betrachten, gehört nicht zur medizinischen Professionalität. Wohl aber: „keine polemisch überzogenen Äußerungen gegenüber therapeutischen Alternativen“ (Ebd.) zu machen.

Wie wäre es mit ein wenig mehr "Hoppe" für Ihr Weltbild?

Hier noch einige Primärquellen zur Homöopathieforschung:
Literaturempfehlungen (RCTs, individuelle Homöopathie)
1) Bonne O, Shemer Y, Gorali Y, Katz M, Shalev AY. A randomized, double-blind, placebo-controlled study of classical homeopathy in generalized anxiety disorder. J Clin Psychiatr. 2003; 64:282–287.
2) Chapman EH, Weintraub RJ, Milburn MA, Pirozzi TO, Woo E. Homeopathic treatment of mild traumatic brain injury: a randomized, double-blind, placebo-controlled clinical trial. J Head Trauma Rehabil. 1999; 14:521–542.
3) Frass M, Linkesch M, Banyai S, Resch G, Dielacher C, Löbl T, Endler C, Haidvogl M, Muchitsch I, Schuster E. et al. Adjunctive homeopathic treatment in patients with severe sepsis: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial in an intensive care unit. Homeopathy. 2005; Apr; 94:75–80.
4) Frei H, Everts R, von Ammon K, et al. Homeopathic treatment of children with attention deficit hyperactivity disorder: a randomized, double blind, placebo controlled crossover trial. Eur J Pediatr. 2005; 164:758–767.
5) Jacobs J, Jimenez LM, Gloyds SS, Casares FE, Gaitan MP, Crothers D. Homoeopathic treatment of acute childhood diarrhoea. A randomized clinical trial in Nicaragua. Br Homoeopath J. 1993; 82:83–86.
6) Jacobs J, Jimenez LM, Gloyds SS, Gale JL, Crothers D. Treatment of acute childhood diarrhea with homeopathic medicine; a randomized clinical trial in Nicaragua. Pediatrics. 1994; 93:719–725.
7) Jacobs J, Jimenez LM, Malthouse S, et al. Homeopathic treatment of acute childhood diarrhoea: results from a clinical trial in Nepal. J Altern Complement Med. 2000; 6:131–139.
8) Lökken P, Straumsheim PA, Tveiten D, Skjelbred P, Borchgrevink CF. Effect of homoeopathy on pain and other events after acute trauma: placebo controlled trial with bilateral oral surgery. BMJ. 1995; 310:1439–42.
9) Whitmarsh TE, Coleston-Shields DM, Steiner TJ. Double-blind randomized placebo-controlled study of homoeopathic prophylaxis of migraine. Cephalalgia. 1997; 17:600–604.


Edmund Berndt 03.08.201615:14 Uhr

Aberglaube Homöopathie - Keine echte Wirkung aber viele Theorien

Über den Wirkungsmechanismus der Homöopathie kursieren viele wilde und unplausible Erklärungen, die im fundamentalen Widerspruch zum gesamten naturwissenschaftlichen Kenntnisstand einschließlich der Medizin und/oder der Biologie stehen. Der Nachweis einer spezifischen Wirkung auf der Grundlage des Simile-Prinzips und des Potenzierens ist bis heute nicht gelungen und ist auch nicht zu erwarten. Fakt ist daher, dass über den Wirkungsmechanismus einer nicht bewiesenen spezifischen Wirkung diskutiert wird.

Die überzeugten Anhänger der Homöopathie glauben jedoch an die spezifische und daher kausale Wirkung. Sie lassen sich eine kausale Wirkung nicht wegerklären, weil sie die Wirksamkeit der Homöopathie persönlich erlebt bzw. beobachtet haben. Für sie gilt nur dieses persönliche und subjektive Erlebnis.

Sie glauben, dass es keine unspezifische Wirkung, wie sie allen Therapien und Medikamenten positiv oder negativ zukommt, so man sich mit der mit der Homöopathie kritisch auseinandersetzt, unter homöopathischer Behandlung gibt. Wenn unter homöopathischer Therapie eine Wirkung beobachtet wird, dann muss es eine spezifische Wirkung der Homöopathie sein. Dass neben der homöopathischen Behandlung und Einnahme homöopathischer Medikamente vor allem der Hochpotenzen, auch andere Faktoren Einfluss haben müssen, wird praktisch ausgeschlossen. Diskussionen über die Homöopathie und die Anwendungen für Homöopathie werden damit zwangsläufig pseudowissenschaftlich und paradox.

Die Homöopathie wirkt, aber nur scheinbar spezifisch. Das heißt, dass Effekte und Wirkungen beobachtbar und messbar sind und auch von den Betroffenen erlebt werden. Die Wirkung ist keine Einbildung, aber es ist keine kausale spezifische Wirkung. Und es gibt viele verschiedene höchst subjektive, psychologische und wahrnehmungstechnische Gründe, warum die Homöopathie Patienten, ihren Anhängern und auch Ärzten etc. als kausal wirksam erscheint. Grundlage dafür sind, die unspezifischen allen Therapien und Mitteln eigenen Placeboeffekte u. -wirkungen. Die Homöopathen verwechseln dieses quasi therapeutische Hintergrundrauschen mit spezifischer Wirkung. Mit unerschütterlicher Erwartungshaltung und der daraus resultierenden selektiven Wahrnehmung wirkt seit mehr als 200 Jahren die Homöopathie immer wieder neu. Der Glaube blendet widersprüchliche Wahrnehmungen aus. Homöopathie wird sicher mit mehr Überzeugung angewendet und verteidigt als konventionelle Behandlungen.

Mit dem Phänomen der Placebowirkung lassen sich die Wirkungen der Homöopathie absolut hinreichend erklären. Prinzipiell ist ein „Placebo“, man muss sich das immer wieder vergegenwärtigen, nicht unwirksam. Die Effekte der Placebowirkung und ihres Gegenspielers der Nocebowirkung sind objektiv nachweisbar. Placebowirkungen bzw. Nocebowirkungen sind keine Einbildung der Betroffenen, aber die Wirkung hängt davon ab, ob die Umstände positiv oder negativ wahrgenommen werden. Zahlreiche weitere Faktoren, die eine scheinbare Heilwirkung nahelegen können, ergänzen das Szenario. Es sind das z.B. die Selbstheilung nach einer gewissen Zeit, das gesundheitliche Auf und Ab bei chronischen Erkrankungen, eine falsche Diagnose einer schweren Erkrankung, echte unerklärliche Spontanheilungen und vieles mehr.

Alle Organismen haben je nach ihrem Aufbau in betroffenen Strukturen die Fähigkeit, sprich Mechanismen, sich zu regenerieren und nach Verletzungen, Erkrankungen etc. wieder zu gesunden. Aber es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass es nicht „die“ Heilkraft gibt, die auf Anforderung im Körper herumreist und Heilung bewerkstelligt. Diese Vorstellung hatte man einst. Das war die geistartige Heilkraft, nach der Jahrtausende lang gesucht wurde. Grundsätzlich lässt sich sagen: Das Wunder der Homöopathie tritt umso öfter auf, je banaler die Erkrankung ist.

Edmund Berndt 03.08.201613:23 Uhr

@Björn Bendig

Niemand haßt irgend jemand. Sie bringen die Emotion ins Spiel. Und bitte spielen Sie nicht den Beleidigten. Die Kritiker und Skeptiker können nichts dafür, wenn die Homöopathen - und nicht irgendwelche dahergelaufenen selbsternannten Homöopathen sondern die führenden Vertreter der namhaftesten Homöopathieorganisationen - einfach immer wieder schlechte Arbeiten als Belege zitieren.

Ute Parsch hat das wohl in ihrem Beitrag ohne jede persönlichen Untergriff gemacht. Sie wollen doch nicht die klaren Ausführungen einfach damit abtun, dass diese aus Hass erfolgt sind, oder?

Fakt ist, sie haben gegen diese Argumente nichts in der Hand.
Hätten Sie etwas greifbares in der Hand, dann hätten Sie es doch vorgebracht.

Sie müssen sich vor Augen halten, dass z. B. Ute Parsch und andere die immer wieder zitierten Arbeiten nicht das erste mal zerpflücken. Und bitte dahinter steckt ehrliche Arbeit , die von keiner Firma oder anderen Interessengruppen gesponsert wird.

Ich weiß, dass es sehr schwer ist , ein falsches Weltbild, und sei es auch noch so falsch, aufzugeben . Nur es ist halt einfacher, wie die Psychologen meinen, ein solches zu verteidigen. Und das tun Sie.

Und nochmals zum Abschluss in ihr Stammbuch: Wenn die Homöopathie kausal, stofflich bedingt wirkt, muss nicht irgend eine marginale naturwissenschaftliche Erkenntnis korrigiert werden, sondern das gesamte naturwissenschaftliche Gebäude ist grundlegend total falsch, außer sie nehmen an, dass es "Wunder" wie in der Religion auch in der Homöopathie gibt. Denken Sie mal darüber nach, was das bedeutet .

Björn Bendig M.A. 03.08.201612:38 Uhr

Die gängigen Stereotypen

Es ist frappierend. Werden positive RCTs zur Homöopathie veröffentlicht, heißt es "dass viele Arbeiten zur Homöopathie in recht zweifelhaften Blättchen erscheinen". Stellt die Versorgunsforschung unmissverständlich fest, dass die Homöopathie in der ärztlichen Praxis ähnlich gute Ergebnisse erzielt wie die konventionelle Medizin, wird versucht, diese Ergebnisse vom Tisch zu fegen - und damit die Perspektive der Patienten gleich mit. Wissenschaftler, Fachpublikationen, Ärzte und nicht zuletzt Patienten werden diskreditiert. Und obwohl die Datenlage in der Forschung mindestens dafür spricht, dass mehr Forschung zur Homöopathie nötig ist, fordern Kritiker mittlerweile ein "Forschungsverbot". - Wer hat Angst vor Homöopathie?
Und zum immer wieder angeführten Argument, Hochpotenzen könnten doch gar keine Wirksamkeit entfalten: Viele Experimente in der Grundlagenforschung, die beispielsweise die Wirkung von Hochpotenzen auf Pflanzen untersuchten, zeigen, dass Hochpotenzen unterschiedliche Effekte auslösen. Der Schweizer Physiker Stefan Baumgartner vom Institut für Integrative Medizin (IfIM) der Universität Witten/Herdecke, der selbst aktiv zum Thema forscht, fasst die Situation so zusammen: „In der Grundlagenforschung finden sich viele qualitativ hochwertige Studien, die spezifische Wirkungen auch für Hochpotenzen beobachten, darunter auch unabhängig replizierte experimentelle Modelle“, erklärt Baumgartner, „unter den mehr als 1.000 fachwissenschaftlichen Publikationen gibt es eine beträchtliche Anzahl von qualitativ hochwertigen Studien, welche eine empirische Evidenz für eine spezifische Wirksamkeit auch hochverdünnter potenzierter Arzneien beobachteten. Ebenso gibt es mehrere experimentelle Modelle, mittels welcher in unabhängiger Replikation signifikante spezifische Effekte potenzierter Präparate festgestellt wurden“.
Ausgesprochen hilfreich ist im Kontext der Homöopathieforschung auch die Arbeit von Prof. Robert G. Hahn mit dem Titel „Homeopathy: Meta-analysis of pooled clinical data“ (Band 20 ( 5), 2013; 376-381). Hahn ist ausgewiesener Forscher und Professor für Anästhesie und Intensivmedizin an der Universität von Linköping und Verfasser einiger hunderter wissenschaftlicher Arbeiten im Bereich der Anästhesie und Intensivmedizin, außerdem wurde er ausgezeichnet durch mehrere Forschungspreise. Und: – Er hatte bislang rein gar nichts mit Homöopathie zu tun. Motiviert durch eine Auseinandersetzung um die wissenschaftliche Beurteilung der Homöopathie im Internet, hat Hahn die bisherigen Meta-Analysen zur Homöopathie kritisch geprüft. Er kommt zu dem Ergebnis, dass einige „Meta-Analysen zur Homöopathie negativ sind, weil 90 Prozent der Daten ausgeschlossen werden“. Und tatsächlich wurden beispielsweise bei Shang et al. (2005) insgesamt 110 Studien in die Metaanalyse eingeschlossen – am Ende wurden jedoch nur acht Studien ausgewertet, OHNE die Kriterien zur Studienauswahl transparent zu machen.
Verwender der Homöopathie sind laut Demoskopie gut gebildet und weit verbreitet. So zeigt beispielsweise eine repräsentative Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2014, dass bereits 60 Prozent der Bevölkerung homöopathische Arzneimittel verwendet haben, dass „fast neun von zehn Verwendern von positiven Heilerfahrungen berichten“, und dass der Kreis derer, die „einschränkungslos von positiven Heilerfahrungen berichten“, deutlich gewachsen ist: von 24 Prozent (2009) auf 29 Prozent (2014).
Und das sagt der Bertelsmann Gesundheitsmonitor: Nach eigenen Angaben besserten sich unter ärztlicher Homöopathie bei mehr als 80 Prozent der Patienten mit akuten und chronischen Erkrankungen das Allgemeinbefinden und die seelische Verfassung. – Am deutlichsten gingen jedoch die körperlichen Beschwerden zurück (85 Prozent). 1000 Patienten homöopathischer Ärzte wurden befragt, rund die Hälfte war chronisch erkrankt. Als häufigsten Grund für das Aufsuchen des homöopathischen Arztes nannten Sie: "Weil and

Jürgen Clausen 02.08.201617:51 Uhr

Meta-Analyse von 2014 belegt NICHT den therapeutischen Nutzen der individuellen Homöopathie

"Dazu stellt WissHom fest: "Die neueste Metaanalyse von Mathie (2014) zeigt auch nach Cochrane Kriterien ein positives Ergebnis für individualisierte Homöopathie.""

Es ist zu einseitig zu behaupten, dass die Metaanalyse von Mathie et al. 2014 ein positives Ergebnis zeigt.
Diese Metaanalyse zeigt als erstes einmal, dass es nur wenige Studien gibt, die von besserer Qualität sind. Keine Studie hatte in allen Cochrane-Kategorien ein niedriges Verzerrungsrisiko.
Außerdem wurde die klinische Relevanz GAR NICHT bewertet - das war nicht das Ziel der Studie. Es wurde lediglich geschaut, ob es INDIKATIONSÜBERGREIFEND signifikante Unterschiede zwischen Placebo und Homöopathie gibt. Die Meta-Analyse untersucht also nicht, ob Homöopathie therapeutisch einen Sinn ergibt!

Von den methodisch besseren Studien wurden drei Studien nach festgelegten Kriterien nachträglich als „zuverlässige Studien“ (also Studien höherer Qualität) klassifiziert. Für die drei Studien höherer Qualität ergab sich zusammen in der Meta-Analyse (INDIKATIONSÜBERGREIFEND) ein statistisch-signifikant positives Quotenverhältnis für die Homöopathie von 1.98 (KI 1.16 – 3,38). Keine dieser drei Studien höherer Qualität hatte aber für sich allein ein signifikant besseres Quotenverhältnis (unteren Grenze des KI > 1) im Vergleich zu Placebo.

In der Gesamtschau hatten zwei Studien einen statistisch signifikanten Effekt zugunsten der Homöopathiebehandlung, waren aber mit einem großen Konfidenzintervall (KI) belastet. Eine weitere Studie (ebenfalls mit einem größeren Konfidenzintervall) lieferte ein Quotenverhältnis von genau 1. Die übrigen 19 Studien lieferten keine signifikanten Unterschiede.
Die globale Meta-Analyse über alle 22 Studien ergab dann zwar ein statistisch-signifikantes, positives Quotenverhältnis von 1.53 (KI 1.22 – 1.99) zugunsten der Homöopathie; aber unter Zusammenfassung der „zuverlässigen“ Studien, der Studien von „unklarer“ Qualität und solchen mit einem hohen Risiko für eine Ergebnisverzerrung!!!
Die Meta-Analyse liefert also keine sicheren Hinweise dafür, dass eine Behandlung nach Methode der klassischen Homöopathie bei einer bestimmten Indikation bessere Resultate liefert als Placebo. Sie deutet lediglich an, dass die individuelle homöopathische Therapie möglicherweise ungleich Placebo sein könnte.

Diese Metanalyse kann jedenfalls nicht von WissHom dazu genutzt werden, um die Wirksamkeit der Homöopathie zu belegen.

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