WHO rüffelt Masern-Hort Europa
Vor einem Jahr sollten sie längst ausgerottet sein, doch die Masern treiben weiter ihr Unwesen. Vor allem Europa gibt ein schlechtes Bild ab - von hier gelangen die Viren in andere Länder. Jetzt hat die WHO einen strengen Rüffel erteilt.
Veröffentlicht:GENF (eis). Die europäischen Staaten müssen jetzt etwas gegen Masern unternehmen, drängt die WHO und warnt vor einer weiteren Zuspitzung der Situation (Weekly Epidemiological Record 2011, 86: 559).
Obwohl Masern eigentlich schon im vergangenen Jahr durch Impfprogramme eliminiert werden sollten, wurden dieses Jahr bis Ende Oktober bereits mehr als 26.000 Erkrankungen in der Region registriert, 83 Prozent davon in Westeuropa.
Das Zentrum des diesjährigen Ausbruchs liegt dabei in Frankreich, gefolgt von Italien, Spanien, Rumänien und Deutschland (wir berichteten). Neun Todesfälle - darunter sechs in Frankreich und einer in Deutschland - wurden gemeldet. Über 90 Prozent der Erkrankten waren nicht geimpft oder ihr Impfstatus war unbekannt.
Obwohl der Masernimpfstoff in Europa breit verfügbar ist, gelingt es in vielen Ländern einschließlich Deutschland nicht, die zur Elimination von Masern notwendigen Impfraten von über 95 Prozent für die beiden Impfdosen zu erreichen.
Vorbehalte in Westeuropa
Die WHO nennt als Gründe vor allem mangelhaftes Bewusstsein über die Schwere der Krankheit, Skepsis über den Impfnutzen, Furcht vor Nebenwirkungen und mangelhaften Zugang armer Bevölkerungsgruppen zu dem Schutz.
Besonders in Westeuropa seien religiöse oder philosophische Vorbehalte gegen Impfungen große Barrieren, um den Schutz in der Bevölkerung zu verbessern.
Das Problem vieler westeuropäischer Länder ist zudem, dass dort viele Jugendliche und junge Erwachsene für Masern empfänglich sind.
Diese Gruppen sind in der Vergangenheit besonders schlecht durchgeimpft worden, viele der jungen Menschen haben zudem wegen der impfbedingten Abnahme der Erkrankungen keinen Immunschutz durch Wildvirus-Infektionen erworben.
So waren knapp die Hälfte der Masernpatienten dieses Jahres in Europa 15 Jahre und älter. Gefragt seien jetzt zusätzliche Impfprogramme, die vor allem auf Jugendliche und junge Erwachsene zielen, betont die WHO.