Herzinfarkt
Stent und Bypass sind auch im Alter lebensrettend
Ein Herzinfarkt wird in Deutschland auch bei über 75-Jährigen oft invasiv behandelt. Vor allem bei NSTEMI-Patienten steigen dadurch die kurzfristigen Überlebenschancen, wie eine Analyse von Daten des deutschen Herzinfarkt-Registers gezeigt hat.
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Zwischen 75 und 84 Jahre alt ist etwa jeder Vierte, der in Deutschland einen Herzinfarkt erleidet.
© Michael Möller / panthermedia
AUGSBURG. In Deutschland ist etwa jeder vierte Patient mit akutem Koronarsyndrom zwischen 75 und 84 Jahre alt. Leitlinien empfehlen, auch in dieser Altersgruppe zunächst eine invasive Behandlungsstrategie in Betracht zu ziehen.
Dass dies im Alltag meistens geschieht, und zwar zum Nutzen der Patienten, zeigt eine Auswertung des MONICA/KORA-Herzinfarkt-Registers aus den Jahren 2009-2012 (Cathet Cardiovasc Intervent 2015; online 2. September).
Von den 1191 Patienten (54 Prozent Männer) im Alter von 75-84 erhielten 61,9 Prozent eine invasive Akuttherapie: 81,9 Prozent der Patienten mit ST-Hebungsinfarkt (STEMI), 55,7 Prozent mit Nicht-STEMI (NSTEMI) und 51,4 Prozent mit Schenkelblock.
In 81,5 Prozent der Fälle bestand der Eingriff in einer Ballondilatation mit oder ohne Stentimplantation, in 15,9 Prozent wurde ein Bypass gelegt und in 2,6 Prozent wurden die Verfahren kombiniert.
Bei 38,1 Prozent der Patienten beschränkte man sich auf die konservative Therapie des Infarkts. Letztere waren insgesamt älter, öfter weiblich, hatten eher schon einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hinter sich und litten häufiger an Diabetes oder Nierenfunktionsstörungen.
"Klarer Überlebensvorteil"
Innerhalb der ersten 28 Tage starben 9,2 Prozent der invasiv und 21,4 Prozent der konservativ behandelten Patienten. Erwartungsgemäß und unabhängig von der Akuttherapie hatten STEMI-Patienten die höchste Mortalitätsrate (12,7 beziehungsweise 33,9 Prozent).
Insgesamt war die invasive Therapie auch dann mit einem signifikanten Überlebensvorteil verbunden, wenn die unterschiedlichen Patientencharakteristika in den beiden Behandlungsgruppen berücksichtigt wurden (Odds Ratio, OR = 0,43).
Besonders deutlich war die Überlegenheit von PCI oder Bypass-Op in der Gruppe mit NSTEMI (OR = 0,27). In den Gruppen mit STEMI oder Schenkelblock war dagegen nur ein Trend zu einer höheren 28-Tages-Überlebensrate zu erkennen.
Der "klare Überlebensvorteil" der invasiven Revaskularisierungsmaßnahmen steht laut den Autoren um Ute Amann vom Klinikum Augsburg in Einklang mit früheren Studien bei älteren Patienten.
Dass sich dieser Vorteil am deutlichsten bei Patienten mit NSTEMI zeigte, könne damit zusammenhängen, dass in dieser Gruppe besonders viele Patienten an Diabetes litten oder schon einmal einen Infarkt durchgemacht hatten.
Solche Hochrisikopatienten erfahren randomisierten Studien zufolge die größte Risikoreduktion durch ein invasives Vorgehen. (BS)