Kommentar

Wie sinnvoll sind Antikörpertests?

Anne BäurleVon Anne Bäurle Veröffentlicht:

Alle Welt, so scheint es, redet derzeit von Antikörpertests in Verbindung mit der Hoffnung nun endlich zu wissen, wie es tatsächlich um das Corona-Infektionsgeschehen in Deutschland steht. Doch fällt ein Antikörpertest auf SARS-CoV-2 positiv aus, bedeutet das zunächst einmal nur, dass der Getestete mit dem Virus infiziert war. Viele andere wichtige Fragen bleiben ungeklärt. Ist der Getestete damit zum Beispiel auch gegen eine Reinfektion geschützt? Und – wenn dies zutrifft – für welchen Zeitraum gilt dies dann?

Zudem kann ein Antikörpertest selbst bei hoher Spezifität ein falsch-positives Ergebnis liefern – bei einer derzeit angenommenen Prävalenz von gerade einmal 0,2 Prozent in Deutschland sind das einfach zu viele falsch-positive. Wenn dann die Basis für einen „Immunitätspass“ die Dokumentation solch eines positiven Antikörpertests sein soll, ist dessen Sinn mehr als fraglich.

Im schlimmsten Fall könnten sich Menschen mit positivem Testergebnis in falscher Sicherheit wiegen, auf Mundschutz verzichten, es mit den Abstandsregeln nicht so genau nehmen und damit neue Infektionsketten provozieren. Und abgesehen davon: Menschen ohne „Immunitätspass“ könnten sich benachteiligt fühlen und sogar mit „Coronaparties“ eine Infektion provozieren.

Gesundheitsminister Jens Spahn wundert sich dennoch über die „Immunitätsausweis“-Debatte, wie er es auch bei einer Veranstaltung aus Anlass der Markteinführung eines neuen Antikörpertests sagte. Schließlich könne man auch bei anderen Viruserkrankungen den Antikörpertiter bestimmen und das Ergebnis in den Impfpass eintragen lassen. Was man mit diesem Eintrag dann mache, bleibe jedem Bürger selbst überlassen.

Was Spahn dabei allerdings außer Acht lässt: Bei anderen Viruserkrankungen kann sich jeder aktiv für eine Impfung entscheiden, um den entsprechenden Antikörpertiter zu erhöhen. Bei SARS-CoV-2 gibt es diese Möglichkeit (noch) nicht.

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Kommentare
Dr. Horst Grünwoldt 06.05.202015:41 Uhr

Ein Antikörpertest ist so spezifisch wie sein Antigen als "counterpart" isoliert und gereinigt ist; z.B. irgend ein "neues" Virus. Wie wir seit langem wissen, hängt es vom Zeitpunkt der Probennahme ab, welche AK wir finden können; z.B. IgM oder IgA. Und die wiederum unterscheiden sich ja bei einer Lokal-Infektion oder einem septischen Krankheitsverlauf.
Die " Virämie" ist auch durch "Virologen" (lat. Giftgelehrte) nur schwer nachweisbar, weil sie i.d. Regel nur "flüchtig" auftritt. So hat der virologische Popstar Prof. Drosten uns rasch den Abstrich am lymphatischen Rachenring empfohlen. Das ist eigentlich banal, weil sich dort natürlich jede Menge von "Kontaminanten" befinden! U.a. auch hämolysierende Streptokokken; wohingegen die Nasenschleimhäute - nicht erst seit den holländischen Studien - häufig mit koagulosepositiven Staphylokokken besiedelt sind. Das berührt aber wesentlich die Hygiene der Beatmungstechnik; insbesondere die des nasalen resp. trachealen Katheterschiebens...
Im Gegensatz zu unseren "Infektiologen(-innen)" sprechen die Franzosen eher von "Kontaminationen" anstelle von noch nicht nachgewiesenen "Infektionen" - solange lediglich ein lokaler "Abstrich" irgend einen vermeintlichen "Infektionserreger" nachweist und isoliert; insbesondere wenn gar kein "passendes" Krankheitsbild vorliegt!
Dann ist aber die Stunde der Immunologen gekommen. Und die versuchen einen Antikörper-Test zu erstellen. Dabei gibt der bekanntlich erst ein diagnostisch verwertbares Ergebnis, wenn er mindestens zweimal sauber durchgeführt wird; und zwar durch AK- Titration. D.h. zur Beurteilung der akuten oder lange zurückliegenden "Infektion" die AK-Titerbewegung (Abfall = alte, überstandene Infektion o. bloße Kontamination) und serol. AK-Anstieg = akutes Immunisierungs - oder Infektionsgeschehen; je nachdem was das klinische Patientenbild anzeigt. Diese Differenzialdiagnose haben aber unsere "Seuchen-Experten" als Regierungsberater für differenzierte "Fall-Zählungen" und angepasste "Maßnahmen" zu machen!
Dr. med. vet. H.G.

Dr. Thomas Georg Schätzler 06.05.202008:51 Uhr

Keine epidemiologisch brauchbaren, infektiologisch gesicherten Aussagen

Mittels qualitativer, nicht quantitativer, Tests, werden für SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Erkrankungen typische IgM und IgG im Patientenblut nachgewiesen, wenn sie entsprechend validiert und auf Sensitivität und Spezifität untersucht wurden. Daran hapert es bei hastig auf den Markt geworfenen Testverfahren. Für die Interpretation sind medizinische, infektiologische und labortechnische Fachkenntnisse erforderlich.
Was bedeuten negative oder positive Testergebnisse?
Bei negativem Ergebnis hat der Patient entweder keine Antikörper bzw. keinen Kontakt mit SARS-CoV-2 gehabt. Oder er könnte in der Frühphase der Erkrankung hochinfektiös sein, weil er noch keine Antikörper gebildet hat.
Bei positivem Testergebnis ist der Patient in der Spätphase der akuten Erkrankung entweder infektiös, oder er hat die COVID-19-Erkrankung schon durchgemacht, ist vermutlich immun bzw. hat kreuzreagierende Antikörper gegen andere Coronaviren.
Diese Tests haben eigentlich keine epidemiologisch brauchbare, infektiologisch gesicherte Aussage.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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