Gefährlich

Wenn der Fisch im Hals stecken bleibt

Liegt ein Fisch auf dem Teller, kommt bei manchem die Angst auf, an einer Gräte ersticken zu können. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass dies passiert - dennoch könnte es fatal sein, wenn eine Fischgräte in der Speiseröhre stecken bleibt.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Sieht lecker aus und schmeckt - birgt aber auch eine Perforationsgefahr.

Sieht lecker aus und schmeckt - birgt aber auch eine Perforationsgefahr.

© diamant24 / fotolia.com

NEW HAVEN. Die Angst, an Fischgräten zu ersticken, dürfte so manchen beim Verzehr des Karpfens oder der Forelle begleiten, wenngleich es kaum glaubhafte Berichte gibt, dass tatsächlich schon gesunde Menschen durch eine Grätenaspiration aus dem Leben gerissen wurden.

Dennoch ist die Angst vor den spitzen und mitunter scharfkantigen Fischknorpeln nicht ganz unberechtigt. Doch die Furcht sollte sich mehr auf die Speiseröhre und weniger auf die Atemwege richten, berichten HNO-Ärzte um Dr. Ryan Aronberg von der Universität in New Haven.

Gräte versteckt sich bei Endoskopie

Die Ärzte wurden zunächst mit einer 61-jährigen Patientin konfrontiert, die nach einer Fischmahlzeit über starke Schmerzen im Rachen klagte. Diese traten besonders dann auf, wenn sie versuchte, etwas zu schlucken. Sie hatte kein Fieber, aber die Leukozytenzahl war deutlich erhöht (15.000 pro Mikroliter).

Die Laryngoskopie ergab keine Hinweise auf einen Fremdkörper oder ein Trauma. Eine Röntgenaufnahme des Halses sowie ein CT-Scan offenbarten dagegen ein etwa 2,5 Zentimeter langes Objekt quer zur Speiseröhre. Es steckte offenbar auch im umgebenden Gewebe. Dort deuteten Lufteinschlüsse auf eine Ösophagus-Perforation.

Die Patientin wurde in den OP gebracht und einer Endoskopie unterzogen. Dort fanden die Ärzte zwar die eitrig perforierte Stelle in der Nähe des oberen Sphinkters, aber nicht die Spur eines Fremdobjekts, auch durch Tasten ließ sich das Fremdobjekt nicht aufspüren. Sie vernähten daher nur die Perforation und verabreichten der Frau Antibiotika.

Ihr Zustand besserte sich jedoch nicht. Sie hatte nach wie vor ein Fremdkörpergefühl und Schmerzen beim Schlucken. Zwei Tage später veranlassten die Ärzte erneut ein CT.

Sie fanden das Objekt an derselben Stelle wie zuvor, allerdings hatte sich die Orientierung geändert: Es lag jetzt parallel zur Körperlängsachse. Erneut erfolgte eine Endoskopie, bei der das Objekt nun entdeckt werden konnte.

Schließlich entfernten die Ärzte ein Stück Fischknorpel auf Höhe des M. cricopharyngeus. Das Fremdkörpergefühl der Patientin verschwand darauf, sie entwickelte aber an der Perforationsstelle einen schweren Abszess, der sich nur per Drainage kontrollieren ließ.

Sterberate liegt bei zehn Prozent

Die Ärzte um Aronberg schauten nun in der Literatur, ob andere HNO-Spezialisten ähnliche Probleme mit dem Aufspüren von Fremdobjekten in der Speiseröhre hatten (Laryngoscope 2014, online 22. August)

Sie fanden 40 Publikationen zu insgesamt 168 Patienten mit Speiseröhren-Perforation aufgrund von Nahrungsmitteln, die im Hals stecken geblieben waren. Tatsächlich waren bei den meisten Perforationen Fischgräten die Ursache (54 Prozent), an zweiter Stelle folgten Hühnchenknochen (29 Prozent).

Im Median hatten die Patienten erst nach fünf Tagen einen Arzt aufgesucht. In der Regel klagten sie über Schmerzen beim Schlucken, Dysphagien oder allgemeine Halsschmerzen. Blut spuckten nur wenige, auch ein Teerstuhl oder eine Dyspnoe waren höchst selten zu beobachten.

In der Regel konnten die Ärzte den Fremdkörper bei der ersten Operation entfernen. Bei neun Patienten erkannten sie die Perforation zunächst aber nicht. Auch fanden sie nicht mit jeder Methode sofort das Objekt.

Röntgenaufnahmen führten nur bei etwa der Hälfte der Betroffenen zum Ziel, die Ösophagoskopie spürte den Fremdkörper immerhin bei drei von vier Patienten auf, am besten gelang die Lokalisation und der Nachweis der Perforation jedoch mit der CT: Bei 18 Patienten setzten die Ärzte auf diese Methode, und bei allen konnten sie den Fremdkörper lokalisieren.

Für zwei der beschriebenen Patienten kam jedoch jede Hilfe zu spät, hier fanden Pathologen erst während der Autopsie die Ursache.

Doch auch von den übrigen Patienten überlebte nicht jeder: Bei 78 Patienten war das weitere Schicksal dokumentiert worden. Von diesen waren an den Folgen der Perforation acht gestorben. Die Sterberate lag damit bei etwa 10 Prozent, wenngleich dieser Anteil wohl nicht repräsentativ ist, da in der Literatur oft nur über komplizierte Fälle berichtet wird, geben die Ärzte um Aronberg zu bedenken.

Trotzdem sehen sie bei zu spät erkannten Perforationen eine große Gefahr: Diese könnten rasch zu einem Abszess und zur Sepsis führen. Der Fremdkörper sollte daher möglichst schnell entfernt werden, was oft endoskopisch gut gelingt.

In schwierigen Fällen wie dem beschriebenen raten die Autoren der Publikation zu CT-Aufnahmen, notfalls wiederholt, um das Objekt präzise zu lokalisieren.

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