Review

Schwangerschaft und Koffein: verträgt sich das?

Eine Analyse vorhandener Daten legt nahe, dass sich Koffeinzufuhr während der Schwangerschaft ausgesprochen negativ für das Kind auswirken kann. Signifikante Zusammenhänge zwischen Dosis und Wirkung deuten auf Kausalität hin, und eine untere Schwelle für das zu erwartende Risiko ist bislang nicht feststellbar.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Der heiß geliebte Kaffee: Sollte er für werdende Mütter besser tabu sein?

Der heiß geliebte Kaffee: Sollte er für werdende Mütter besser tabu sein?

© Eva - stock.adobe.com

Reykjavik. Die meisten Frauen genießen auch während der Schwangerschaft ihren täglichen Kaffee. Bislang geht man trotz einzelner Bedenken davon aus, dass eine moderate Koffeinzufuhr auch in dieser Zeit kein Problem ist. Bis zu 200 mg Koffein oder bis zu zwei Tassen Kaffee pro Tag werden von mehreren Fachgesellschaften für Schwangere nach wie vor als unbedenklich eingestuft.

Doch die Ergebnisse eines Reviews von Jack James von der Universität Reykjavik (BMJ Evidence-Based Medicine 2020; online 25. August) könnten jetzt zu einem Umdenken führen. Denn in 32 der 37 Beobachtungsstudien, die James für seine Analyse herangezogen hat, wurde, mit Ausnahme der Frühgeburt, ein ungünstiger Effekt des Koffeins auf die untersuchten Schwangerschaftsrisiken festgestellt.

Fünf Risiko-Aspekte in der Schwangerschaft untersucht

Fehlgeburten: In acht von neun Beobachtungsstudien ergab sich ein signifikanter Einfluss des Koffeingenusses der Mutter auf das Risiko einer Fehlgeburt. Dies bestätigen auch die vier Metaanalysen, in denen eine Risikosteigerung von 32 Prozent bis 36 Prozent ermittelt wurde. Darüber hinaus ergab sich ein Zusammenhang zwischen der Dosis und dem Risiko einer Fehlgeburt (Risikoerhöhung 7 bis 14 Prozent/100 mg Koffein/Tag und 19 Prozent/150 mg).

Totgeburten: Auch die vorliegenden Daten zu Totgeburten im Zusammenhang mit dem Koffeinkonsum sind weitgehend konsistent: In vier von fünf Beobachtungsstudien stieg das Risiko bei Frauen mit hohem Koffeinkonsum in der adjustierten Analyse um das Zwei- bis Fünffache. In den beiden Metaanalysen war das Risiko für eine Totgeburt um 9 Prozent beziehungsweise 19 Prozent/100 mg Koffein/Tag erhöht.

Niedriges Geburtsgewicht / geringe Größe: Ein Zusammenhang zwischen Geburtsgewicht sowie -größe und Koffeinkonsum wurde in 13 Beobachtungsstudien geprüft. Sieben der zehn Studien, die sich mit dem Gewicht befasst, und sieben von neun, die den Einfluss auf die Körpergröße untersucht haben, konnten den negativen Effekt bestätigen. Zu diesem Ergebnis kamen auch alle fünf Metaanalysen: Hier zeigten sich Dosis-WirkungsEffekte mit einer Risikoerhöhung von 10 bis 24 Prozent/100 mg Koffein beziehungsweise zwischen 16 Prozent und 18 Prozent bei moderatem und von 57 Prozent bei hohem Konsum.

Akute Leukämie beim Kind: In drei von sechs Studien ließen sich signifikante Zusammenhänge zwischen Koffeinkonsum und der Diagnose einer akuten Leukämie erkennen. In zwei weiteren Studien ergab sich ein Effekt bei Nichtraucherinnen mit relativ hohem Koffeinkonsum, die sechste Studie kam zu keinem klaren Ergebnis. Allerdings weisen die drei Metaanalysen übereinstimmend auf einen Zusammenhang hin. Hier wurden für die ALL beispielsweise Risikoerhöhungen von 65 Prozent beziehungsweise 43 Prozent und für die AML von 58 Prozent beziehungsweise um das 2,5-Fache errechnet.

Übergewicht und Adipositas: In vier von fünf Beobachtungsstudien zu Übergewicht und Adipositas bei Kindern ergab sich ein Zusammenhang mit dem mütterlichen Koffeinkonsum. Eine Untersuchung ließ im Vergleich mit Schwangeren, die auf Koffein verzichteten, ein 2,4-faches Adipositasrisiko der Kinder im Alter von fünf Jahren erkennen, wenn die Schwangeren 150 mg Koffein oder mehr pro Tag konsumiert hatten.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutzimpfung: Jüngere Risikogruppen nicht vergessen

© Springer Medizin Verlag

Intens. Video-Podcast

Grippeschutzimpfung: Jüngere Risikogruppen nicht vergessen

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Mann mit Pflaster auf Oberarm gibt Daumen-hoch-Zeichen

© U_Photo / Shutterstock

Impflücken bei Chronikern

Senkung von Morbidität und Mortalität durch bessere Vorsorge

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Pflanzenzweige in Reagenzgläsern

© chokniti | Adobe Stock

PMS? Phytotherapie!

Evidenzbasierte Phytotherapie in der Frauenheilkunde

Anzeige | Bionorica SE
Packshot Agnucaston

© Bionorica SE

PMS? Phytotherapie!

Wirkmechanismus von Agnucaston® 20 mg

Anzeige | Bionorica SE
Mönchspfeffer Pflanze

© Lemacpro / AdobeStock

Phytotherapie bei PMS

Wissenschaftliche Kurzinformation zu Agnucaston® 20 mg

Anzeige | Bionorica SE
Kommentare
Abb. 1: Prozentualer Anteil der Patientinnen und Patienten pro Gruppe mit den genannten Symptomen zum Zeitpunkt der Visite 1 (Erstvorstellung) und Visite 2 (24–72h nach Erstvorstellung).

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [13]

Akute Otitis media – Behandlungsoptionen in der Praxis

Leitlinienbasierte Therapie für schnelle Symptomverbesserung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Homöopathisches Laboratorium Alexander Pflüger GmbH & Co. KG, Rheda-Wiedenbrück
Den Herausforderungen mit Hopfenextrakt begegnen

© Pixelrohkost / stock.adobe.com

Arztinformation – Hilfe für Patientinnen in den Wechseljahren

Den Herausforderungen mit Hopfenextrakt begegnen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Procter & Gamble Health Germany GmbH, Schwalbach am Taunus
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Porträt

Felix Michl: Unternehmer, Jurist und Medizinstudent

Lesetipps
Arzt injiziert einem älteren männlichen Patienten in der Klinik eine Influenza-Impfung.

© InsideCreativeHouse / stock.adobe.com

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!