Mers in Südkorea
Quarantäne und Schulschließungen
In Südkorea erkranken immer mehr Menschen am Middle East Respiratory Sydrome (Mers). Das Land versucht jetzt mit allen Mitteln, die Ausbreitung zu stoppen. Die WHO warnt: Der erste Ausbruch außerhalb des Nahen Ostens ist eine neue Entwicklung.
Veröffentlicht:SEOUL. Südkorea hat wegen des Mers-Ausbruchs mehr als 1300 Menschen unter Quarantäne gestellt. Mehr als 500 Schulen sind außerdem geschlossen, damit die schwere Atemwegserkrankung sich nicht weiter ausbreitet.
Am Mittwoch kündigte die Regierung nach einer Dringlichkeitssitzung unter Vorsitz von Präsidentin Park Geun Hye außerdem eine Sondereinheit von Beamten, Ärzten und Gesundheitsexperten an.
Sie soll das Vorgehen gegen das Mers-Virus besser koordinieren. Die Zahl der bestätigen Ansteckungsfälle stieg seit Dienstag von 25 auf 30.
Zwei Todesfälle in Südkorea
Auch in China wird ein an dem Mers-Virus (Mers-CoV) erkrankter Mann, der Sohn eines südkoreanischen Patienten, behandelt. Typische Symptome sind Fieber, Lungenentzündung und Nierenversagen.
Der Patient war in der Provinz Guangdong unterwegs, teilte das Regionalbüro der WHO in Peking mit. Er werde jetzt auf einer Isolierstation behandelt.
In Südkorea hatten die Behörden am Dienstag die ersten beiden Todesfälle des Landes infolge von Mers bekanntgegeben. Es handelte sich dabei um eine 58-jährige Frau und einen 71 Jahre alten Mann, die beide Vorerkrankungen hatten.
Angesichts der Reihe von Kliniken, die sich um den ersten dokumentierten Mers-Patienten im Land gekümmert hätten, "können weitere Fälle erwartet werden". "Ein solch großer Ausbruch außerhalb des Nahen Ostens ist eine neue Entwicklung", heißt es weiter.
Viren mit erhöhter Kontagiosität
Das Mers-Virus wurde erstmals 2012 in Saudi-Arabien nachgewiesen. Der Erreger wurde nach bisheriger Erkenntnis seit vielen Jahren unerkannt von Kamelen auf Menschen übertragen. Er gehört zu den Coronaviren, zu denen viele Erkältungsviren und auch der Sars-Erreger zählen.
Viren dieser Gruppe können sich genetisch rasch verändern und so an veränderte Bedingungen anpassen - etwa an den Menschen statt eines Kamels als Wirt. Experten warnen daher, Behörden weltweit sollten sich vorsichtshalber darauf vorbereiten, dass ein Mers-Virus mit weit höherer Ansteckungsrate eine Pandemie zur Folge haben könnte.
Die Südkoreaner sind auch deshalb beunruhigt, weil unter den jüngsten Fällen Kranke sind, die keinen direkten Kontakt zum ersten Patienten gehabt hatten.
Die meisten Infektionen wurden bisher mit dem 68 Jahre alten Mann in Verbindung gebracht, bei dem im Mai zum ersten Mal in Südkorea das Virus nachgewiesen wurde.
Er war zuvor von einer Nahost-Reise zurückgekehrt. Nach WHO-Angaben gibt es in dem Land inzwischen die ersten Tertiär-Infektionen, das heißt Betroffene haben sich nicht bei dem Indexpationenten angesteckt.
Viele Südkoreaner versuchen sich jetzt mit Mundmasken vor einer Ansteckung zu schützen. Die WHO empfiehlt in Kliniken Maßnahmen gegen Tröpfcheninfektionen beim Umgang von Patienten mit ansteckenden Atemwegserkrankungen.
Warnung vor "übermäßiger Beunruhigung"
Drei Ärzte bei dem Treffen mit der Präsidentin hätten jedoch vor "übermäßiger Beunruhigung" gewarnt, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap. 25 der 30 Patienten hätten sich in ein und demselben Krankenhaus mit dem Virus infiziert.
Die Staatschefin hatte am Montag die Behörden getadelt, "dass die erste Reaktion auf Mers unzureichend war". Einheimische Medien hatten kritisiert, dass die Informationsweitergabe zu Mers anfangs mangelhaft gewesen sei.
Bis zum späten Mittwochnachmittag hätten sich weit über 500 Schulen zu einer vorsorglichen Schließung entschieden, sagte ein Sprecher des Erziehungsministeriums. Die meisten davon befinden sich in der nördlichen Provinz Kyonggi, in der der erste Mers-Fall gemeldet worden war. Viele Schulen wollten den Unterricht vorerst bis zum Freitag nicht mehr aufnehmen, hieß es.
Nach Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten ist Südkorea nach den Zahlen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) das Land mit den meisten bestätigten Mers-Fällen.
Bis Ende Mai 2015 wurden nach ECDC-Daten weltweit 1172 Mers-Fälle gemeldet, darunter 479 Todesopfer. (dpa)