Vielversprechend
Therapie-Ansatz bei trockener Makuladegeneration entdeckt
Bei trockener Makuladegeneration reichert sich eine bestimmte Sorte von DNA in den retinalen Pigmentepithelzellen an, haben Forscher aus Hessen entdeckt. Eine mögliche Therapie haben die Forscher ebenfalls im Blick.
Veröffentlicht:Langen. Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts haben gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam einen grundlegenden Mechanismus identifiziert, der dazu führen kann, dass bei altersbedingter trockener Makuladegeneration (AMD) Zellen in der Netzhaut absterben. Eine Metaanalyse von Behandlungsdaten hat dazu auch gleich einen möglichen Therapieansatz ausgemacht (Proc Natl Acad Sci U S A 2021; online 1. Februar).
Bei AMD sterben bekanntermaßen für die Sehfähigkeit essenzielle Zellen des retinalen Pigmentepithels ab. Das kann zur Erblindung führen. Die Studie des Forscherteams konnte nun demonstrieren, dass sich dabei die DNA von beweglichen DNA-Elementen, sogenannte transponierbare Alu-Elemente, im Zytoplasma der Pigmentepithelzellen anreichert.
Das schädigt die Zellen, die schließlich absterben - es sei plausibel, dass es so zur geographischen Atrophie kommt, der Spätform der altersbedingten Makuladegeneration, teilt das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) zur Veröffentlichung der Studie mit.
Schlüssel HIV-Medikament?
Auch zu einem möglichen Therapieansatz konnten die Wissenschaftler Hinweise sammeln: Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die RNA der Alu-Elemente durch Enzyme der Wirtszelle in DNA umgeschrieben wird. Könnten diese Enzyme also in ihrer Funktion gehemmt werden, käme es nicht zur Ansammlung der DNA.
Einen ähnlichen Wirkmechanismus haben Nukleosidische-Reverse-Transkriptase-Hemmer (NRTI), die bei Patienten mit HIV zum Einsatz kommen. Diese Arzneimittel hemmen die reverse Transkriptase und damit das Enzym, das RNA in DNA umschreibt.
Dass diese Arzneimittel ein vielversprechender Therapieansatz sein könnten, belege die Auswertung von vier Datenbanken unterschiedlicher US-amerikanischer Krankenversicherungen, in die mehr als 100 Millionen Patienten über einen Zeitraum von 20 Jahren eingeschlossen waren. Innerhalb der Gruppe der mit NRTIs behandelten Personen erkrankten 40 Prozent weniger an trockener AMD als Personen ohne NRTI-Behandlung, heißt es in der Mitteilung des PEI.
Vorbereitungen für erste klinische Prüfungen zur Anwendung von NRTIs beziehungsweise ihrer verträglicheren, als Kamuvudine bekannten Derivate, sind nach Angaben des PEI bereits initiiert worden. (mmr)